Motiv derjenigen von S. Giorgio; nur treten die Gesimsstücke der Halbgiebel und dasjenige über der Thür hier weiter hervor als die Wandsäulen selbst. (Das Innere von J. Sansovino.)
Es folgt die Kirche del Redentore in der Giudecca (1576),a Palladio's vollkommenster Kirchenbau; einschiffig mit nicht sehr tiefen Seitencapellen, sodass an der Fassade die Hauptordnung -- diessmal 2 Säulen zwischen 2 Pilastern -- mehr über die untern Halbgiebel vorherrschen konnte; statt der Postamente eine herrliche Treppe mit Balustraden, aber nur in der Mitte und zwar absichtlich so angeord- net, dass man den Sockel zu beiden Seiten sehe; über dem Haupt- giebel eine horizontale Attica, an welche sich obere Halbgiebel -- der Ausdruck für die Strebepfeiler des Tonnengewölbes -- anlehnen. Bei einem etwas entferntern Gesichtspunkt steigt die Kuppel vortrefflich über die Fassade empor. Das Innere (mit Tonnengewölbe) von grosser perspectivischer Schönheit, bei den einfachsten Formen; reizvoller Ein- blick in die Capellen mit ihren Nischen, in die lichtreichen abgerun- deten Querarme, in die einfache Pilasterordnung der Kuppel; endlich der erhabene Durchblick in den hintern Mönchschor durch eine Säulen- stellung im Halbkreis. Das organische Gerüst besteht theils aus Halb- säulen, theils aus Pilastern, welchen Palladio dieselbe Schwellung und Verjüngung zu geben pflegte, wie den Säulen. (Das Kloster höchst einfach, für Mendicanten.)
Erst nach des Meisters Tode wurde (1586) die kleine Kirche desb Nonnenklosters delle Zitelle, ebenfalls in der Giudecca ausgeführt, mit ungenauer Benützung seines Entwurfes. Ich weiss nicht, ob das Auge, dass sich in Venedig an Zierbauten wie die Scuola di S. Marco, S. M. de' Miracoli u. dgl. gewöhnt hat, für diese einfache Fassade mit zwei Pilasterordnungen, einem Halbrundfenster und einem Giebel noch einige Aufmerksamkeit übrig haben wird; vielleicht ist aber nirgends mit so wenigen Mitteln Grösseres erreicht, und nicht umsonst wurden und werden diese Formen und Verhältnisse noch fortwährend mehr oder weniger treu nachgeahmt. Im Innern ruht die Kuppel auf einem Quadrat mit abgestumpften Ecken; ein Vorraum und ein Chor; über den Seitenaltären die vergitterten Nonnenplätze -- Alles zeugt von Raumersparniss. (Die Vereinigung von je zwei
Venedig. Palladio’s Kirchen.
Motiv derjenigen von S. Giorgio; nur treten die Gesimsstücke der Halbgiebel und dasjenige über der Thür hier weiter hervor als die Wandsäulen selbst. (Das Innere von J. Sansovino.)
Es folgt die Kirche del Redentore in der Giudecca (1576),a Palladio’s vollkommenster Kirchenbau; einschiffig mit nicht sehr tiefen Seitencapellen, sodass an der Fassade die Hauptordnung — diessmal 2 Säulen zwischen 2 Pilastern — mehr über die untern Halbgiebel vorherrschen konnte; statt der Postamente eine herrliche Treppe mit Balustraden, aber nur in der Mitte und zwar absichtlich so angeord- net, dass man den Sockel zu beiden Seiten sehe; über dem Haupt- giebel eine horizontale Attica, an welche sich obere Halbgiebel — der Ausdruck für die Strebepfeiler des Tonnengewölbes — anlehnen. Bei einem etwas entferntern Gesichtspunkt steigt die Kuppel vortrefflich über die Fassade empor. Das Innere (mit Tonnengewölbe) von grosser perspectivischer Schönheit, bei den einfachsten Formen; reizvoller Ein- blick in die Capellen mit ihren Nischen, in die lichtreichen abgerun- deten Querarme, in die einfache Pilasterordnung der Kuppel; endlich der erhabene Durchblick in den hintern Mönchschor durch eine Säulen- stellung im Halbkreis. Das organische Gerüst besteht theils aus Halb- säulen, theils aus Pilastern, welchen Palladio dieselbe Schwellung und Verjüngung zu geben pflegte, wie den Säulen. (Das Kloster höchst einfach, für Mendicanten.)
Erst nach des Meisters Tode wurde (1586) die kleine Kirche desb Nonnenklosters delle Zitelle, ebenfalls in der Giudecca ausgeführt, mit ungenauer Benützung seines Entwurfes. Ich weiss nicht, ob das Auge, dass sich in Venedig an Zierbauten wie die Scuola di S. Marco, S. M. de’ Miracoli u. dgl. gewöhnt hat, für diese einfache Fassade mit zwei Pilasterordnungen, einem Halbrundfenster und einem Giebel noch einige Aufmerksamkeit übrig haben wird; vielleicht ist aber nirgends mit so wenigen Mitteln Grösseres erreicht, und nicht umsonst wurden und werden diese Formen und Verhältnisse noch fortwährend mehr oder weniger treu nachgeahmt. Im Innern ruht die Kuppel auf einem Quadrat mit abgestumpften Ecken; ein Vorraum und ein Chor; über den Seitenaltären die vergitterten Nonnenplätze — Alles zeugt von Raumersparniss. (Die Vereinigung von je zwei
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Venedig. Palladio’s Kirchen.
Motiv derjenigen von S. Giorgio; nur treten die Gesimsstücke der
Halbgiebel und dasjenige über der Thür hier weiter hervor als die
Wandsäulen selbst. (Das Innere von J. Sansovino.)
Es folgt die Kirche del Redentore in der Giudecca (1576),
Palladio’s vollkommenster Kirchenbau; einschiffig mit nicht sehr tiefen
Seitencapellen, sodass an der Fassade die Hauptordnung — diessmal
2 Säulen zwischen 2 Pilastern — mehr über die untern Halbgiebel
vorherrschen konnte; statt der Postamente eine herrliche Treppe mit
Balustraden, aber nur in der Mitte und zwar absichtlich so angeord-
net, dass man den Sockel zu beiden Seiten sehe; über dem Haupt-
giebel eine horizontale Attica, an welche sich obere Halbgiebel — der
Ausdruck für die Strebepfeiler des Tonnengewölbes — anlehnen. Bei
einem etwas entferntern Gesichtspunkt steigt die Kuppel vortrefflich
über die Fassade empor. Das Innere (mit Tonnengewölbe) von grosser
perspectivischer Schönheit, bei den einfachsten Formen; reizvoller Ein-
blick in die Capellen mit ihren Nischen, in die lichtreichen abgerun-
deten Querarme, in die einfache Pilasterordnung der Kuppel; endlich
der erhabene Durchblick in den hintern Mönchschor durch eine Säulen-
stellung im Halbkreis. Das organische Gerüst besteht theils aus Halb-
säulen, theils aus Pilastern, welchen Palladio dieselbe Schwellung und
Verjüngung zu geben pflegte, wie den Säulen. (Das Kloster höchst
einfach, für Mendicanten.)
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Erst nach des Meisters Tode wurde (1586) die kleine Kirche des
Nonnenklosters delle Zitelle, ebenfalls in der Giudecca ausgeführt,
mit ungenauer Benützung seines Entwurfes. Ich weiss nicht, ob das
Auge, dass sich in Venedig an Zierbauten wie die Scuola di S.
Marco, S. M. de’ Miracoli u. dgl. gewöhnt hat, für diese einfache
Fassade mit zwei Pilasterordnungen, einem Halbrundfenster und einem
Giebel noch einige Aufmerksamkeit übrig haben wird; vielleicht ist
aber nirgends mit so wenigen Mitteln Grösseres erreicht, und nicht
umsonst wurden und werden diese Formen und Verhältnisse noch
fortwährend mehr oder weniger treu nachgeahmt. Im Innern ruht die
Kuppel auf einem Quadrat mit abgestumpften Ecken; ein Vorraum
und ein Chor; über den Seitenaltären die vergitterten Nonnenplätze
— Alles zeugt von Raumersparniss. (Die Vereinigung von je zwei
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/385>, abgerufen am 18.12.2024.
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