styl des XVII. Jahrhunderts ihres Gleichen findet. (Vgl. S. 51, S. Lo- renzo). Der untere Theil der Wände und der Fussboden sind oder waren auf das Kostbarste incrustirt.
Einen andern Nachklang byzantinischen Centralbaues gewährt die aKirche S. Fosca auf Torcello bei Venedig, welche dem Verfasser nur aus Abbildungen bekannt ist. Als lebensfähiges Motiv für grosse Binnenräume verdient sie die Beachtung der Architekten. -- In den ältern kleinen Kirchen Venedigs selbst zeigt sich ein merkwürdiges Schwanken zwischen den beiden Systemen; es sind kurze Basiliken bmit einer Kuppel über der Kreuzung; S. Giacometto di Rialto, angeblich schon aus dem V. Jahrhundert, ist jedenfalls das älteste dieser Kirchlein, die Bauform als solche reicht aber bis ins XV. Jahrhundert hin- unter. (Z. B.: S. Giovanni Crisostomo, 1483 von Tullio Lombardo erbaut.)
c
S. Tommaso in Limine, dritthalb Stunden von Bergamo (IX. Jahrhundert) ist wieder ein einfacher Rundbau; Cylinder mit Kup- pel auf Säulen; runder Umgang mit hinausgebauter Tribuna.
d
Endlich S. Angelo zu Perugia, wahrscheinlich noch aus dem ersten Jahrtausend; ein Sechszehneck. Über 16 (spätkorinthischen) Säulen erhebt sich der Cylinder; aus acht Ecken springen Bogen her- vor gegen die Mitte und tragen das Dach; ebenso tragen sechszehn von Wandpilastern aus gegen den Cylinder hinansteigende Bogen das Dach des Umganges. Ohne die modernen Zuthaten würde dieses sehr glücklich gedachte Gebäude mit seinem ausschliesslichen Oberlicht (durch die Fenster des Cylinders) eine bedeutende Wirkung machen.
Bei all diesen Gebäuden des ersten Jahrtausends, mit ihren Säu- len und andern Fragmenten aus dem Alterthum trägt eine historische Ideenverbindung, selbst in unbewusster Weise sehr viel zur Werth- schätzung bei. Es ist ein Weltalter, das die Erzeugnisse eines an- dern zu seinen neuen Zwecken aufbraucht; eine Kirche, der unsere Phantasie einen geheimnissvollen Nimbus giebt und deren Andenken mit der ganzen europäischen Geschichte unlösbar durcheinander ge- flochten ist. Diesen mitwirkenden Eindruck elegischer Art möge man von dem künstlerischen getrennt halten. Es handelt sich eben doch um lauter zusammengesetzten Nothbehelf, dessen Ganzes nie einen
Christliche Architektur. Centralbauten.
styl des XVII. Jahrhunderts ihres Gleichen findet. (Vgl. S. 51, S. Lo- renzo). Der untere Theil der Wände und der Fussboden sind oder waren auf das Kostbarste incrustirt.
Einen andern Nachklang byzantinischen Centralbaues gewährt die aKirche S. Fosca auf Torcello bei Venedig, welche dem Verfasser nur aus Abbildungen bekannt ist. Als lebensfähiges Motiv für grosse Binnenräume verdient sie die Beachtung der Architekten. — In den ältern kleinen Kirchen Venedigs selbst zeigt sich ein merkwürdiges Schwanken zwischen den beiden Systemen; es sind kurze Basiliken bmit einer Kuppel über der Kreuzung; S. Giacometto di Rialto, angeblich schon aus dem V. Jahrhundert, ist jedenfalls das älteste dieser Kirchlein, die Bauform als solche reicht aber bis ins XV. Jahrhundert hin- unter. (Z. B.: S. Giovanni Crisostomo, 1483 von Tullio Lombardo erbaut.)
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S. Tommaso in Limine, dritthalb Stunden von Bergamo (IX. Jahrhundert) ist wieder ein einfacher Rundbau; Cylinder mit Kup- pel auf Säulen; runder Umgang mit hinausgebauter Tribuna.
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Endlich S. Angelo zu Perugia, wahrscheinlich noch aus dem ersten Jahrtausend; ein Sechszehneck. Über 16 (spätkorinthischen) Säulen erhebt sich der Cylinder; aus acht Ecken springen Bogen her- vor gegen die Mitte und tragen das Dach; ebenso tragen sechszehn von Wandpilastern aus gegen den Cylinder hinansteigende Bogen das Dach des Umganges. Ohne die modernen Zuthaten würde dieses sehr glücklich gedachte Gebäude mit seinem ausschliesslichen Oberlicht (durch die Fenster des Cylinders) eine bedeutende Wirkung machen.
Bei all diesen Gebäuden des ersten Jahrtausends, mit ihren Säu- len und andern Fragmenten aus dem Alterthum trägt eine historische Ideenverbindung, selbst in unbewusster Weise sehr viel zur Werth- schätzung bei. Es ist ein Weltalter, das die Erzeugnisse eines an- dern zu seinen neuen Zwecken aufbraucht; eine Kirche, der unsere Phantasie einen geheimnissvollen Nimbus giebt und deren Andenken mit der ganzen europäischen Geschichte unlösbar durcheinander ge- flochten ist. Diesen mitwirkenden Eindruck elegischer Art möge man von dem künstlerischen getrennt halten. Es handelt sich eben doch um lauter zusammengesetzten Nothbehelf, dessen Ganzes nie einen
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[94/0116]
Christliche Architektur. Centralbauten.
styl des XVII. Jahrhunderts ihres Gleichen findet. (Vgl. S. 51, S. Lo-
renzo). Der untere Theil der Wände und der Fussboden sind oder
waren auf das Kostbarste incrustirt.
Einen andern Nachklang byzantinischen Centralbaues gewährt die
Kirche S. Fosca auf Torcello bei Venedig, welche dem Verfasser
nur aus Abbildungen bekannt ist. Als lebensfähiges Motiv für grosse
Binnenräume verdient sie die Beachtung der Architekten. — In den
ältern kleinen Kirchen Venedigs selbst zeigt sich ein merkwürdiges
Schwanken zwischen den beiden Systemen; es sind kurze Basiliken
mit einer Kuppel über der Kreuzung; S. Giacometto di Rialto,
angeblich schon aus dem V. Jahrhundert, ist jedenfalls das älteste dieser
Kirchlein, die Bauform als solche reicht aber bis ins XV. Jahrhundert hin-
unter. (Z. B.: S. Giovanni Crisostomo, 1483 von Tullio Lombardo erbaut.)
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S. Tommaso in Limine, dritthalb Stunden von Bergamo
(IX. Jahrhundert) ist wieder ein einfacher Rundbau; Cylinder mit Kup-
pel auf Säulen; runder Umgang mit hinausgebauter Tribuna.
Endlich S. Angelo zu Perugia, wahrscheinlich noch aus dem
ersten Jahrtausend; ein Sechszehneck. Über 16 (spätkorinthischen)
Säulen erhebt sich der Cylinder; aus acht Ecken springen Bogen her-
vor gegen die Mitte und tragen das Dach; ebenso tragen sechszehn
von Wandpilastern aus gegen den Cylinder hinansteigende Bogen das
Dach des Umganges. Ohne die modernen Zuthaten würde dieses sehr
glücklich gedachte Gebäude mit seinem ausschliesslichen Oberlicht
(durch die Fenster des Cylinders) eine bedeutende Wirkung machen.
Bei all diesen Gebäuden des ersten Jahrtausends, mit ihren Säu-
len und andern Fragmenten aus dem Alterthum trägt eine historische
Ideenverbindung, selbst in unbewusster Weise sehr viel zur Werth-
schätzung bei. Es ist ein Weltalter, das die Erzeugnisse eines an-
dern zu seinen neuen Zwecken aufbraucht; eine Kirche, der unsere
Phantasie einen geheimnissvollen Nimbus giebt und deren Andenken
mit der ganzen europäischen Geschichte unlösbar durcheinander ge-
flochten ist. Diesen mitwirkenden Eindruck elegischer Art möge man
von dem künstlerischen getrennt halten. Es handelt sich eben doch
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/116>, abgerufen am 29.11.2024.
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