sellschaft bösartig gemeinen, vornehm costumirten Gesindels. Carlo Saraceni malt z. B. (Pal. Doria in Rom) die Juno, welche dema enthaupteten Argus die Augen mit eigenem Finger ausgräbt, um sie auf ihren Pfau überzutragen; der Charakter der Göttin ist dieser Action gemäss.
Mit Pietro da Cortona, bei den Neapolitanern mit Luca Giordano, beginnt auch für die mythologische und allegorische Frescomalerei das Zeitalter der reinen Decoration. Pietro's ungeheures Deckenfresco, welches den Ruhm des Hauses Barberini verherrlicht, und seine Deckenmalereien im Pal. Pitti wurden schon angeführt; um zu errathen, was er eigentlich meint, bedarf es einer beträchtlichen Kenntniss der barberinischen und mediceischen Hausgeschichte. Der Plafond Luca's in der Galeria des Pal. Riccardi in Florenz zeigt,b wie Cardinal Leopold, Prinz Cosimo (III) u. A. als Lichtgottheiten auf den Wolken daher geritten kommen; ringsum ist der ganze Olymp vertheilt. Wie gerne geht man von da zu Giov. da S. Giovanni, dessen Allegorien (im grossen untern Saal des Pal. Pitti) noch ab-c surder ersonnen, aber doch noch mit Liebe, Schönheitssinn und Far- benglanz ausgeführt sind. -- Die Cortonisten und Nachfolger Luca's noch einmal zu nennen, wie sie sich durch die Paläste von ganz Ita- lien verbreiteten, verbietet uns der Raum. Wer sich von ihrer Styl- complicität einen Begriff machen will, braucht z. B. nur dem beliebten Thema vom Raub der Sabinerinnen nachzugehen und aufzumerken, was an diesem Moment durchgängig und ausschliesslich hervorgeho- ben wurde. Luca selber hat in kleinern Bildern, wie z. B. die Gala- tea in den Uffizien, bisweilen eine Naivetät in Rubens Art. -- Imd XVIII. Jahrh. sind dann die oben (S. 1013, c) genannten römischen Maler auch in der profanen Gattung bemüht, regelrechte und fleissige Bilder ohne alle Nothwendigkeit zu Stande zu bringen; in den Plafonds fürst- licher Säle dagegen lässt man sich schon eher auf Cortona's Manier gehen, sowohl im allegorischen Inhalt als im Malwerk. (Pal. Co- lonna: in der Galeria die zu Ehren des Marcantonio Colonna alle-e gorisch verklärte Schlacht von Lepanto; ein anderer Plafond, von Luti, zu Ehren Papst Martins V.)
Mythologie und Allegorie.
sellschaft bösartig gemeinen, vornehm costumirten Gesindels. Carlo Saraceni malt z. B. (Pal. Doria in Rom) die Juno, welche dema enthaupteten Argus die Augen mit eigenem Finger ausgräbt, um sie auf ihren Pfau überzutragen; der Charakter der Göttin ist dieser Action gemäss.
Mit Pietro da Cortona, bei den Neapolitanern mit Luca Giordano, beginnt auch für die mythologische und allegorische Frescomalerei das Zeitalter der reinen Decoration. Pietro’s ungeheures Deckenfresco, welches den Ruhm des Hauses Barberini verherrlicht, und seine Deckenmalereien im Pal. Pitti wurden schon angeführt; um zu errathen, was er eigentlich meint, bedarf es einer beträchtlichen Kenntniss der barberinischen und mediceischen Hausgeschichte. Der Plafond Luca’s in der Galeria des Pal. Riccardi in Florenz zeigt,b wie Cardinal Leopold, Prinz Cosimo (III) u. A. als Lichtgottheiten auf den Wolken daher geritten kommen; ringsum ist der ganze Olymp vertheilt. Wie gerne geht man von da zu Giov. da S. Giovanni, dessen Allegorien (im grossen untern Saal des Pal. Pitti) noch ab-c surder ersonnen, aber doch noch mit Liebe, Schönheitssinn und Far- benglanz ausgeführt sind. — Die Cortonisten und Nachfolger Luca’s noch einmal zu nennen, wie sie sich durch die Paläste von ganz Ita- lien verbreiteten, verbietet uns der Raum. Wer sich von ihrer Styl- complicität einen Begriff machen will, braucht z. B. nur dem beliebten Thema vom Raub der Sabinerinnen nachzugehen und aufzumerken, was an diesem Moment durchgängig und ausschliesslich hervorgeho- ben wurde. Luca selber hat in kleinern Bildern, wie z. B. die Gala- tea in den Uffizien, bisweilen eine Naivetät in Rubens Art. — Imd XVIII. Jahrh. sind dann die oben (S. 1013, c) genannten römischen Maler auch in der profanen Gattung bemüht, regelrechte und fleissige Bilder ohne alle Nothwendigkeit zu Stande zu bringen; in den Plafonds fürst- licher Säle dagegen lässt man sich schon eher auf Cortona’s Manier gehen, sowohl im allegorischen Inhalt als im Malwerk. (Pal. Co- lonna: in der Galeria die zu Ehren des Marcantonio Colonna alle-e gorisch verklärte Schlacht von Lepanto; ein anderer Plafond, von Luti, zu Ehren Papst Martins V.)
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Mythologie und Allegorie.
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enthaupteten Argus die Augen mit eigenem Finger ausgräbt, um sie
auf ihren Pfau überzutragen; der Charakter der Göttin ist dieser Action
gemäss.
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Mit Pietro da Cortona, bei den Neapolitanern mit Luca
Giordano, beginnt auch für die mythologische und allegorische
Frescomalerei das Zeitalter der reinen Decoration. Pietro’s ungeheures
Deckenfresco, welches den Ruhm des Hauses Barberini verherrlicht,
und seine Deckenmalereien im Pal. Pitti wurden schon angeführt; um
zu errathen, was er eigentlich meint, bedarf es einer beträchtlichen
Kenntniss der barberinischen und mediceischen Hausgeschichte. Der
Plafond Luca’s in der Galeria des Pal. Riccardi in Florenz zeigt,
wie Cardinal Leopold, Prinz Cosimo (III) u. A. als Lichtgottheiten
auf den Wolken daher geritten kommen; ringsum ist der ganze Olymp
vertheilt. Wie gerne geht man von da zu Giov. da S. Giovanni,
dessen Allegorien (im grossen untern Saal des Pal. Pitti) noch ab-
surder ersonnen, aber doch noch mit Liebe, Schönheitssinn und Far-
benglanz ausgeführt sind. — Die Cortonisten und Nachfolger Luca’s
noch einmal zu nennen, wie sie sich durch die Paläste von ganz Ita-
lien verbreiteten, verbietet uns der Raum. Wer sich von ihrer Styl-
complicität einen Begriff machen will, braucht z. B. nur dem beliebten
Thema vom Raub der Sabinerinnen nachzugehen und aufzumerken,
was an diesem Moment durchgängig und ausschliesslich hervorgeho-
ben wurde. Luca selber hat in kleinern Bildern, wie z. B. die Gala-
tea in den Uffizien, bisweilen eine Naivetät in Rubens Art. — Im
XVIII. Jahrh. sind dann die oben (S. 1013, c) genannten römischen Maler
auch in der profanen Gattung bemüht, regelrechte und fleissige Bilder
ohne alle Nothwendigkeit zu Stande zu bringen; in den Plafonds fürst-
licher Säle dagegen lässt man sich schon eher auf Cortona’s Manier
gehen, sowohl im allegorischen Inhalt als im Malwerk. (Pal. Co-
lonna: in der Galeria die zu Ehren des Marcantonio Colonna alle-
gorisch verklärte Schlacht von Lepanto; ein anderer Plafond, von
Luti, zu Ehren Papst Martins V.)
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 1047. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1069>, abgerufen am 18.12.2024.
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