Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

Renaissance-Decoration in Holz.
aus S. Michele in Bosco, von dem Olivetanermönch Fra Raffaele
da Brescia
, mit guten Reliefpilastern und Intarsien perspectivischen
aInhalts; in der fünften Capelle links sind die Intarsiaornamente des
Stuhlwerkes (von Giacomo de Marchis und seinen Brüdern, 1495)
bsogar von florentinisch schöner Bildung. -- In S. Michele in Bosco:
die beiden Beichtstühle rechts, wohl des Fra Damiano würdig. -- In
cS. giovanni in Monte erscheint das Stuhlwerk des Paolo Sacca
(1523), eine saubere und tüchtige Arbeit, technisch wie eine Vorstufe
des Letztern (die Intarsien bloss Bau- und Schrankansichten). -- We-
dniger bedeutend: das Stuhlwerk der Certosa, theils vom Jahr 1539,
theils (nachgeahmt) 1611.

Die sehr zahlreichen Bilderrahmen aus der Werkstatt des
Formigine können mit dem schönen Styl der oben genannten flo-
rentinischen keinen Vergleich aushalten. Überhaupt steht in Bologna
die Reliefschnitzerei durchgängig tiefer als die eingelegte Arbeit.


e

In Parma hat der Dom ein noch halbgothisches Stuhlwerk vom
Jahr 1473, bezeichnet: Cristoforo Lendenari. Dieser harmlose
Meister fand einen Verehrer und Nachahmer ("cultor") in Lucchino
Bianco von Parma, welcher das Getäfel der Sacristei, wenigstens
einen Theil desselben, schnitzte. (Meist Intarsia.) -- Weit das Präch-
ftigste aber sind die Chorstühle von S. Giovanni, als deren Verfertiger
Zucchi und Testa genannt werden. In der Anordnung halbrunder
Muscheln oben, in der Behandlung der Reliefarabesken, in den zu
Drachen belebten und durchbrochenen Seitenstützen haben diese vor-
züglichen Arbeiten etwas mit dem Gestühl in Genua gemein, in den
höchst saubern Intarsien der Rücklehnen, welche lauter bauliche An-
sichten von originellster Renaissance darstellen, sind sie von einzigem
Werthe. (Vgl. S. 173.)

g

Im Battistero: Stuhlwerk von ähnlichem Styl und wohl von den-
selben Händen wie in S. Giovanni.

h

Gute Rahmen dieses Styles: um das Altarbild im Battistero,
um die Bilder in der ersten und zweiten Capelle rechts in S. Gio-
vanni. Wie die Schule Corregio's einrahmte, zeigt z. B. das erste

Renaissance-Decoration in Holz.
aus S. Michele in Bosco, von dem Olivetanermönch Fra Raffaele
da Brescia
, mit guten Reliefpilastern und Intarsien perspectivischen
aInhalts; in der fünften Capelle links sind die Intarsiaornamente des
Stuhlwerkes (von Giacomo de Marchis und seinen Brüdern, 1495)
bsogar von florentinisch schöner Bildung. — In S. Michele in Bosco:
die beiden Beichtstühle rechts, wohl des Fra Damiano würdig. — In
cS. giovanni in Monte erscheint das Stuhlwerk des Paolo Sacca
(1523), eine saubere und tüchtige Arbeit, technisch wie eine Vorstufe
des Letztern (die Intarsien bloss Bau- und Schrankansichten). — We-
dniger bedeutend: das Stuhlwerk der Certosa, theils vom Jahr 1539,
theils (nachgeahmt) 1611.

Die sehr zahlreichen Bilderrahmen aus der Werkstatt des
Formigine können mit dem schönen Styl der oben genannten flo-
rentinischen keinen Vergleich aushalten. Überhaupt steht in Bologna
die Reliefschnitzerei durchgängig tiefer als die eingelegte Arbeit.


e

In Parma hat der Dom ein noch halbgothisches Stuhlwerk vom
Jahr 1473, bezeichnet: Cristoforo Lendenari. Dieser harmlose
Meister fand einen Verehrer und Nachahmer („cultor“) in Lucchino
Bianco von Parma, welcher das Getäfel der Sacristei, wenigstens
einen Theil desselben, schnitzte. (Meist Intarsia.) — Weit das Präch-
ftigste aber sind die Chorstühle von S. Giovanni, als deren Verfertiger
Zucchi und Testa genannt werden. In der Anordnung halbrunder
Muscheln oben, in der Behandlung der Reliefarabesken, in den zu
Drachen belebten und durchbrochenen Seitenstützen haben diese vor-
züglichen Arbeiten etwas mit dem Gestühl in Genua gemein, in den
höchst saubern Intarsien der Rücklehnen, welche lauter bauliche An-
sichten von originellster Renaissance darstellen, sind sie von einzigem
Werthe. (Vgl. S. 173.)

g

Im Battistero: Stuhlwerk von ähnlichem Styl und wohl von den-
selben Händen wie in S. Giovanni.

h

Gute Rahmen dieses Styles: um das Altarbild im Battistero,
um die Bilder in der ersten und zweiten Capelle rechts in S. Gio-
vanni. Wie die Schule Corregio’s einrahmte, zeigt z. B. das erste

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0290" n="268"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Renaissance-Decoration in Holz.</hi></fw><lb/>
aus S. Michele in Bosco, von dem Olivetanermönch <hi rendition="#g">Fra Raffaele<lb/>
da Brescia</hi>, mit guten Reliefpilastern und Intarsien perspectivischen<lb/><note place="left">a</note>Inhalts; in der fünften Capelle links sind die Intarsiaornamente des<lb/>
Stuhlwerkes (von <hi rendition="#g">Giacomo de Marchis</hi> und seinen Brüdern, 1495)<lb/><note place="left">b</note>sogar von florentinisch schöner Bildung. &#x2014; In S. Michele in Bosco:<lb/>
die beiden Beichtstühle rechts, wohl des Fra Damiano würdig. &#x2014; In<lb/><note place="left">c</note>S. giovanni in Monte erscheint das Stuhlwerk des <hi rendition="#g">Paolo Sacca</hi><lb/>
(1523), eine saubere und tüchtige Arbeit, technisch wie eine Vorstufe<lb/>
des Letztern (die Intarsien bloss Bau- und Schrankansichten). &#x2014; We-<lb/><note place="left">d</note>niger bedeutend: das Stuhlwerk der Certosa, theils vom Jahr 1539,<lb/>
theils (nachgeahmt) 1611.</p><lb/>
        <p>Die sehr zahlreichen <hi rendition="#g">Bilderrahmen</hi> aus der Werkstatt des<lb/>
Formigine können mit dem schönen Styl der oben genannten flo-<lb/>
rentinischen keinen Vergleich aushalten. Überhaupt steht in Bologna<lb/>
die Reliefschnitzerei durchgängig tiefer als die eingelegte Arbeit.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <note place="left">e</note>
        <p>In <hi rendition="#g">Parma</hi> hat der Dom ein noch halbgothisches Stuhlwerk vom<lb/>
Jahr 1473, bezeichnet: <hi rendition="#g">Cristoforo Lendenari</hi>. Dieser harmlose<lb/>
Meister fand einen Verehrer und Nachahmer (&#x201E;cultor&#x201C;) in Lucchino<lb/><hi rendition="#g">Bianco</hi> von Parma, welcher das Getäfel der Sacristei, wenigstens<lb/>
einen Theil desselben, schnitzte. (Meist Intarsia.) &#x2014; Weit das Präch-<lb/><note place="left">f</note>tigste aber sind die Chorstühle von S. Giovanni, als deren Verfertiger<lb/><hi rendition="#g">Zucchi</hi> und <hi rendition="#g">Testa</hi> genannt werden. In der Anordnung halbrunder<lb/>
Muscheln oben, in der Behandlung der Reliefarabesken, in den zu<lb/>
Drachen belebten und durchbrochenen Seitenstützen haben diese vor-<lb/>
züglichen Arbeiten etwas mit dem Gestühl in Genua gemein, in den<lb/>
höchst saubern Intarsien der Rücklehnen, welche lauter bauliche An-<lb/>
sichten von originellster Renaissance darstellen, sind sie von einzigem<lb/>
Werthe. (Vgl. S. 173.)</p><lb/>
        <note place="left">g</note>
        <p>Im Battistero: Stuhlwerk von ähnlichem Styl und wohl von den-<lb/>
selben Händen wie in S. Giovanni.</p><lb/>
        <note place="left">h</note>
        <p>Gute <hi rendition="#g">Rahmen</hi> dieses Styles: um das Altarbild im Battistero,<lb/>
um die Bilder in der ersten und zweiten Capelle rechts in S. Gio-<lb/>
vanni. Wie die Schule Corregio&#x2019;s einrahmte, zeigt z. B. das erste<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0290] Renaissance-Decoration in Holz. aus S. Michele in Bosco, von dem Olivetanermönch Fra Raffaele da Brescia, mit guten Reliefpilastern und Intarsien perspectivischen Inhalts; in der fünften Capelle links sind die Intarsiaornamente des Stuhlwerkes (von Giacomo de Marchis und seinen Brüdern, 1495) sogar von florentinisch schöner Bildung. — In S. Michele in Bosco: die beiden Beichtstühle rechts, wohl des Fra Damiano würdig. — In S. giovanni in Monte erscheint das Stuhlwerk des Paolo Sacca (1523), eine saubere und tüchtige Arbeit, technisch wie eine Vorstufe des Letztern (die Intarsien bloss Bau- und Schrankansichten). — We- niger bedeutend: das Stuhlwerk der Certosa, theils vom Jahr 1539, theils (nachgeahmt) 1611. a b c d Die sehr zahlreichen Bilderrahmen aus der Werkstatt des Formigine können mit dem schönen Styl der oben genannten flo- rentinischen keinen Vergleich aushalten. Überhaupt steht in Bologna die Reliefschnitzerei durchgängig tiefer als die eingelegte Arbeit. In Parma hat der Dom ein noch halbgothisches Stuhlwerk vom Jahr 1473, bezeichnet: Cristoforo Lendenari. Dieser harmlose Meister fand einen Verehrer und Nachahmer („cultor“) in Lucchino Bianco von Parma, welcher das Getäfel der Sacristei, wenigstens einen Theil desselben, schnitzte. (Meist Intarsia.) — Weit das Präch- tigste aber sind die Chorstühle von S. Giovanni, als deren Verfertiger Zucchi und Testa genannt werden. In der Anordnung halbrunder Muscheln oben, in der Behandlung der Reliefarabesken, in den zu Drachen belebten und durchbrochenen Seitenstützen haben diese vor- züglichen Arbeiten etwas mit dem Gestühl in Genua gemein, in den höchst saubern Intarsien der Rücklehnen, welche lauter bauliche An- sichten von originellster Renaissance darstellen, sind sie von einzigem Werthe. (Vgl. S. 173.) f Im Battistero: Stuhlwerk von ähnlichem Styl und wohl von den- selben Händen wie in S. Giovanni. Gute Rahmen dieses Styles: um das Altarbild im Battistero, um die Bilder in der ersten und zweiten Capelle rechts in S. Gio- vanni. Wie die Schule Corregio’s einrahmte, zeigt z. B. das erste

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/290
Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/290>, abgerufen am 18.12.2024.