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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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der sein Erbtheil im Spiel verloren hatte, die reiche Mar-
quise Calpurnia heirathete, die achtundvierzig Frühlinge zählte.
Bei dem Leibe des Bachus, Du findest das lustig.
Gubetta. Das ist traurig und gewöhnlich. Ein rui-
nirter Mann heirathet eine Ruine von einem Weibe. Das
sieht man alle Tage.
(Er fängt an zu essen. Von Zeit zu Zeit
stehen Einige von der Tafel auf und plaudern auf dem Vorder-
grunde der Bühne, während das Gelag fortdauert.)
Negroni (zu Maffio, indem sie auf Gennaro deutet). Herr
Graf Orsini, Ihr habt da einen Freund, der sehr traurig
aussieht.
Maffio. Er ist immer so, Donna. Ihr müßt mir
verzeihen, daß ich ihn hierher brachte, obgleich Ihr ihm die
Gnade einer Einladung nicht erwiesen hattet. Er ist mein
Waffenbruder. Er hat mir das Leben bei dem Sturm von
Rimini gerettet. Ich habe bei dem Angriff auf die Brücke
von Vicenzia einen Degenstich erhalten, der ihm galt. Wir
trennen uns nie: wir leben zusammen. Ein Zigeuner hat
uns vorausgesagt, daß wir am nämlichen Tage sterben
würden.
Negroni (lacht). Hat er Euch auch gesagt, ob das am
Abend oder am Morgen geschehen würde?
Maffio. Er sagte uns, es würde am Morgen ge-
schehen.
Negroni (lacht stärker). Euer Zigeuner wußte nicht,
was er sagte. -- Und liebt Ihr den jungen Menschen sehr?
Maffio. So sehr, als ein Mann den andern lieben
kann.
Negroni. Nun! Ihr genügt auch einander. Ihr seid
glücklich.

der ſein Erbtheil im Spiel verloren hatte, die reiche Mar-
quiſe Calpurnia heirathete, die achtundvierzig Frühlinge zählte.
Bei dem Leibe des Bachus, Du findeſt das luſtig.
Gubetta. Das iſt traurig und gewöhnlich. Ein rui-
nirter Mann heirathet eine Ruine von einem Weibe. Das
ſieht man alle Tage.
(Er fängt an zu eſſen. Von Zeit zu Zeit
ſtehen Einige von der Tafel auf und plaudern auf dem Vorder-
grunde der Bühne, während das Gelag fortdauert.)
Negroni (zu Maffio, indem ſie auf Gennaro deutet). Herr
Graf Orſini, Ihr habt da einen Freund, der ſehr traurig
ausſieht.
Maffio. Er iſt immer ſo, Donna. Ihr müßt mir
verzeihen, daß ich ihn hierher brachte, obgleich Ihr ihm die
Gnade einer Einladung nicht erwieſen hattet. Er iſt mein
Waffenbruder. Er hat mir das Leben bei dem Sturm von
Rimini gerettet. Ich habe bei dem Angriff auf die Brücke
von Vicenzia einen Degenſtich erhalten, der ihm galt. Wir
trennen uns nie: wir leben zuſammen. Ein Zigeuner hat
uns vorausgeſagt, daß wir am nämlichen Tage ſterben
würden.
Negroni (lacht). Hat er Euch auch geſagt, ob das am
Abend oder am Morgen geſchehen würde?
Maffio. Er ſagte uns, es würde am Morgen ge-
ſchehen.
Negroni (lacht ſtärker). Euer Zigeuner wußte nicht,
was er ſagte. — Und liebt Ihr den jungen Menſchen ſehr?
Maffio. So ſehr, als ein Mann den andern lieben
kann.
Negroni. Nun! Ihr genügt auch einander. Ihr ſeid
glücklich.

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[249/0445] der ſein Erbtheil im Spiel verloren hatte, die reiche Mar- quiſe Calpurnia heirathete, die achtundvierzig Frühlinge zählte. Bei dem Leibe des Bachus, Du findeſt das luſtig. Gubetta. Das iſt traurig und gewöhnlich. Ein rui- nirter Mann heirathet eine Ruine von einem Weibe. Das ſieht man alle Tage. (Er fängt an zu eſſen. Von Zeit zu Zeit ſtehen Einige von der Tafel auf und plaudern auf dem Vorder- grunde der Bühne, während das Gelag fortdauert.) Negroni (zu Maffio, indem ſie auf Gennaro deutet). Herr Graf Orſini, Ihr habt da einen Freund, der ſehr traurig ausſieht. Maffio. Er iſt immer ſo, Donna. Ihr müßt mir verzeihen, daß ich ihn hierher brachte, obgleich Ihr ihm die Gnade einer Einladung nicht erwieſen hattet. Er iſt mein Waffenbruder. Er hat mir das Leben bei dem Sturm von Rimini gerettet. Ich habe bei dem Angriff auf die Brücke von Vicenzia einen Degenſtich erhalten, der ihm galt. Wir trennen uns nie: wir leben zuſammen. Ein Zigeuner hat uns vorausgeſagt, daß wir am nämlichen Tage ſterben würden. Negroni (lacht). Hat er Euch auch geſagt, ob das am Abend oder am Morgen geſchehen würde? Maffio. Er ſagte uns, es würde am Morgen ge- ſchehen. Negroni (lacht ſtärker). Euer Zigeuner wußte nicht, was er ſagte. — Und liebt Ihr den jungen Menſchen ſehr? Maffio. So ſehr, als ein Mann den andern lieben kann. Negroni. Nun! Ihr genügt auch einander. Ihr ſeid glücklich.

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/445>, abgerufen am 25.11.2024.