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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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hat eine feine, feine Feder von Rubin unter dem Nagel der
kleinen Zehe am rechten Fuß, man drückt ein klein wenig,
und die Mechanik läuft volle fünfzig Jahre. Diese Personen
sind so vollkommen gearbeitet, daß man sie von anderen
Menschen gar nicht unterscheiden könnte, wenn man nicht
wüßte, daß sie bloßer Pappdeckel sind; man könnte sie
eigentlich zu Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft machen.
Sie sind sehr edel, denn sie sprechen hochdeutsch. Sie sind
sehr moralisch, denn sie stehn auf den Glockenschlag auf,
essen auf den Glockenschlag zu Mittag und gehn auf den
Glockenschlag zu Bett; auch haben sie eine gute Verdauung,
was beweist, daß sie ein gutes Gewissen haben. Sie haben
ein feines sittliches Gefühl, denn die Dame hat gar kein
Wort für den Begriff Beinkleider, und dem Herrn ist es rein
unmöglich, hinter einem Frauenzimmer eine Treppe hinauf
oder vor ihm hinunterzugehen. Sie sind sehr gebildet, denn die
Dame singt alle neuen Opern, und der Herr trägt Manschetten.
Geben Sie Acht, meine Herren und Damen, sie sind jetzt in
einem interessanten Stadium, der Mechanismus der Liebe
fängt an sich zu äußern, der Herr hat der Dame schon einige
Mal den Shawl getragen, die Dame hat schon einige Mal
die Augen verdreht und gen Himmel geblickt. Beide haben
schon mehrmals geflüstert: Glaube, Liebe, Hoffnung. Beide
sehen bereits ganz accordirt aus, es fehlt nur noch das
winzige Wörtchen: Amen.
Peter (den Finger an die Nase): In effigie? in effigie?
Präsident, wenn man einen Menschen in effigie hängen läßt,
ist das nicht eben so gut, als wenn er ordentlich gehängt
würde?
Präsident. Verzeihen, Eure Majestät, es ist noch viel
hat eine feine, feine Feder von Rubin unter dem Nagel der
kleinen Zehe am rechten Fuß, man drückt ein klein wenig,
und die Mechanik läuft volle fünfzig Jahre. Dieſe Perſonen
ſind ſo vollkommen gearbeitet, daß man ſie von anderen
Menſchen gar nicht unterſcheiden könnte, wenn man nicht
wüßte, daß ſie bloßer Pappdeckel ſind; man könnte ſie
eigentlich zu Mitgliedern der menſchlichen Geſellſchaft machen.
Sie ſind ſehr edel, denn ſie ſprechen hochdeutſch. Sie ſind
ſehr moraliſch, denn ſie ſtehn auf den Glockenſchlag auf,
eſſen auf den Glockenſchlag zu Mittag und gehn auf den
Glockenſchlag zu Bett; auch haben ſie eine gute Verdauung,
was beweiſt, daß ſie ein gutes Gewiſſen haben. Sie haben
ein feines ſittliches Gefühl, denn die Dame hat gar kein
Wort für den Begriff Beinkleider, und dem Herrn iſt es rein
unmöglich, hinter einem Frauenzimmer eine Treppe hinauf
oder vor ihm hinunterzugehen. Sie ſind ſehr gebildet, denn die
Dame ſingt alle neuen Opern, und der Herr trägt Manſchetten.
Geben Sie Acht, meine Herren und Damen, ſie ſind jetzt in
einem intereſſanten Stadium, der Mechanismus der Liebe
fängt an ſich zu äußern, der Herr hat der Dame ſchon einige
Mal den Shawl getragen, die Dame hat ſchon einige Mal
die Augen verdreht und gen Himmel geblickt. Beide haben
ſchon mehrmals geflüſtert: Glaube, Liebe, Hoffnung. Beide
ſehen bereits ganz accordirt aus, es fehlt nur noch das
winzige Wörtchen: Amen.
Peter (den Finger an die Naſe): In effigie? in effigie?
Präſident, wenn man einen Menſchen in effigie hängen läßt,
iſt das nicht eben ſo gut, als wenn er ordentlich gehängt
würde?
Präſident. Verzeihen, Eure Majeſtät, es iſt noch viel
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[153/0349] hat eine feine, feine Feder von Rubin unter dem Nagel der kleinen Zehe am rechten Fuß, man drückt ein klein wenig, und die Mechanik läuft volle fünfzig Jahre. Dieſe Perſonen ſind ſo vollkommen gearbeitet, daß man ſie von anderen Menſchen gar nicht unterſcheiden könnte, wenn man nicht wüßte, daß ſie bloßer Pappdeckel ſind; man könnte ſie eigentlich zu Mitgliedern der menſchlichen Geſellſchaft machen. Sie ſind ſehr edel, denn ſie ſprechen hochdeutſch. Sie ſind ſehr moraliſch, denn ſie ſtehn auf den Glockenſchlag auf, eſſen auf den Glockenſchlag zu Mittag und gehn auf den Glockenſchlag zu Bett; auch haben ſie eine gute Verdauung, was beweiſt, daß ſie ein gutes Gewiſſen haben. Sie haben ein feines ſittliches Gefühl, denn die Dame hat gar kein Wort für den Begriff Beinkleider, und dem Herrn iſt es rein unmöglich, hinter einem Frauenzimmer eine Treppe hinauf oder vor ihm hinunterzugehen. Sie ſind ſehr gebildet, denn die Dame ſingt alle neuen Opern, und der Herr trägt Manſchetten. Geben Sie Acht, meine Herren und Damen, ſie ſind jetzt in einem intereſſanten Stadium, der Mechanismus der Liebe fängt an ſich zu äußern, der Herr hat der Dame ſchon einige Mal den Shawl getragen, die Dame hat ſchon einige Mal die Augen verdreht und gen Himmel geblickt. Beide haben ſchon mehrmals geflüſtert: Glaube, Liebe, Hoffnung. Beide ſehen bereits ganz accordirt aus, es fehlt nur noch das winzige Wörtchen: Amen. Peter (den Finger an die Naſe): In effigie? in effigie? Präſident, wenn man einen Menſchen in effigie hängen läßt, iſt das nicht eben ſo gut, als wenn er ordentlich gehängt würde? Präſident. Verzeihen, Eure Majeſtät, es iſt noch viel

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/349>, abgerufen am 22.11.2024.