Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786.

Bild:
<< vorherige Seite

meine Barke auf einmal in etwas, das
ich für Ranken und Strauchwerk hielt.
Sobald es aber am nächsten Morgen
heller ward, fand ich mich überall von
Mandeln umgeben, welche vollkommen
teif und ganz vortreflich waren. Als
wir das Senkbley auswarfen, fand sich,
daß wir wenigstens sechzig Fuß hoch
über dem Boden schwebten, und schlech-
terdings weder vor noch rückwärts konn-
ten. Ohngefähr gegen acht oder neun
Uhr, soviel ich aus der Höhe der Sonne
abnehmen konnte, erhob sich ein plötzli-
cher Wind, der unsere Barke ganz auf
eine Seite umlegte. Hierdurch schöpfte
sie Wasser, sank unter, und ich hörte
und sah in langer Zeit nichts wieder da-
von, wie sie gleich vernehmen werden.
Glücklicher Weise retteten wir uns ins-
gesamt, nähmlich acht Männer und zwey
Knaben, indem wir uns an den Bäu-
men festhielten, deren Zweige zwar für
uns, allein nicht für die Last unserer
Barke hinreichten. In dieser Situation

verblie-

meine Barke auf einmal in etwas, das
ich fuͤr Ranken und Strauchwerk hielt.
Sobald es aber am naͤchſten Morgen
heller ward, fand ich mich uͤberall von
Mandeln umgeben, welche vollkommen
teif und ganz vortreflich waren. Als
wir das Senkbley auswarfen, fand ſich,
daß wir wenigſtens ſechzig Fuß hoch
uͤber dem Boden ſchwebten, und ſchlech-
terdings weder vor noch ruͤckwaͤrts konn-
ten. Ohngefaͤhr gegen acht oder neun
Uhr, ſoviel ich aus der Hoͤhe der Sonne
abnehmen konnte, erhob ſich ein ploͤtzli-
cher Wind, der unſere Barke ganz auf
eine Seite umlegte. Hierdurch ſchoͤpfte
ſie Waſſer, ſank unter, und ich hoͤrte
und ſah in langer Zeit nichts wieder da-
von, wie ſie gleich vernehmen werden.
Gluͤcklicher Weiſe retteten wir uns ins-
geſamt, naͤhmlich acht Maͤnner und zwey
Knaben, indem wir uns an den Baͤu-
men feſthielten, deren Zweige zwar fuͤr
uns, allein nicht fuͤr die Laſt unſerer
Barke hinreichten. In dieſer Situation

verblie-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0109" n="88"/>
meine Barke auf einmal in etwas, das<lb/>
ich fu&#x0364;r Ranken und Strauchwerk hielt.<lb/>
Sobald es aber am na&#x0364;ch&#x017F;ten Morgen<lb/>
heller ward, fand ich mich u&#x0364;berall von<lb/>
Mandeln umgeben, welche vollkommen<lb/>
teif und ganz vortreflich waren. Als<lb/>
wir das Senkbley auswarfen, fand &#x017F;ich,<lb/>
daß wir wenig&#x017F;tens &#x017F;echzig Fuß hoch<lb/>
u&#x0364;ber dem Boden &#x017F;chwebten, und &#x017F;chlech-<lb/>
terdings weder vor noch ru&#x0364;ckwa&#x0364;rts konn-<lb/>
ten. Ohngefa&#x0364;hr gegen acht oder neun<lb/>
Uhr, &#x017F;oviel ich aus der Ho&#x0364;he der Sonne<lb/>
abnehmen konnte, erhob &#x017F;ich ein plo&#x0364;tzli-<lb/>
cher Wind, der un&#x017F;ere Barke ganz auf<lb/>
eine Seite umlegte. Hierdurch &#x017F;cho&#x0364;pfte<lb/>
&#x017F;ie Wa&#x017F;&#x017F;er, &#x017F;ank unter, und ich ho&#x0364;rte<lb/>
und &#x017F;ah in langer Zeit nichts wieder da-<lb/>
von, wie &#x017F;ie gleich vernehmen werden.<lb/>
Glu&#x0364;cklicher Wei&#x017F;e retteten wir uns ins-<lb/>
ge&#x017F;amt, na&#x0364;hmlich acht Ma&#x0364;nner und zwey<lb/>
Knaben, indem wir uns an den Ba&#x0364;u-<lb/>
men fe&#x017F;thielten, deren Zweige zwar fu&#x0364;r<lb/>
uns, allein nicht fu&#x0364;r die La&#x017F;t un&#x017F;erer<lb/>
Barke hinreichten. In die&#x017F;er Situation<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">verblie-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[88/0109] meine Barke auf einmal in etwas, das ich fuͤr Ranken und Strauchwerk hielt. Sobald es aber am naͤchſten Morgen heller ward, fand ich mich uͤberall von Mandeln umgeben, welche vollkommen teif und ganz vortreflich waren. Als wir das Senkbley auswarfen, fand ſich, daß wir wenigſtens ſechzig Fuß hoch uͤber dem Boden ſchwebten, und ſchlech- terdings weder vor noch ruͤckwaͤrts konn- ten. Ohngefaͤhr gegen acht oder neun Uhr, ſoviel ich aus der Hoͤhe der Sonne abnehmen konnte, erhob ſich ein ploͤtzli- cher Wind, der unſere Barke ganz auf eine Seite umlegte. Hierdurch ſchoͤpfte ſie Waſſer, ſank unter, und ich hoͤrte und ſah in langer Zeit nichts wieder da- von, wie ſie gleich vernehmen werden. Gluͤcklicher Weiſe retteten wir uns ins- geſamt, naͤhmlich acht Maͤnner und zwey Knaben, indem wir uns an den Baͤu- men feſthielten, deren Zweige zwar fuͤr uns, allein nicht fuͤr die Laſt unſerer Barke hinreichten. In dieſer Situation verblie-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/109
Zitationshilfe: [Raspe, Rudolf Erich]: Wunderbare Reisen [...] des Freyherrn von Münchhausen [...]. London [i. e. Göttingen], 1786, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_muenchhausen_1786/109>, abgerufen am 02.05.2024.