meines eigenen Armes mich an meinem eigenen Haarzopfe, samt dem Pferde, welches ich fest zwischen meine Kniee schloß, wieder herausgezogen hätte.
Trotz aller meiner Tapferkeit und Klugheit, trotz meiner und meines Pfer- des Schnelligkeit, Gewandtheit und Stärke, gings mir in dem Türkenkriege doch nicht immer nach Wunsche. Ich hatte sogar das Unglück, durch die Menge übermannt und zum Kriegsgefangenen gemacht zu werden. Ja, was noch schlimmer war, aber doch immer unter den Türken gewöhnlich ist, ich wurde zum Sclaven verkauft. In diesem Stande der Demüthigung war mein Ta- gewerk nicht sowohl hart und sauer, als vielmehr seltsam und verdrießlich. Ich mußte nehmlich des Sultans Bienen alle Morgen auf die Weide treiben, sie da- selbst den ganzen Tag lang hüten, und dann gegen Abend wieder zurück in ihre Stöcke treiben. Eines Abends vermißte
ich
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meines eigenen Armes mich an meinem eigenen Haarzopfe, ſamt dem Pferde, welches ich feſt zwiſchen meine Kniee ſchloß, wieder herausgezogen haͤtte.
Trotz aller meiner Tapferkeit und Klugheit, trotz meiner und meines Pfer- des Schnelligkeit, Gewandtheit und Staͤrke, gings mir in dem Tuͤrkenkriege doch nicht immer nach Wunſche. Ich hatte ſogar das Ungluͤck, durch die Menge uͤbermannt und zum Kriegsgefangenen gemacht zu werden. Ja, was noch ſchlimmer war, aber doch immer unter den Tuͤrken gewoͤhnlich iſt, ich wurde zum Sclaven verkauft. In dieſem Stande der Demuͤthigung war mein Ta- gewerk nicht ſowohl hart und ſauer, als vielmehr ſeltſam und verdrießlich. Ich mußte nehmlich des Sultans Bienen alle Morgen auf die Weide treiben, ſie da- ſelbſt den ganzen Tag lang huͤten, und dann gegen Abend wieder zuruͤck in ihre Stoͤcke treiben. Eines Abends vermißte
ich
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[55/0070]
meines eigenen Armes mich an meinem
eigenen Haarzopfe, ſamt dem Pferde,
welches ich feſt zwiſchen meine Kniee
ſchloß, wieder herausgezogen haͤtte.
Trotz aller meiner Tapferkeit und
Klugheit, trotz meiner und meines Pfer-
des Schnelligkeit, Gewandtheit und
Staͤrke, gings mir in dem Tuͤrkenkriege
doch nicht immer nach Wunſche. Ich
hatte ſogar das Ungluͤck, durch die Menge
uͤbermannt und zum Kriegsgefangenen
gemacht zu werden. Ja, was noch
ſchlimmer war, aber doch immer unter
den Tuͤrken gewoͤhnlich iſt, ich wurde
zum Sclaven verkauft. In dieſem
Stande der Demuͤthigung war mein Ta-
gewerk nicht ſowohl hart und ſauer, als
vielmehr ſeltſam und verdrießlich. Ich
mußte nehmlich des Sultans Bienen alle
Morgen auf die Weide treiben, ſie da-
ſelbſt den ganzen Tag lang huͤten, und
dann gegen Abend wieder zuruͤck in ihre
Stoͤcke treiben. Eines Abends vermißte
ich
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[Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/70>, abgerufen am 31.07.2024.
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