Weise ein; es entsteht eine doppelt bedingte Curve, die das Auge nicht erträgt, sobald es sie bemerkt hat.
Nachbildungen des Pantheon können nicht gefehlt haben, und viel- leicht wussten die römischen Nachahmer besser als Bianchi, der S. Fran- cesco di Paola zu Neapel stückweise nach diesem Muster baute, auf was es im Wesentlichen ankam, nämlich auf die Einheit des Lichtes. aDer runde Vorbau von SS. Cosma e Damiano am Forum ist ein anti- ker Tempel (wahrscheinlich der Penaten) mit ehemals reinem Oberlicht, aber kaum mehr kenntlich durch hohe Auffüllung im Innern (welche wahrscheinlich das scharfe Echo in der Mitte hervorgebracht hat) und durch eine im Mittelalter aus antiken Fragmenten an will- kürlicher Stelle eingesetzte Thür. Von Thermenräumen u. dgl. mit Oberlicht wird weiter die Rede sein.
Der Ansatz der geradlinigen Vorhalle an den Rundbau ist an sich betrachtet immer disharmonisch und das Pantheon dürfte nicht als entschuldigendes Beispiel gelten, weil die Vorhalle erst ein späterer Gedanke, ein Pentimento ist, weil zwischen dem Rundbau und ihr die Bestimmung des Gebäudes verändert wurde. Wir werden sehen, wie bei spätern Gebäuden dieser Gegensatz aufgelöst und versöhnt wurde.
Die überwiegende Mehrzahl der römischen Tempel ist oder war, wie bemerkt, von der länglich viereckigen Art. An den vorhandenen Fragmenten soll hier nur das künstlerisch Bemerkenswerthe hervor- gehoben werden.
b
Weit der edelste Bau dieser Art ist der Tempel des Mars Ultor, welchen Augustus nach dem Siege über Antonius an der Rückwand seines Forums errichtete. Seine Mauern waren nicht aus Ziegeln, son- dern aus mächtigen Travertinblöcken construirt mit einer Marmorbe- kleidung, von welcher noch der Sockel und einige der weitern Schichten erhalten sind. Die drei erhaltenen Säulen bestehen glücklicher Weise nicht aus Granit, sondern aus Marmor und sind von mustergültiger Cannelirung, ihre Capitäle trotz aller Entblätterung noch von über- raschender Schönheit. Vom Gebälk ist nur der Architrav erhalten, der schönste aller römischen Bauten, an der Untenseite mit Recht un-
Architektur. Tempel der Penaten, des Mars Ultor.
Weise ein; es entsteht eine doppelt bedingte Curve, die das Auge nicht erträgt, sobald es sie bemerkt hat.
Nachbildungen des Pantheon können nicht gefehlt haben, und viel- leicht wussten die römischen Nachahmer besser als Bianchi, der S. Fran- cesco di Paola zu Neapel stückweise nach diesem Muster baute, auf was es im Wesentlichen ankam, nämlich auf die Einheit des Lichtes. aDer runde Vorbau von SS. Cosma e Damiano am Forum ist ein anti- ker Tempel (wahrscheinlich der Penaten) mit ehemals reinem Oberlicht, aber kaum mehr kenntlich durch hohe Auffüllung im Innern (welche wahrscheinlich das scharfe Echo in der Mitte hervorgebracht hat) und durch eine im Mittelalter aus antiken Fragmenten an will- kürlicher Stelle eingesetzte Thür. Von Thermenräumen u. dgl. mit Oberlicht wird weiter die Rede sein.
Der Ansatz der geradlinigen Vorhalle an den Rundbau ist an sich betrachtet immer disharmonisch und das Pantheon dürfte nicht als entschuldigendes Beispiel gelten, weil die Vorhalle erst ein späterer Gedanke, ein Pentimento ist, weil zwischen dem Rundbau und ihr die Bestimmung des Gebäudes verändert wurde. Wir werden sehen, wie bei spätern Gebäuden dieser Gegensatz aufgelöst und versöhnt wurde.
Die überwiegende Mehrzahl der römischen Tempel ist oder war, wie bemerkt, von der länglich viereckigen Art. An den vorhandenen Fragmenten soll hier nur das künstlerisch Bemerkenswerthe hervor- gehoben werden.
b
Weit der edelste Bau dieser Art ist der Tempel des Mars Ultor, welchen Augustus nach dem Siege über Antonius an der Rückwand seines Forums errichtete. Seine Mauern waren nicht aus Ziegeln, son- dern aus mächtigen Travertinblöcken construirt mit einer Marmorbe- kleidung, von welcher noch der Sockel und einige der weitern Schichten erhalten sind. Die drei erhaltenen Säulen bestehen glücklicher Weise nicht aus Granit, sondern aus Marmor und sind von mustergültiger Cannelirung, ihre Capitäle trotz aller Entblätterung noch von über- raschender Schönheit. Vom Gebälk ist nur der Architrav erhalten, der schönste aller römischen Bauten, an der Untenseite mit Recht un-
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[20/0042]
Architektur. Tempel der Penaten, des Mars Ultor.
Weise ein; es entsteht eine doppelt bedingte Curve, die das Auge nicht
erträgt, sobald es sie bemerkt hat.
Nachbildungen des Pantheon können nicht gefehlt haben, und viel-
leicht wussten die römischen Nachahmer besser als Bianchi, der S. Fran-
cesco di Paola zu Neapel stückweise nach diesem Muster baute, auf
was es im Wesentlichen ankam, nämlich auf die Einheit des Lichtes.
Der runde Vorbau von SS. Cosma e Damiano am Forum ist ein anti-
ker Tempel (wahrscheinlich der Penaten) mit ehemals reinem
Oberlicht, aber kaum mehr kenntlich durch hohe Auffüllung im Innern
(welche wahrscheinlich das scharfe Echo in der Mitte hervorgebracht
hat) und durch eine im Mittelalter aus antiken Fragmenten an will-
kürlicher Stelle eingesetzte Thür. Von Thermenräumen u. dgl. mit
Oberlicht wird weiter die Rede sein.
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Der Ansatz der geradlinigen Vorhalle an den Rundbau ist an sich
betrachtet immer disharmonisch und das Pantheon dürfte nicht als
entschuldigendes Beispiel gelten, weil die Vorhalle erst ein späterer
Gedanke, ein Pentimento ist, weil zwischen dem Rundbau und ihr
die Bestimmung des Gebäudes verändert wurde. Wir werden sehen,
wie bei spätern Gebäuden dieser Gegensatz aufgelöst und versöhnt
wurde.
Die überwiegende Mehrzahl der römischen Tempel ist oder war,
wie bemerkt, von der länglich viereckigen Art. An den vorhandenen
Fragmenten soll hier nur das künstlerisch Bemerkenswerthe hervor-
gehoben werden.
Weit der edelste Bau dieser Art ist der Tempel des Mars Ultor,
welchen Augustus nach dem Siege über Antonius an der Rückwand
seines Forums errichtete. Seine Mauern waren nicht aus Ziegeln, son-
dern aus mächtigen Travertinblöcken construirt mit einer Marmorbe-
kleidung, von welcher noch der Sockel und einige der weitern Schichten
erhalten sind. Die drei erhaltenen Säulen bestehen glücklicher Weise
nicht aus Granit, sondern aus Marmor und sind von mustergültiger
Cannelirung, ihre Capitäle trotz aller Entblätterung noch von über-
raschender Schönheit. Vom Gebälk ist nur der Architrav erhalten,
der schönste aller römischen Bauten, an der Untenseite mit Recht un-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/42>, abgerufen am 05.12.2024.
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