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Bunge, Gustav von: Der Vegetarianismus. Berlin, 1885.

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hoben werden, dass es nur einzelne Wenige1) sind,
denen dies gelungen. Die grosse Mehrzahl der Vege-
tarianer fügt bekanntlich zur Pflanzennahrung Milch,
Butter, Käse und Eier hinzu2). Dass der Mensch

1) Beim Durchselien der zwei letzten Jahrgänge der
"Vegetarischen Rundschau" linde ich nur von 4 Personen die
Angabe, dass sie längere Zeit ausschliesslich von Vegetabilien
gelebt haben: August Kruhl 1 Jahr lang, Postexpeditor Schulz
s 4 Jahr, Major v. Flotow (wie lange?) und Miss Böcker drei
Monate (Vegetarische Rundschau, 1883, 8. 143 und 1884,
S. 89, 99 und 377). ln der Mittheilung A. KruhPs vermisse
ich übrigens die ausdrückliche. Angabe, dass in den Suppen
keine Milch gewesen. Ausserdem findet sich in der Vegeta-
rischen Rundschau, 188*', S. 53, noch das Referat einer Mit-
theilung aus dem New-Yorker "Herald of Health" von Mr.
Rumford, welcher mit seinem 19jährigen Sohne in Calefor-
nien 1 Vs Jahre von ungekochter Pflanzennahrung gelebt hat.
Sonst ist mir nur noch das Beispiel Sc hlickeysen's bekannt
geworden, welcher im Jahre 1880 angab, mehr als 10 Jahre
ausschliesslich von Vegetabilien gelebt zu haben (Schlick-
oy sen, "Obst und Brod." Berlin 1880. S. 154). Es wäre
im Interesse der Wissenschaft zu wünschen, dass die Vege-
tarianer dieser strengen Richtung ihre Erfahrungen ausführ-
lich mittheilten.
2) Selbst die Trappisten, auf welche die Vegetarianer sich
vielfach berufen, die strengsten unter allerr christlichen As-
keten, welche Fleisch und Fisch vollständig meiden, fügen
zur vegetabilischen Nahrung Milch hinzu. Butter ist aller-
dings streng verboten, Eier sind nur Kranken gestattet.
(Zockler. Kritische Geschichte der Askese. Frankfurt a. M.
und Erlangen 1863. S. 180.) Es ist hierbei ausserdem zu
bedenken, dass die Mönche auch in "anderer Hinsicht ein ab-
normes Beben führen. Der Mensch wächst nicht nur in der
Jugend; er wächst anfangs als Individuum, dann "über die

hoben werden, dass es nur einzelne Wenige1) sind,
denen dies gelungen. Die grosse Mehrzahl der Vege-
tarianer fügt bekanntlich zur Pflanzennahrung Milch,
Butter, Käse und Eier hinzu2). Dass der Mensch

1) Beim Durchselien der zwei letzten Jahrgänge der
„Vegetarischen Rundschau“ linde ich nur von 4 Personen die
Angabe, dass sie längere Zeit ausschliesslich von Vegetabilien
gelebt haben: August Kruhl 1 Jahr lang, Postexpeditor Schulz
s 4 Jahr, Major v. Flotow (wie lange?) und Miss Böcker drei
Monate (Vegetarische Rundschau, 1883, 8. 143 und 1884,
S. 89, 99 und 377). ln der Mittheilung A. KruhPs vermisse
ich übrigens die ausdrückliche. Angabe, dass in den Suppen
keine Milch gewesen. Ausserdem findet sich in der Vegeta-
rischen Rundschau, 188*', S. 53, noch das Referat einer Mit-
theilung aus dem New-Yorker „Herald of Health“ von Mr.
Rumford, welcher mit seinem 19jährigen Sohne in Calefor-
nien 1 Vs Jahre von ungekochter Pflanzennahrung gelebt hat.
Sonst ist mir nur noch das Beispiel Sc hlickeysen’s bekannt
geworden, welcher im Jahre 1880 angab, mehr als 10 Jahre
ausschliesslich von Vegetabilien gelebt zu haben (Schlick-
oy sen, „Obst und Brod.“ Berlin 1880. S. 154). Es wäre
im Interesse der Wissenschaft zu wünschen, dass die Vege-
tarianer dieser strengen Richtung ihre Erfahrungen ausführ-
lich mittheilten.
2) Selbst die Trappisten, auf welche die Vegetarianer sich
vielfach berufen, die strengsten unter allerr christlichen As-
keten, welche Fleisch und Fisch vollständig meiden, fügen
zur vegetabilischen Nahrung Milch hinzu. Butter ist aller-
dings streng verboten, Eier sind nur Kranken gestattet.
(Zockler. Kritische Geschichte der Askese. Frankfurt a. M.
und Erlangen 1863. S. 180.) Es ist hierbei ausserdem zu
bedenken, dass die Mönche auch in «anderer Hinsicht ein ab-
normes Beben führen. Der Mensch wächst nicht nur in der
Jugend; er wächst anfangs als Individuum, dann „über die
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[22/0023] hoben werden, dass es nur einzelne Wenige 1) sind, denen dies gelungen. Die grosse Mehrzahl der Vege- tarianer fügt bekanntlich zur Pflanzennahrung Milch, Butter, Käse und Eier hinzu 2). Dass der Mensch 1) Beim Durchselien der zwei letzten Jahrgänge der „Vegetarischen Rundschau“ linde ich nur von 4 Personen die Angabe, dass sie längere Zeit ausschliesslich von Vegetabilien gelebt haben: August Kruhl 1 Jahr lang, Postexpeditor Schulz s 4 Jahr, Major v. Flotow (wie lange?) und Miss Böcker drei Monate (Vegetarische Rundschau, 1883, 8. 143 und 1884, S. 89, 99 und 377). ln der Mittheilung A. KruhPs vermisse ich übrigens die ausdrückliche. Angabe, dass in den Suppen keine Milch gewesen. Ausserdem findet sich in der Vegeta- rischen Rundschau, 188*', S. 53, noch das Referat einer Mit- theilung aus dem New-Yorker „Herald of Health“ von Mr. Rumford, welcher mit seinem 19jährigen Sohne in Calefor- nien 1 Vs Jahre von ungekochter Pflanzennahrung gelebt hat. Sonst ist mir nur noch das Beispiel Sc hlickeysen’s bekannt geworden, welcher im Jahre 1880 angab, mehr als 10 Jahre ausschliesslich von Vegetabilien gelebt zu haben (Schlick- oy sen, „Obst und Brod.“ Berlin 1880. S. 154). Es wäre im Interesse der Wissenschaft zu wünschen, dass die Vege- tarianer dieser strengen Richtung ihre Erfahrungen ausführ- lich mittheilten. 2) Selbst die Trappisten, auf welche die Vegetarianer sich vielfach berufen, die strengsten unter allerr christlichen As- keten, welche Fleisch und Fisch vollständig meiden, fügen zur vegetabilischen Nahrung Milch hinzu. Butter ist aller- dings streng verboten, Eier sind nur Kranken gestattet. (Zockler. Kritische Geschichte der Askese. Frankfurt a. M. und Erlangen 1863. S. 180.) Es ist hierbei ausserdem zu bedenken, dass die Mönche auch in «anderer Hinsicht ein ab- normes Beben führen. Der Mensch wächst nicht nur in der Jugend; er wächst anfangs als Individuum, dann „über die

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Zitationshilfe: Bunge, Gustav von: Der Vegetarianismus. Berlin, 1885, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bunge_vegetarianismus_1885/23>, abgerufen am 27.04.2024.