so vielen unnötigen Buchstaben überluden. Jene schrieben fast gar kein dehnungs h, und das giebt der Sprache ein noch einmal so einfaches, reines und schönes Ansehn.
Klopstock schlägt, nächst der Verban- nung ungehörter Buchstaben, zum Behuf richtiger Aussprache in Ansehung der Deh- nung und Verkürzung, ein algemeines die Augen am wenigsten beleidigendes Deh- nungszeichen vor. Ich kan mir keines den- ken, das nicht die reine einfache Schönheit im Schreiben und Drucken beschmizen solte. Die Accente und Circumflexe im Griechischen, so klein sie auch für das Auge sind, sind mir dennoch sehr zuwider, weil dadurch der schöne, weisse, helle Raum ohne Sym- metrie volgeschnörkelt wird. Weit besser, wir hätten, wie die Griechen, unterschiedene Figuren für die langen und kurzen Selbst- laute. Wozu ist im Grunde ein solches Zeichen nötig? Es ist überflüssig. Wir ent-
beren
ſo vielen unnoͤtigen Buchſtaben uͤberluden. Jene ſchrieben faſt gar kein dehnungs h, und das giebt der Sprache ein noch einmal ſo einfaches, reines und ſchoͤnes Anſehn.
Klopſtock ſchlaͤgt, naͤchſt der Verban- nung ungehoͤrter Buchſtaben, zum Behuf richtiger Ausſprache in Anſehung der Deh- nung und Verkuͤrzung, ein algemeines die Augen am wenigſten beleidigendes Deh- nungszeichen vor. Ich kan mir keines den- ken, das nicht die reine einfache Schoͤnheit im Schreiben und Drucken beſchmizen ſolte. Die Accente und Circumflexe im Griechiſchen, ſo klein ſie auch fuͤr das Auge ſind, ſind mir dennoch ſehr zuwider, weil dadurch der ſchoͤne, weiſſe, helle Raum ohne Sym- metrie volgeſchnoͤrkelt wird. Weit beſſer, wir haͤtten, wie die Griechen, unterſchiedene Figuren fuͤr die langen und kurzen Selbſt- laute. Wozu iſt im Grunde ein ſolches Zeichen noͤtig? Es iſt uͤberfluͤſſig. Wir ent-
beren
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0059"n="XX"/>ſo vielen unnoͤtigen Buchſtaben uͤberluden.<lb/>
Jene ſchrieben faſt gar kein dehnungs h,<lb/>
und das giebt der Sprache ein noch einmal<lb/>ſo einfaches, reines und ſchoͤnes Anſehn.</p><lb/><p>Klopſtock ſchlaͤgt, naͤchſt der Verban-<lb/>
nung ungehoͤrter Buchſtaben, zum Behuf<lb/>
richtiger Ausſprache in Anſehung der Deh-<lb/>
nung und Verkuͤrzung, ein algemeines die<lb/>
Augen am wenigſten beleidigendes Deh-<lb/>
nungszeichen vor. Ich kan mir keines den-<lb/>
ken, das nicht die reine einfache Schoͤnheit<lb/>
im Schreiben und Drucken beſchmizen ſolte.<lb/>
Die Accente und Circumflexe im Griechiſchen,<lb/>ſo klein ſie auch fuͤr das Auge ſind, ſind<lb/>
mir dennoch ſehr zuwider, weil dadurch<lb/>
der ſchoͤne, weiſſe, helle Raum ohne Sym-<lb/>
metrie volgeſchnoͤrkelt wird. Weit beſſer,<lb/>
wir haͤtten, wie die Griechen, unterſchiedene<lb/>
Figuren fuͤr die langen und kurzen Selbſt-<lb/>
laute. Wozu iſt im Grunde ein ſolches<lb/>
Zeichen noͤtig? Es iſt uͤberfluͤſſig. Wir ent-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">beren</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[XX/0059]
ſo vielen unnoͤtigen Buchſtaben uͤberluden.
Jene ſchrieben faſt gar kein dehnungs h,
und das giebt der Sprache ein noch einmal
ſo einfaches, reines und ſchoͤnes Anſehn.
Klopſtock ſchlaͤgt, naͤchſt der Verban-
nung ungehoͤrter Buchſtaben, zum Behuf
richtiger Ausſprache in Anſehung der Deh-
nung und Verkuͤrzung, ein algemeines die
Augen am wenigſten beleidigendes Deh-
nungszeichen vor. Ich kan mir keines den-
ken, das nicht die reine einfache Schoͤnheit
im Schreiben und Drucken beſchmizen ſolte.
Die Accente und Circumflexe im Griechiſchen,
ſo klein ſie auch fuͤr das Auge ſind, ſind
mir dennoch ſehr zuwider, weil dadurch
der ſchoͤne, weiſſe, helle Raum ohne Sym-
metrie volgeſchnoͤrkelt wird. Weit beſſer,
wir haͤtten, wie die Griechen, unterſchiedene
Figuren fuͤr die langen und kurzen Selbſt-
laute. Wozu iſt im Grunde ein ſolches
Zeichen noͤtig? Es iſt uͤberfluͤſſig. Wir ent-
beren
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. XX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/59>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.