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Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

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III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung.

Keine solche innere Organisation ist im schweizerischen Recht
getroffen worden für die kleineren Verbände der Handelsgesell-
schaften mit persönlicher Mitgliedschaft. Und darin liegt ihr
wesentlicher Unterschied zu den eigentlichen Juristischen Personen,
zu den eigentlichen Körperschaften1.

Aber für größere Verbände wäre diese zwiespältige Ordnung,
welche die Gesamtheit nach außen organisiert, im inneren aber
unorganisiert läßt, unzweckmäßig, gleich wie es für eine zu große
Teilnehmerzahl unzweckmäßig wäre, einen gemeinsamen Zweck
in der Form der einfachen Gesellschaft zu verfolgen, weil es dann
von der Vertragstreue und der Einsicht der Mitglieder abhinge,
ob sie alle ihre vertragsmäßigen Pflichten gegeneinander erfüllen.

1 Also nicht in der Form ihres rechtsgeschäftlichen Handelns nach
außen. Die Kollektivgesellschaft z. B. ist im Verhältnis zu Dritten durchaus
eine Juristische Person; ein eingetragener Verein kann sich statutarisch
genau dieselbe Vertretung geben wie eine Kollektivgesellschaft, und die
rechtsgeschäftlichen Handlungen dieser Vertretung haben für die Gesamt-
heit der Mitglieder genau dieselbe rechtliche Wirkung. Wenn die Kollektiv-
gesellschaft, wie das Gesetz (Schweizer. OR Art. 559) sagt, "Rechte erwerben
und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dringliche Rechte
auch an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden
kann", so ist sie in dieser Beziehung genau das, was wir Juristische Person
nannten: eine Zweckgemeinschaft mit genereller Rechtsfähigkeit und organs-
mäßiger Vertretung. -- Eine Expertenkommission, die 1925 über die Re-
vision des Schweizer. OR zu beraten hatte, erörterte auch die Frage, ob
das Gesetz die Kollektivgesellschaft nicht als Juristische Person bezeichnen
sollte (Protokoll [Bern 1925] 14--18). Allein, wie es scheint, ohne sich über
die praktische Bedeutung der Änderung Rechenschaft zu geben; darüber,
ob die Ordnung der Vertretung nach außen und das innere Verhältnis ge-
ändert werden sollen, müssen sachliche Gründe entscheiden; der Gesetzgeber
muß in beiden Beziehungen zwischen den sich ausschließenden Formen der
organmäßigen oder der individuellen, zwischen der zweckbezogenen und der
gesamthändischen Vertretung wählen. Der Name aber tut nichts zur Sache,
sondern die Ordnung, wie sie in den einzelnen Vorschriften getroffen wird.
Das Gesetz kann die Kollektivgesellschaft nur so definieren, wie es sie
selbst geordnet hat. Namentlich kann das Privatgesetz nicht, wie man es
angenommen zu haben scheint, andere als privatrechtliche Fragen prä-
judizieren, z. B. die Frage, ob die Kollektivgesellschaft im Steuerrecht als
Einheit oder als Vielheit zu behandeln sei, am allerwenigsten durch eine
bloße Namensänderung. Wieland a. a. O. 424; aber der begriffliche Unter-
schied zwischen Körperschaft und Gesellschaft ist wohl durchführbar;
vgl. S. 312.
III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung.

Keine solche innere Organisation ist im schweizerischen Recht
getroffen worden für die kleineren Verbände der Handelsgesell-
schaften mit persönlicher Mitgliedschaft. Und darin liegt ihr
wesentlicher Unterschied zu den eigentlichen Juristischen Personen,
zu den eigentlichen Körperschaften1.

Aber für größere Verbände wäre diese zwiespältige Ordnung,
welche die Gesamtheit nach außen organisiert, im inneren aber
unorganisiert läßt, unzweckmäßig, gleich wie es für eine zu große
Teilnehmerzahl unzweckmäßig wäre, einen gemeinsamen Zweck
in der Form der einfachen Gesellschaft zu verfolgen, weil es dann
von der Vertragstreue und der Einsicht der Mitglieder abhinge,
ob sie alle ihre vertragsmäßigen Pflichten gegeneinander erfüllen.

1 Also nicht in der Form ihres rechtsgeschäftlichen Handelns nach
außen. Die Kollektivgesellschaft z. B. ist im Verhältnis zu Dritten durchaus
eine Juristische Person; ein eingetragener Verein kann sich statutarisch
genau dieselbe Vertretung geben wie eine Kollektivgesellschaft, und die
rechtsgeschäftlichen Handlungen dieser Vertretung haben für die Gesamt-
heit der Mitglieder genau dieselbe rechtliche Wirkung. Wenn die Kollektiv-
gesellschaft, wie das Gesetz (Schweizer. OR Art. 559) sagt, „Rechte erwerben
und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dringliche Rechte
auch an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden
kann“, so ist sie in dieser Beziehung genau das, was wir Juristische Person
nannten: eine Zweckgemeinschaft mit genereller Rechtsfähigkeit und organs-
mäßiger Vertretung. — Eine Expertenkommission, die 1925 über die Re-
vision des Schweizer. OR zu beraten hatte, erörterte auch die Frage, ob
das Gesetz die Kollektivgesellschaft nicht als Juristische Person bezeichnen
sollte (Protokoll [Bern 1925] 14—18). Allein, wie es scheint, ohne sich über
die praktische Bedeutung der Änderung Rechenschaft zu geben; darüber,
ob die Ordnung der Vertretung nach außen und das innere Verhältnis ge-
ändert werden sollen, müssen sachliche Gründe entscheiden; der Gesetzgeber
muß in beiden Beziehungen zwischen den sich ausschließenden Formen der
organmäßigen oder der individuellen, zwischen der zweckbezogenen und der
gesamthändischen Vertretung wählen. Der Name aber tut nichts zur Sache,
sondern die Ordnung, wie sie in den einzelnen Vorschriften getroffen wird.
Das Gesetz kann die Kollektivgesellschaft nur so definieren, wie es sie
selbst geordnet hat. Namentlich kann das Privatgesetz nicht, wie man es
angenommen zu haben scheint, andere als privatrechtliche Fragen prä-
judizieren, z. B. die Frage, ob die Kollektivgesellschaft im Steuerrecht als
Einheit oder als Vielheit zu behandeln sei, am allerwenigsten durch eine
bloße Namensänderung. Wieland a. a. O. 424; aber der begriffliche Unter-
schied zwischen Körperschaft und Gesellschaft ist wohl durchführbar;
vgl. S. 312.
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[324/0339] III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung. Keine solche innere Organisation ist im schweizerischen Recht getroffen worden für die kleineren Verbände der Handelsgesell- schaften mit persönlicher Mitgliedschaft. Und darin liegt ihr wesentlicher Unterschied zu den eigentlichen Juristischen Personen, zu den eigentlichen Körperschaften 1. Aber für größere Verbände wäre diese zwiespältige Ordnung, welche die Gesamtheit nach außen organisiert, im inneren aber unorganisiert läßt, unzweckmäßig, gleich wie es für eine zu große Teilnehmerzahl unzweckmäßig wäre, einen gemeinsamen Zweck in der Form der einfachen Gesellschaft zu verfolgen, weil es dann von der Vertragstreue und der Einsicht der Mitglieder abhinge, ob sie alle ihre vertragsmäßigen Pflichten gegeneinander erfüllen. 1 Also nicht in der Form ihres rechtsgeschäftlichen Handelns nach außen. Die Kollektivgesellschaft z. B. ist im Verhältnis zu Dritten durchaus eine Juristische Person; ein eingetragener Verein kann sich statutarisch genau dieselbe Vertretung geben wie eine Kollektivgesellschaft, und die rechtsgeschäftlichen Handlungen dieser Vertretung haben für die Gesamt- heit der Mitglieder genau dieselbe rechtliche Wirkung. Wenn die Kollektiv- gesellschaft, wie das Gesetz (Schweizer. OR Art. 559) sagt, „Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigentum und andere dringliche Rechte auch an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden kann“, so ist sie in dieser Beziehung genau das, was wir Juristische Person nannten: eine Zweckgemeinschaft mit genereller Rechtsfähigkeit und organs- mäßiger Vertretung. — Eine Expertenkommission, die 1925 über die Re- vision des Schweizer. OR zu beraten hatte, erörterte auch die Frage, ob das Gesetz die Kollektivgesellschaft nicht als Juristische Person bezeichnen sollte (Protokoll [Bern 1925] 14—18). Allein, wie es scheint, ohne sich über die praktische Bedeutung der Änderung Rechenschaft zu geben; darüber, ob die Ordnung der Vertretung nach außen und das innere Verhältnis ge- ändert werden sollen, müssen sachliche Gründe entscheiden; der Gesetzgeber muß in beiden Beziehungen zwischen den sich ausschließenden Formen der organmäßigen oder der individuellen, zwischen der zweckbezogenen und der gesamthändischen Vertretung wählen. Der Name aber tut nichts zur Sache, sondern die Ordnung, wie sie in den einzelnen Vorschriften getroffen wird. Das Gesetz kann die Kollektivgesellschaft nur so definieren, wie es sie selbst geordnet hat. Namentlich kann das Privatgesetz nicht, wie man es angenommen zu haben scheint, andere als privatrechtliche Fragen prä- judizieren, z. B. die Frage, ob die Kollektivgesellschaft im Steuerrecht als Einheit oder als Vielheit zu behandeln sei, am allerwenigsten durch eine bloße Namensänderung. Wieland a. a. O. 424; aber der begriffliche Unter- schied zwischen Körperschaft und Gesellschaft ist wohl durchführbar; vgl. S. 312.

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Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/339>, abgerufen am 22.11.2024.