pelle Sancta Sanctorum (oder Scala sancta) einer ganz neuen, wenn auch genau dem alten Zustand nachgeahmten Zusammensetzung unterlegen. (Die beiden Belehnungen zu den Seiten der Halbkuppel: Christus giebt dem heil. Sylvester die Schlüssel, dem grossen Con- stantin eine Fahne; S. Petrus giebt Leo III eine Stola, Carl dem Gr. eine Fahne; die Porträts der letztern haben noch einen Schimmer von Authenticität, sind aber übel gerathen.) -- In den nächsten Pontificaten wird von Mosaik zu Mosaik die Arbeit roher und lebloser bis zu un- glaublicher Missgestalt. -- Man findet sie in und über den Tribunen avon SS. Nereo ed Achilleo, -- S. Maria della navicella (817--824), b-- S. Cecilia, -- und S. Prassede; die drei letztern Bauten aus der Zeit Paschalis I (817--824); S. Prassede hat auch noch den mosai- cirten Triumphbogen mit der merkwürdigen Darstellung des himmli- schen Jerusalems und die kleine Capelle (rechts) "orto del paradiso", deren Inneres völlig mosaicirt ist. -- Schon reine Caricaturen: in der cHalbkuppel der Tribuna von S. Marco (827--844). -- (Das Mosaik din S. Francesca romana, angeblich 858--867, würde eher ins XI. oder XII. Jahrh. passen.)
In Venedig, wo ein stärkerer Verkehr mit Byzanz und ein grösserer Reichthum herrschte als im damaligen Rom, offenbart auch die Mosaikarbeit nicht bloss die Auffassung, sondern auch die zier- eliche und saubere Ausführung der Byzantiner. Die Marcuskirche mit ihren mindestens 40,000 Quadratfuss Mosaiken ist bei Weitem das reichste occidentalische Denkmal dieser Gattung.
Sachlich merkwürdig: die stehend gewordenen, rituellen Darstel- lungen der heiligen Geschichte im byzantinischen Sinn (hauptsächlich an den Tonnengewölben und mehrern Wandflächen des Innern); -- die Sammlung von zahlreichen einzelnen byzantinischen Heiligen (hauptsächlich an den Pfeilern und in den Bogenleibungen); -- die legendarische Erzählungsweise (in der Cap. Zeno, mit der Geschichte des Marcus, und in einer der fünf halbrunden Wandnischen der Fas- sade, mit der Geschichte der Leiche desselben; hier u. a. die S. 115 erwähnte Abbildung der Kirche; eine andere Geschichte des heil. Leichnams im rechten Querschiff, Wand rechts); -- die Taufen der Apostel und die nach besondern Geschäften charakterisirten Engel verschiedenen Ranges (Flachkuppeln der Taufcapelle); -- endlich in
Malerei des Mittelalters. Mosaiken des IX. Jahrh.
pelle Sancta Sanctorum (oder Scala sancta) einer ganz neuen, wenn auch genau dem alten Zustand nachgeahmten Zusammensetzung unterlegen. (Die beiden Belehnungen zu den Seiten der Halbkuppel: Christus giebt dem heil. Sylvester die Schlüssel, dem grossen Con- stantin eine Fahne; S. Petrus giebt Leo III eine Stola, Carl dem Gr. eine Fahne; die Porträts der letztern haben noch einen Schimmer von Authenticität, sind aber übel gerathen.) — In den nächsten Pontificaten wird von Mosaik zu Mosaik die Arbeit roher und lebloser bis zu un- glaublicher Missgestalt. — Man findet sie in und über den Tribunen avon SS. Nereo ed Achilleo, — S. Maria della navicella (817—824), b— S. Cecilia, — und S. Prassede; die drei letztern Bauten aus der Zeit Paschalis I (817—824); S. Prassede hat auch noch den mosai- cirten Triumphbogen mit der merkwürdigen Darstellung des himmli- schen Jerusalems und die kleine Capelle (rechts) „orto del paradiso“, deren Inneres völlig mosaicirt ist. — Schon reine Caricaturen: in der cHalbkuppel der Tribuna von S. Marco (827—844). — (Das Mosaik din S. Francesca romana, angeblich 858—867, würde eher ins XI. oder XII. Jahrh. passen.)
In Venedig, wo ein stärkerer Verkehr mit Byzanz und ein grösserer Reichthum herrschte als im damaligen Rom, offenbart auch die Mosaikarbeit nicht bloss die Auffassung, sondern auch die zier- eliche und saubere Ausführung der Byzantiner. Die Marcuskirche mit ihren mindestens 40,000 Quadratfuss Mosaiken ist bei Weitem das reichste occidentalische Denkmal dieser Gattung.
Sachlich merkwürdig: die stehend gewordenen, rituellen Darstel- lungen der heiligen Geschichte im byzantinischen Sinn (hauptsächlich an den Tonnengewölben und mehrern Wandflächen des Innern); — die Sammlung von zahlreichen einzelnen byzantinischen Heiligen (hauptsächlich an den Pfeilern und in den Bogenleibungen); — die legendarische Erzählungsweise (in der Cap. Zeno, mit der Geschichte des Marcus, und in einer der fünf halbrunden Wandnischen der Fas- sade, mit der Geschichte der Leiche desselben; hier u. a. die S. 115 erwähnte Abbildung der Kirche; eine andere Geschichte des heil. Leichnams im rechten Querschiff, Wand rechts); — die Taufen der Apostel und die nach besondern Geschäften charakterisirten Engel verschiedenen Ranges (Flachkuppeln der Taufcapelle); — endlich in
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Malerei des Mittelalters. Mosaiken des IX. Jahrh.
pelle Sancta Sanctorum (oder Scala sancta) einer ganz neuen,
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unterlegen. (Die beiden Belehnungen zu den Seiten der Halbkuppel:
Christus giebt dem heil. Sylvester die Schlüssel, dem grossen Con-
stantin eine Fahne; S. Petrus giebt Leo III eine Stola, Carl dem Gr.
eine Fahne; die Porträts der letztern haben noch einen Schimmer von
Authenticität, sind aber übel gerathen.) — In den nächsten Pontificaten
wird von Mosaik zu Mosaik die Arbeit roher und lebloser bis zu un-
glaublicher Missgestalt. — Man findet sie in und über den Tribunen
von SS. Nereo ed Achilleo, — S. Maria della navicella (817—824),
— S. Cecilia, — und S. Prassede; die drei letztern Bauten aus der
Zeit Paschalis I (817—824); S. Prassede hat auch noch den mosai-
cirten Triumphbogen mit der merkwürdigen Darstellung des himmli-
schen Jerusalems und die kleine Capelle (rechts) „orto del paradiso“,
deren Inneres völlig mosaicirt ist. — Schon reine Caricaturen: in der
Halbkuppel der Tribuna von S. Marco (827—844). — (Das Mosaik
in S. Francesca romana, angeblich 858—867, würde eher ins XI. oder
XII. Jahrh. passen.)
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In Venedig, wo ein stärkerer Verkehr mit Byzanz und ein
grösserer Reichthum herrschte als im damaligen Rom, offenbart auch
die Mosaikarbeit nicht bloss die Auffassung, sondern auch die zier-
liche und saubere Ausführung der Byzantiner. Die Marcuskirche
mit ihren mindestens 40,000 Quadratfuss Mosaiken ist bei Weitem das
reichste occidentalische Denkmal dieser Gattung.
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Sachlich merkwürdig: die stehend gewordenen, rituellen Darstel-
lungen der heiligen Geschichte im byzantinischen Sinn (hauptsächlich
an den Tonnengewölben und mehrern Wandflächen des Innern); —
die Sammlung von zahlreichen einzelnen byzantinischen Heiligen
(hauptsächlich an den Pfeilern und in den Bogenleibungen); — die
legendarische Erzählungsweise (in der Cap. Zeno, mit der Geschichte
des Marcus, und in einer der fünf halbrunden Wandnischen der Fas-
sade, mit der Geschichte der Leiche desselben; hier u. a. die S. 115
erwähnte Abbildung der Kirche; eine andere Geschichte des heil.
Leichnams im rechten Querschiff, Wand rechts); — die Taufen der
Apostel und die nach besondern Geschäften charakterisirten Engel
verschiedenen Ranges (Flachkuppeln der Taufcapelle); — endlich in
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 736. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/758>, abgerufen am 18.12.2024.
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