Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

Bild:
<< vorherige Seite

Die privaten Verbände.
müssen, um nicht dem Zufall anheimgegeben zu sein, in den Dienst
eines Zweckes gestellt sein. Nur dadurch, daß in Verfolgung eines
festen Zweckes gehandelt wird, kann planmäßig gehandelt werden.
Es nützt nichts, eine einheitliche Vertretung zu haben, welche
rechtlich ermächtigt ist, selbständig zu verfügen, wenn man nicht
weiß, wie sie verfügen soll und zu welchem Zweck man sich ver-
einigt hat. Das Gesetz kann wohl für gewisse Fälle die Einheitlich-
keit der Verfügung in der Form des Gesamteigentums oder der
Gesamtberechtigung vorschreiben, die Gemeinschaft bleibt auf die
Dauer nur lebensfähig, wenn sie durch einen gemeinsamen Zweck
belebt und geleitet wird. Die einheitliche Vertretung hat nur einen
Sinn, wenn sie einem einheitlichen Zwecke dient, nach dem sich
die einzelnen Verfügungshandlungen richten. Wenn die Eigen-
tümer im vorigen Beispiel möglichst rasch zu flüssigem Geld kom-
men wollen, wird die Entschließung ihrer Vertretung eine andere
sein müssen, als wenn es ihnen um einen regelmäßigen periodischen
Ertrag zu tun ist, und hier wiederum verschieden, je nachdem sie
den Ertrag in natura, mit eigener Arbeit erwerben wollen, oder
ohne eigene Arbeit, in Geld. Die gesamte Hand wie jede andere
Organisation einheitlichen Handelns liefert dafür nur die Form,
nicht den Inhalt. Das einheitliche Verfügungsrecht (über die An-
teile vieler) hat nur als Mittel zur Verfolgung eines einheitlichen
Zweckes Aussicht auf bleibende Verwendung. Deshalb gestattet
das Gesetz jederzeit die Teilung, wo diese Gemeinschaft nicht
zustande kommt oder nachträglich wieder wegfällt (vgl. ZGB
Art. 604, vgl. 653) und wenn das Gesamthandsverhältnis nicht
durch Gesetz, sondern durch Rechtsgeschäft (durch Vertrag) her-
gestellt wird, wird dieses Rechtsgeschäft folgerichtigerweise auch
den Zweck der Gemeinschaft (und der einheitlichen Verfügung)
vorsehen müssen; denn die Teilnehmer werden nicht eine gemein-
schaftliche Vertretungsordnung einsetzen, ohne zu bestimmen, zu
welchem Zweck.

Aber so sicher die Mitglieder einer jeden Gemeinschaft zu
planmäßigem Handeln eines gemeinsamen Zweckes bedürfen, so
kann diese Zweckbestimmung doch eine verschiedene Bedeutung
haben: entweder bloß die Bedeutung einer Verständigung unter
den Mitgliedern
zu einheitlicher Ausübung ihrer Rechte oder
eine der Vertretungsmacht gegebene Richtung und damit Ein-

Die privaten Verbände.
müssen, um nicht dem Zufall anheimgegeben zu sein, in den Dienst
eines Zweckes gestellt sein. Nur dadurch, daß in Verfolgung eines
festen Zweckes gehandelt wird, kann planmäßig gehandelt werden.
Es nützt nichts, eine einheitliche Vertretung zu haben, welche
rechtlich ermächtigt ist, selbständig zu verfügen, wenn man nicht
weiß, wie sie verfügen soll und zu welchem Zweck man sich ver-
einigt hat. Das Gesetz kann wohl für gewisse Fälle die Einheitlich-
keit der Verfügung in der Form des Gesamteigentums oder der
Gesamtberechtigung vorschreiben, die Gemeinschaft bleibt auf die
Dauer nur lebensfähig, wenn sie durch einen gemeinsamen Zweck
belebt und geleitet wird. Die einheitliche Vertretung hat nur einen
Sinn, wenn sie einem einheitlichen Zwecke dient, nach dem sich
die einzelnen Verfügungshandlungen richten. Wenn die Eigen-
tümer im vorigen Beispiel möglichst rasch zu flüssigem Geld kom-
men wollen, wird die Entschließung ihrer Vertretung eine andere
sein müssen, als wenn es ihnen um einen regelmäßigen periodischen
Ertrag zu tun ist, und hier wiederum verschieden, je nachdem sie
den Ertrag in natura, mit eigener Arbeit erwerben wollen, oder
ohne eigene Arbeit, in Geld. Die gesamte Hand wie jede andere
Organisation einheitlichen Handelns liefert dafür nur die Form,
nicht den Inhalt. Das einheitliche Verfügungsrecht (über die An-
teile vieler) hat nur als Mittel zur Verfolgung eines einheitlichen
Zweckes Aussicht auf bleibende Verwendung. Deshalb gestattet
das Gesetz jederzeit die Teilung, wo diese Gemeinschaft nicht
zustande kommt oder nachträglich wieder wegfällt (vgl. ZGB
Art. 604, vgl. 653) und wenn das Gesamthandsverhältnis nicht
durch Gesetz, sondern durch Rechtsgeschäft (durch Vertrag) her-
gestellt wird, wird dieses Rechtsgeschäft folgerichtigerweise auch
den Zweck der Gemeinschaft (und der einheitlichen Verfügung)
vorsehen müssen; denn die Teilnehmer werden nicht eine gemein-
schaftliche Vertretungsordnung einsetzen, ohne zu bestimmen, zu
welchem Zweck.

Aber so sicher die Mitglieder einer jeden Gemeinschaft zu
planmäßigem Handeln eines gemeinsamen Zweckes bedürfen, so
kann diese Zweckbestimmung doch eine verschiedene Bedeutung
haben: entweder bloß die Bedeutung einer Verständigung unter
den Mitgliedern
zu einheitlicher Ausübung ihrer Rechte oder
eine der Vertretungsmacht gegebene Richtung und damit Ein-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0334" n="319"/><fw place="top" type="header">Die privaten Verbände.</fw><lb/>
müssen, um nicht dem Zufall anheimgegeben zu sein, in den Dienst<lb/>
eines Zweckes gestellt sein. Nur dadurch, daß in Verfolgung eines<lb/>
festen Zweckes gehandelt wird, kann planmäßig gehandelt werden.<lb/>
Es nützt nichts, eine einheitliche Vertretung zu haben, welche<lb/>
rechtlich ermächtigt ist, selbständig zu verfügen, wenn man nicht<lb/>
weiß, wie sie verfügen soll und zu welchem Zweck man sich ver-<lb/>
einigt hat. Das Gesetz kann wohl für gewisse Fälle die Einheitlich-<lb/>
keit der Verfügung in der Form des Gesamteigentums oder der<lb/>
Gesamtberechtigung vorschreiben, die Gemeinschaft bleibt auf die<lb/>
Dauer nur lebensfähig, wenn sie durch einen gemeinsamen Zweck<lb/>
belebt und geleitet wird. Die einheitliche Vertretung hat nur einen<lb/>
Sinn, wenn sie einem einheitlichen Zwecke dient, nach dem sich<lb/>
die einzelnen Verfügungshandlungen richten. Wenn die Eigen-<lb/>
tümer im vorigen Beispiel möglichst rasch zu flüssigem Geld kom-<lb/>
men wollen, wird die Entschließung ihrer Vertretung eine andere<lb/>
sein müssen, als wenn es ihnen um einen regelmäßigen periodischen<lb/>
Ertrag zu tun ist, und hier wiederum verschieden, je nachdem sie<lb/>
den Ertrag in natura, mit eigener Arbeit erwerben wollen, oder<lb/>
ohne eigene Arbeit, in Geld. Die gesamte Hand wie jede andere<lb/>
Organisation einheitlichen Handelns liefert dafür nur die Form,<lb/>
nicht den Inhalt. Das einheitliche Verfügungsrecht (über die An-<lb/>
teile vieler) hat nur als Mittel zur Verfolgung eines einheitlichen<lb/>
Zweckes Aussicht auf bleibende Verwendung. Deshalb gestattet<lb/>
das Gesetz jederzeit die Teilung, wo diese Gemeinschaft nicht<lb/>
zustande kommt oder nachträglich wieder wegfällt (vgl. ZGB<lb/>
Art. 604, vgl. 653) und wenn das Gesamthandsverhältnis nicht<lb/>
durch Gesetz, sondern durch Rechtsgeschäft (durch Vertrag) her-<lb/>
gestellt wird, wird dieses Rechtsgeschäft folgerichtigerweise auch<lb/>
den Zweck der Gemeinschaft (und der einheitlichen Verfügung)<lb/>
vorsehen müssen; denn die Teilnehmer werden nicht eine gemein-<lb/>
schaftliche Vertretungsordnung einsetzen, ohne zu bestimmen, zu<lb/>
welchem Zweck.</p><lb/>
            <p>Aber so sicher die Mitglieder einer jeden Gemeinschaft zu<lb/>
planmäßigem Handeln eines gemeinsamen Zweckes bedürfen, so<lb/>
kann diese Zweckbestimmung doch eine verschiedene Bedeutung<lb/>
haben: entweder bloß die Bedeutung einer Verständigung <hi rendition="#g">unter<lb/>
den Mitgliedern</hi> zu einheitlicher Ausübung ihrer Rechte oder<lb/>
eine der <hi rendition="#g">Vertretungsmacht</hi> gegebene Richtung und damit Ein-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[319/0334] Die privaten Verbände. müssen, um nicht dem Zufall anheimgegeben zu sein, in den Dienst eines Zweckes gestellt sein. Nur dadurch, daß in Verfolgung eines festen Zweckes gehandelt wird, kann planmäßig gehandelt werden. Es nützt nichts, eine einheitliche Vertretung zu haben, welche rechtlich ermächtigt ist, selbständig zu verfügen, wenn man nicht weiß, wie sie verfügen soll und zu welchem Zweck man sich ver- einigt hat. Das Gesetz kann wohl für gewisse Fälle die Einheitlich- keit der Verfügung in der Form des Gesamteigentums oder der Gesamtberechtigung vorschreiben, die Gemeinschaft bleibt auf die Dauer nur lebensfähig, wenn sie durch einen gemeinsamen Zweck belebt und geleitet wird. Die einheitliche Vertretung hat nur einen Sinn, wenn sie einem einheitlichen Zwecke dient, nach dem sich die einzelnen Verfügungshandlungen richten. Wenn die Eigen- tümer im vorigen Beispiel möglichst rasch zu flüssigem Geld kom- men wollen, wird die Entschließung ihrer Vertretung eine andere sein müssen, als wenn es ihnen um einen regelmäßigen periodischen Ertrag zu tun ist, und hier wiederum verschieden, je nachdem sie den Ertrag in natura, mit eigener Arbeit erwerben wollen, oder ohne eigene Arbeit, in Geld. Die gesamte Hand wie jede andere Organisation einheitlichen Handelns liefert dafür nur die Form, nicht den Inhalt. Das einheitliche Verfügungsrecht (über die An- teile vieler) hat nur als Mittel zur Verfolgung eines einheitlichen Zweckes Aussicht auf bleibende Verwendung. Deshalb gestattet das Gesetz jederzeit die Teilung, wo diese Gemeinschaft nicht zustande kommt oder nachträglich wieder wegfällt (vgl. ZGB Art. 604, vgl. 653) und wenn das Gesamthandsverhältnis nicht durch Gesetz, sondern durch Rechtsgeschäft (durch Vertrag) her- gestellt wird, wird dieses Rechtsgeschäft folgerichtigerweise auch den Zweck der Gemeinschaft (und der einheitlichen Verfügung) vorsehen müssen; denn die Teilnehmer werden nicht eine gemein- schaftliche Vertretungsordnung einsetzen, ohne zu bestimmen, zu welchem Zweck. Aber so sicher die Mitglieder einer jeden Gemeinschaft zu planmäßigem Handeln eines gemeinsamen Zweckes bedürfen, so kann diese Zweckbestimmung doch eine verschiedene Bedeutung haben: entweder bloß die Bedeutung einer Verständigung unter den Mitgliedern zu einheitlicher Ausübung ihrer Rechte oder eine der Vertretungsmacht gegebene Richtung und damit Ein-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/334
Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/334>, abgerufen am 22.11.2024.