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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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5.


Lieber Freund!

"War ich lange genug stumm? Was soll ich Ihnen
sagen? Ich saß auch im Gefängniß und im langweiligsten
unter der Sonne, ich habe eine Abhandlung geschrieben in
die Länge, Breite und Tiefe, Tag und Nacht über der eckel-
haften Geschichte, ich begreife nicht, wo ich die Geduld her-
genommen. Ich habe nämlich die fixe Idee, im nächsten
Semester zu Zürich einen Curs über die Entwickelung der
deutschen Philosophie seit Cartesius zu lesen; dazu muß ich
mein Diplom haben, und die Leute scheinen gar nicht geneigt,
meinem lieben Sohne Danton den Doktorhut aufzusetzen.

Was war da zu machen?

Sie sind in Frankfurt und unangefochten!

Es ist mir leid und doch wieder lieb, daß Sie noch
nicht im Rebstöckel (Straßburger Gasthaus) angeklopft haben.
Ueber den Stand der modernen Literatur in Deutschland
weiß ich so gut als Nichts; nur einige versprengte Broschüren,
die, ich weiß nicht wie, über den Rhein gekommen, fielen
mir in die Hände.

Es zeigt sich in dem Kampfe gegen Sie eine gründ-
liche Niederträchtigkeit, eine recht gesunde Niederträchtig-
keit, ich begreife gar nicht, wie wir noch so natürlich sein
können! Und Menzel's Hohn über die politischen Narren

erhielt." Nebenbei bemerkt, hieß dieser Anonymus Trapp und starb
drei Monate nach Büchner in Zürich, nachdem er kurz vor dessen
Erkrankung eine Wiederaussöhnung mit ihm versucht hatte.
F.
G. Büchner's Werke. 25
5.


Lieber Freund!

"War ich lange genug ſtumm? Was ſoll ich Ihnen
ſagen? Ich ſaß auch im Gefängniß und im langweiligſten
unter der Sonne, ich habe eine Abhandlung geſchrieben in
die Länge, Breite und Tiefe, Tag und Nacht über der eckel-
haften Geſchichte, ich begreife nicht, wo ich die Geduld her-
genommen. Ich habe nämlich die fixe Idee, im nächſten
Semeſter zu Zürich einen Curs über die Entwickelung der
deutſchen Philoſophie ſeit Carteſius zu leſen; dazu muß ich
mein Diplom haben, und die Leute ſcheinen gar nicht geneigt,
meinem lieben Sohne Danton den Doktorhut aufzuſetzen.

Was war da zu machen?

Sie ſind in Frankfurt und unangefochten!

Es iſt mir leid und doch wieder lieb, daß Sie noch
nicht im Rebſtöckel (Straßburger Gaſthaus) angeklopft haben.
Ueber den Stand der modernen Literatur in Deutſchland
weiß ich ſo gut als Nichts; nur einige verſprengte Broſchüren,
die, ich weiß nicht wie, über den Rhein gekommen, fielen
mir in die Hände.

Es zeigt ſich in dem Kampfe gegen Sie eine gründ-
liche Niederträchtigkeit, eine recht geſunde Niederträchtig-
keit, ich begreife gar nicht, wie wir noch ſo natürlich ſein
können! Und Menzel's Hohn über die politiſchen Narren

erhielt." Nebenbei bemerkt, hieß dieſer Anonymus Trapp und ſtarb
drei Monate nach Büchner in Zürich, nachdem er kurz vor deſſen
Erkrankung eine Wiederausſöhnung mit ihm verſucht hatte.
F.
G. Büchner's Werke. 25
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[385/0581] * 5. Straßburg (1836). Lieber Freund! "War ich lange genug ſtumm? Was ſoll ich Ihnen ſagen? Ich ſaß auch im Gefängniß und im langweiligſten unter der Sonne, ich habe eine Abhandlung geſchrieben in die Länge, Breite und Tiefe, Tag und Nacht über der eckel- haften Geſchichte, ich begreife nicht, wo ich die Geduld her- genommen. Ich habe nämlich die fixe Idee, im nächſten Semeſter zu Zürich einen Curs über die Entwickelung der deutſchen Philoſophie ſeit Carteſius zu leſen; dazu muß ich mein Diplom haben, und die Leute ſcheinen gar nicht geneigt, meinem lieben Sohne Danton den Doktorhut aufzuſetzen. Was war da zu machen? Sie ſind in Frankfurt und unangefochten! Es iſt mir leid und doch wieder lieb, daß Sie noch nicht im Rebſtöckel (Straßburger Gaſthaus) angeklopft haben. Ueber den Stand der modernen Literatur in Deutſchland weiß ich ſo gut als Nichts; nur einige verſprengte Broſchüren, die, ich weiß nicht wie, über den Rhein gekommen, fielen mir in die Hände. Es zeigt ſich in dem Kampfe gegen Sie eine gründ- liche Niederträchtigkeit, eine recht geſunde Niederträchtig- keit, ich begreife gar nicht, wie wir noch ſo natürlich ſein können! Und Menzel's Hohn über die politiſchen Narren * erhielt." Nebenbei bemerkt, hieß dieſer Anonymus Trapp und ſtarb drei Monate nach Büchner in Zürich, nachdem er kurz vor deſſen Erkrankung eine Wiederausſöhnung mit ihm verſucht hatte. F. G. Büchner's Werke. 25

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/581>, abgerufen am 22.11.2024.