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Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.

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Die privaten Verbände.
auch deshalb, weil die grundsätzliche Verbindlichkeit des objek-
tiven Rechts, des Gesetzes, das die Volksvertretung schaffen soll,
sich nicht aus der zufälligen Entschließung, wie sie die privatrecht-
liche Ermächtigung darstellt, erklärt werden kann. Die Verbind-
lichkeit der Beschlüsse der Volksvertretung (bzw. die diese Ein-
richtung vorsehende Verfassungsvorschrift) kann man nur einsehen,
wenn man einsieht, daß eine so gebildete Behörde geeignet ist,
richtiges, objektives Recht zu finden. Daß sie durch andere, Pri-
vate "ermächtigt" worden wäre, Gesetze zu machen, ist keine
Erklärung. Im öffentlichen Recht, in der Organisation, die der
Betätigung des objektiven Rechts dienen soll, gilt es nicht Ver-
tretungsbefugnisse, sondern Zuständigkeiten zu begründen; denn
es gilt nicht, Rechtsgeschäfte abzuschließen, sondern objektives
Recht (generelles oder spezielles) zu begründen. Der öffentlich-
rechtliche Verband ist auch organisiert; aber seine Organisation
ist keine Unterart der gewillkürten Vertretung; sie bildet nicht
das Gegenstück der individuellen und kumulativen Vertretung,
wie sie die Vollmacht begründet, sondern den Gegensatz zur Ver-
tretung selbst; sie ist nicht die zufällige Begründung der Befugnis,
durch rechtsgeschäftliches Handeln subjektive Rechte und Pflich-
ten zu begründen, sondern die vernunftnotwendige Begründung
der Zuständigkeit zur Betätigung des objektiven Rechts.

Die organmäßige Vertretung des Privatrechts findet also An-
wendung auf das rechtsgeschäftliche Handeln. Aber auf welche
rechtsgeschäftliche Handlungen?

Man kann sich, wie schon bemerkt, ohne begrifflichen Wider-
spruch, diese Organisation angewendet denken auf ein einzelnes
Rechtsgeschäft oder eine einzelne Betätigung subjektiver Rechte
oder Pflichten. Eine Mehrzahl von Eigentümern aneinanderstoßen-
der Parzellen oder von Miteigentümern könnten sich z. B. im gemein-
samen Einverständnis eine Vertretung bestellen, welche ausschließ-
lich (S. 312) und für alle verbindlich diesen ganzen Besitz zu
verkaufen hätte. Diese Art Vertretung (falls das Gesetz sie
zuließe) wäre eine organmäßige, eine Organisation. Aber auf
eine einzelne Handlung beschränkt, hätte sie keinen Nutzen;
denn wenn sich die Miteigentümer oder Sondereigentümer auf
die gemeinschaftliche Bestellung einer Vertretung einigen kön-
nen, können sie sich auch über den Verkauf selbst einigen (oder

Die privaten Verbände.
auch deshalb, weil die grundsätzliche Verbindlichkeit des objek-
tiven Rechts, des Gesetzes, das die Volksvertretung schaffen soll,
sich nicht aus der zufälligen Entschließung, wie sie die privatrecht-
liche Ermächtigung darstellt, erklärt werden kann. Die Verbind-
lichkeit der Beschlüsse der Volksvertretung (bzw. die diese Ein-
richtung vorsehende Verfassungsvorschrift) kann man nur einsehen,
wenn man einsieht, daß eine so gebildete Behörde geeignet ist,
richtiges, objektives Recht zu finden. Daß sie durch andere, Pri-
vate „ermächtigt“ worden wäre, Gesetze zu machen, ist keine
Erklärung. Im öffentlichen Recht, in der Organisation, die der
Betätigung des objektiven Rechts dienen soll, gilt es nicht Ver-
tretungsbefugnisse, sondern Zuständigkeiten zu begründen; denn
es gilt nicht, Rechtsgeschäfte abzuschließen, sondern objektives
Recht (generelles oder spezielles) zu begründen. Der öffentlich-
rechtliche Verband ist auch organisiert; aber seine Organisation
ist keine Unterart der gewillkürten Vertretung; sie bildet nicht
das Gegenstück der individuellen und kumulativen Vertretung,
wie sie die Vollmacht begründet, sondern den Gegensatz zur Ver-
tretung selbst; sie ist nicht die zufällige Begründung der Befugnis,
durch rechtsgeschäftliches Handeln subjektive Rechte und Pflich-
ten zu begründen, sondern die vernunftnotwendige Begründung
der Zuständigkeit zur Betätigung des objektiven Rechts.

Die organmäßige Vertretung des Privatrechts findet also An-
wendung auf das rechtsgeschäftliche Handeln. Aber auf welche
rechtsgeschäftliche Handlungen?

Man kann sich, wie schon bemerkt, ohne begrifflichen Wider-
spruch, diese Organisation angewendet denken auf ein einzelnes
Rechtsgeschäft oder eine einzelne Betätigung subjektiver Rechte
oder Pflichten. Eine Mehrzahl von Eigentümern aneinanderstoßen-
der Parzellen oder von Miteigentümern könnten sich z. B. im gemein-
samen Einverständnis eine Vertretung bestellen, welche ausschließ-
lich (S. 312) und für alle verbindlich diesen ganzen Besitz zu
verkaufen hätte. Diese Art Vertretung (falls das Gesetz sie
zuließe) wäre eine organmäßige, eine Organisation. Aber auf
eine einzelne Handlung beschränkt, hätte sie keinen Nutzen;
denn wenn sich die Miteigentümer oder Sondereigentümer auf
die gemeinschaftliche Bestellung einer Vertretung einigen kön-
nen, können sie sich auch über den Verkauf selbst einigen (oder

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[317/0332] Die privaten Verbände. auch deshalb, weil die grundsätzliche Verbindlichkeit des objek- tiven Rechts, des Gesetzes, das die Volksvertretung schaffen soll, sich nicht aus der zufälligen Entschließung, wie sie die privatrecht- liche Ermächtigung darstellt, erklärt werden kann. Die Verbind- lichkeit der Beschlüsse der Volksvertretung (bzw. die diese Ein- richtung vorsehende Verfassungsvorschrift) kann man nur einsehen, wenn man einsieht, daß eine so gebildete Behörde geeignet ist, richtiges, objektives Recht zu finden. Daß sie durch andere, Pri- vate „ermächtigt“ worden wäre, Gesetze zu machen, ist keine Erklärung. Im öffentlichen Recht, in der Organisation, die der Betätigung des objektiven Rechts dienen soll, gilt es nicht Ver- tretungsbefugnisse, sondern Zuständigkeiten zu begründen; denn es gilt nicht, Rechtsgeschäfte abzuschließen, sondern objektives Recht (generelles oder spezielles) zu begründen. Der öffentlich- rechtliche Verband ist auch organisiert; aber seine Organisation ist keine Unterart der gewillkürten Vertretung; sie bildet nicht das Gegenstück der individuellen und kumulativen Vertretung, wie sie die Vollmacht begründet, sondern den Gegensatz zur Ver- tretung selbst; sie ist nicht die zufällige Begründung der Befugnis, durch rechtsgeschäftliches Handeln subjektive Rechte und Pflich- ten zu begründen, sondern die vernunftnotwendige Begründung der Zuständigkeit zur Betätigung des objektiven Rechts. Die organmäßige Vertretung des Privatrechts findet also An- wendung auf das rechtsgeschäftliche Handeln. Aber auf welche rechtsgeschäftliche Handlungen? Man kann sich, wie schon bemerkt, ohne begrifflichen Wider- spruch, diese Organisation angewendet denken auf ein einzelnes Rechtsgeschäft oder eine einzelne Betätigung subjektiver Rechte oder Pflichten. Eine Mehrzahl von Eigentümern aneinanderstoßen- der Parzellen oder von Miteigentümern könnten sich z. B. im gemein- samen Einverständnis eine Vertretung bestellen, welche ausschließ- lich (S. 312) und für alle verbindlich diesen ganzen Besitz zu verkaufen hätte. Diese Art Vertretung (falls das Gesetz sie zuließe) wäre eine organmäßige, eine Organisation. Aber auf eine einzelne Handlung beschränkt, hätte sie keinen Nutzen; denn wenn sich die Miteigentümer oder Sondereigentümer auf die gemeinschaftliche Bestellung einer Vertretung einigen kön- nen, können sie sich auch über den Verkauf selbst einigen (oder

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Zitationshilfe: Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_rechtsgemeinschaft_1927/332>, abgerufen am 22.11.2024.