aSaal in der Pinakothek zu Bologna u. A. m.; umständliche Anwei- sungen in seinem Lehrbuch.) Aus der spätesten Zeit des Styles ist bdas Gewölbe im Carmine zu Florenz (um 1780, von Stagi) eine nicht zu verachtende Arbeit, man glaubt aus einem tiefen Prachthof durch eine grössere und zwei kleinere Öffnungen in den Himmel zu schauen. -- Gleichzeitig mit Pozzo arbeiteten Haffner und Colonna in vielen Städten Italiens die baulichen Theile der Deckenmalereien.
Natürlich konnten sich die Maler nie ein Genüge thun. Welche Kunstgriffe erlaubte man sich bisweilen, um die täuschende Wirkung auf das Äusserste zu treiben! -- Die Maler, trotz ihrer "blühenden Palette", vermochten doch ihren Glorien natürlich nie die Helle des Tageslichtes, geschweige denn den Glanz des Paradieses zu geben; man hatte die Fenster neben der Malerei zur Vergleichung. Es ge- schah nun das Mögliche um sie zu verstecken und nur auf das be- malte Gewölbe, nicht auf die Kirche abwärts wirken zu lassen. Man- sard in seinem Invalidendom baute zwei Kuppeln über einander, die obere mit Seitenfenstern, die untere mit einer Öffnung, welche gross genug war, um die Malereien der obern, nicht aber die Fenster sehen czu lassen. Am wunderlichsten half sich der Baumeister von S. An- tonio zu Parma (der jüngere Bibiena, um 1714). Er baute im Langhaus zwei Gewölbe übereinander, gab dem obern starkes Seiten- licht, und liess im untern eine Menge barocker Öffnungen, durch welche man nun die himmlischen Personen und Engel an der obern Decke hell beleuchtet erblickt. Als Scherz liesse sich der Gedanke auf ansprechendere Weise verwerthen.
Die daneben noch immer, hauptsächlich in Venedig und Neapel üblichen, mit einem System von Einzelgemälden überzogenen Flach- decken erschienen als ein "überwundener Standpunkt" neben solchen Kühnheiten; der Ton dieser Ölgemälde war schwer und dunkel neben den fröhlichen Farben des Fresco. Als endlich in Venedig Tiepolo die Glorienmalerei in Fresco einführte, ging er mit kecker Übertrei- bung über alles Bekannte hinaus.
Die erstaunlichsten Excesse beginnen überhaupt erst mit dem XVIII. Jahrhundert. In der Absicht, das Raumverhältniss der himm- lischen Schwebegruppen recht deutlich zu versinnlichen und den Be- schauer von deren Wirklichkeit zu überzeugen, liess man die Arme,
Der Barockstyl.
aSaal in der Pinakothek zu Bologna u. A. m.; umständliche Anwei- sungen in seinem Lehrbuch.) Aus der spätesten Zeit des Styles ist bdas Gewölbe im Carmine zu Florenz (um 1780, von Stagi) eine nicht zu verachtende Arbeit, man glaubt aus einem tiefen Prachthof durch eine grössere und zwei kleinere Öffnungen in den Himmel zu schauen. — Gleichzeitig mit Pozzo arbeiteten Haffner und Colonna in vielen Städten Italiens die baulichen Theile der Deckenmalereien.
Natürlich konnten sich die Maler nie ein Genüge thun. Welche Kunstgriffe erlaubte man sich bisweilen, um die täuschende Wirkung auf das Äusserste zu treiben! — Die Maler, trotz ihrer „blühenden Palette“, vermochten doch ihren Glorien natürlich nie die Helle des Tageslichtes, geschweige denn den Glanz des Paradieses zu geben; man hatte die Fenster neben der Malerei zur Vergleichung. Es ge- schah nun das Mögliche um sie zu verstecken und nur auf das be- malte Gewölbe, nicht auf die Kirche abwärts wirken zu lassen. Man- sard in seinem Invalidendom baute zwei Kuppeln über einander, die obere mit Seitenfenstern, die untere mit einer Öffnung, welche gross genug war, um die Malereien der obern, nicht aber die Fenster sehen czu lassen. Am wunderlichsten half sich der Baumeister von S. An- tonio zu Parma (der jüngere Bibiena, um 1714). Er baute im Langhaus zwei Gewölbe übereinander, gab dem obern starkes Seiten- licht, und liess im untern eine Menge barocker Öffnungen, durch welche man nun die himmlischen Personen und Engel an der obern Decke hell beleuchtet erblickt. Als Scherz liesse sich der Gedanke auf ansprechendere Weise verwerthen.
Die daneben noch immer, hauptsächlich in Venedig und Neapel üblichen, mit einem System von Einzelgemälden überzogenen Flach- decken erschienen als ein „überwundener Standpunkt“ neben solchen Kühnheiten; der Ton dieser Ölgemälde war schwer und dunkel neben den fröhlichen Farben des Fresco. Als endlich in Venedig Tiepolo die Glorienmalerei in Fresco einführte, ging er mit kecker Übertrei- bung über alles Bekannte hinaus.
Die erstaunlichsten Excesse beginnen überhaupt erst mit dem XVIII. Jahrhundert. In der Absicht, das Raumverhältniss der himm- lischen Schwebegruppen recht deutlich zu versinnlichen und den Be- schauer von deren Wirklichkeit zu überzeugen, liess man die Arme,
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Der Barockstyl.
Saal in der Pinakothek zu Bologna u. A. m.; umständliche Anwei-
sungen in seinem Lehrbuch.) Aus der spätesten Zeit des Styles ist
das Gewölbe im Carmine zu Florenz (um 1780, von Stagi) eine
nicht zu verachtende Arbeit, man glaubt aus einem tiefen Prachthof
durch eine grössere und zwei kleinere Öffnungen in den Himmel zu
schauen. — Gleichzeitig mit Pozzo arbeiteten Haffner und Colonna in
vielen Städten Italiens die baulichen Theile der Deckenmalereien.
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Natürlich konnten sich die Maler nie ein Genüge thun. Welche
Kunstgriffe erlaubte man sich bisweilen, um die täuschende Wirkung
auf das Äusserste zu treiben! — Die Maler, trotz ihrer „blühenden
Palette“, vermochten doch ihren Glorien natürlich nie die Helle des
Tageslichtes, geschweige denn den Glanz des Paradieses zu geben;
man hatte die Fenster neben der Malerei zur Vergleichung. Es ge-
schah nun das Mögliche um sie zu verstecken und nur auf das be-
malte Gewölbe, nicht auf die Kirche abwärts wirken zu lassen. Man-
sard in seinem Invalidendom baute zwei Kuppeln über einander, die
obere mit Seitenfenstern, die untere mit einer Öffnung, welche gross
genug war, um die Malereien der obern, nicht aber die Fenster sehen
zu lassen. Am wunderlichsten half sich der Baumeister von S. An-
tonio zu Parma (der jüngere Bibiena, um 1714). Er baute im
Langhaus zwei Gewölbe übereinander, gab dem obern starkes Seiten-
licht, und liess im untern eine Menge barocker Öffnungen, durch
welche man nun die himmlischen Personen und Engel an der obern
Decke hell beleuchtet erblickt. Als Scherz liesse sich der Gedanke
auf ansprechendere Weise verwerthen.
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Die daneben noch immer, hauptsächlich in Venedig und Neapel
üblichen, mit einem System von Einzelgemälden überzogenen Flach-
decken erschienen als ein „überwundener Standpunkt“ neben solchen
Kühnheiten; der Ton dieser Ölgemälde war schwer und dunkel neben
den fröhlichen Farben des Fresco. Als endlich in Venedig Tiepolo
die Glorienmalerei in Fresco einführte, ging er mit kecker Übertrei-
bung über alles Bekannte hinaus.
Die erstaunlichsten Excesse beginnen überhaupt erst mit dem
XVIII. Jahrhundert. In der Absicht, das Raumverhältniss der himm-
lischen Schwebegruppen recht deutlich zu versinnlichen und den Be-
schauer von deren Wirklichkeit zu überzeugen, liess man die Arme,
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/410>, abgerufen am 18.12.2024.
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