Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.
ich so oft für die Freiheit gekämpft habe, ist die verdienst- vollste aller Tugenden. -- Sie ist meine Kühnheit, sie ist es, der ich mich hier zum Besten der Republik gegen meine erbärmlichen Ankläger bediene. Kann ich mich fassen, wenn ich mich auf eine so niedrige Art verläumdet sehe? -- Von einem Revolutionär, wie ich, darf man keine kalte Verthei- digung erwarten. Männer meines Schlages sind in Revo- lutionen unschätzbar, auf ihrer Stirne schwebt das Genie der Freiheit. (Zeichen von Beifall unter den Zuhörern.) -- Mich klagt man an, mit Mirabeau, mit Dumouriez, mit Orleans konspirirt, zu den Füßen elender Despoten gesessen zu haben; mich fordert man auf, vor der unentrinnbaren, unbeugsamen Gerechtigkeit zu antworten! -- Du elender St. Just wirst der Nachwelt für diese Lästerung verantwortlich sein! Hermann. Ich fordere Sie auf, mit Ruhe zu ant- worten; gedenken Sie Marat's, er trat mit Ehrfurcht vor seine Richter. Danton. Sie haben die Hände an mein ganzes Leben gelegt, so mag es sich denn aufrichten und ihnen entgegen- treten; unter dem Gewicht jeder meiner Handlungen werde ich sie begraben. -- Ich bin nicht stolz darauf. Das Schick- sal führt uns die Arme, aber nur gewaltige Naturen sind seine Organe. -- Ich habe auf dem Marsfelde dem König- thum den Krieg erklärt, ich habe es am 10. August ge- schlagen, ich habe es am 21. Januar getödtet und den Königen einen Königskopf als Fehdehandschuh hingeworfen. (Wiederholte Zeichen von Beifall. -- Er nimmt die Anklage-Acte.) -- Wenn ich einen Blick auf diese Schandschrift werfe, fühle ich mein ganzes Wesen beben. Wer sind denn die, welche Danton nöthigen mußten, sich an jenem denkwürdigen Tage
ich ſo oft für die Freiheit gekämpft habe, iſt die verdienſt- vollſte aller Tugenden. — Sie iſt meine Kühnheit, ſie iſt es, der ich mich hier zum Beſten der Republik gegen meine erbärmlichen Ankläger bediene. Kann ich mich faſſen, wenn ich mich auf eine ſo niedrige Art verläumdet ſehe? — Von einem Revolutionär, wie ich, darf man keine kalte Verthei- digung erwarten. Männer meines Schlages ſind in Revo- lutionen unſchätzbar, auf ihrer Stirne ſchwebt das Genie der Freiheit. (Zeichen von Beifall unter den Zuhörern.) — Mich klagt man an, mit Mirabeau, mit Dumouriez, mit Orleans konſpirirt, zu den Füßen elender Deſpoten geſeſſen zu haben; mich fordert man auf, vor der unentrinnbaren, unbeugſamen Gerechtigkeit zu antworten! — Du elender St. Juſt wirſt der Nachwelt für dieſe Läſterung verantwortlich ſein! Hermann. Ich fordere Sie auf, mit Ruhe zu ant- worten; gedenken Sie Marat's, er trat mit Ehrfurcht vor ſeine Richter. Danton. Sie haben die Hände an mein ganzes Leben gelegt, ſo mag es ſich denn aufrichten und ihnen entgegen- treten; unter dem Gewicht jeder meiner Handlungen werde ich ſie begraben. — Ich bin nicht ſtolz darauf. Das Schick- ſal führt uns die Arme, aber nur gewaltige Naturen ſind ſeine Organe. — Ich habe auf dem Marsfelde dem König- thum den Krieg erklärt, ich habe es am 10. Auguſt ge- ſchlagen, ich habe es am 21. Januar getödtet und den Königen einen Königskopf als Fehdehandſchuh hingeworfen. (Wiederholte Zeichen von Beifall. — Er nimmt die Anklage-Acte.) — Wenn ich einen Blick auf dieſe Schandſchrift werfe, fühle ich mein ganzes Weſen beben. Wer ſind denn die, welche Danton nöthigen mußten, ſich an jenem denkwürdigen Tage <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div type="act" n="3"> <div type="scene" n="4"> <sp who="#DANTON"> <p><pb facs="#f0262" n="66"/> ich ſo oft für die Freiheit gekämpft habe, iſt die verdienſt-<lb/> vollſte aller Tugenden. — Sie iſt meine Kühnheit, ſie iſt<lb/> es, der ich mich hier zum Beſten der Republik gegen meine<lb/> erbärmlichen Ankläger bediene. Kann ich mich faſſen, wenn<lb/> ich mich auf eine ſo niedrige Art verläumdet ſehe? — Von<lb/> einem Revolutionär, wie ich, darf man keine kalte Verthei-<lb/> digung erwarten. Männer meines Schlages ſind in Revo-<lb/> lutionen unſchätzbar, auf ihrer Stirne ſchwebt das Genie<lb/> der Freiheit. <stage>(Zeichen von Beifall unter den Zuhörern.)</stage> — Mich<lb/> klagt man an, mit Mirabeau, mit Dumouriez, mit Orleans<lb/> konſpirirt, zu den Füßen elender Deſpoten geſeſſen zu haben;<lb/> mich fordert man auf, vor der unentrinnbaren, unbeugſamen<lb/> Gerechtigkeit zu antworten! — Du elender St. Juſt wirſt<lb/> der Nachwelt für dieſe Läſterung verantwortlich ſein!</p> </sp><lb/> <sp who="#HERMANN"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Hermann.</hi> </hi> </speaker> <p>Ich fordere Sie auf, mit Ruhe zu ant-<lb/> worten; gedenken Sie Marat's, er trat mit Ehrfurcht vor<lb/> ſeine Richter.</p> </sp><lb/> <sp who="#DANTON"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Danton.</hi> </hi> </speaker> <p>Sie haben die Hände an mein ganzes Leben<lb/> gelegt, ſo mag es ſich denn aufrichten und ihnen entgegen-<lb/> treten; unter dem Gewicht jeder meiner Handlungen werde<lb/> ich ſie begraben. — Ich bin nicht ſtolz darauf. Das Schick-<lb/> ſal führt uns die Arme, aber nur gewaltige Naturen ſind<lb/> ſeine Organe. — Ich habe auf dem Marsfelde dem König-<lb/> thum den Krieg erklärt, ich habe es am 10. Auguſt ge-<lb/> ſchlagen, ich habe es am 21. Januar getödtet und den<lb/> Königen einen Königskopf als Fehdehandſchuh hingeworfen.<lb/><stage>(Wiederholte Zeichen von Beifall. — Er nimmt die Anklage-Acte.)</stage><lb/> — Wenn ich einen Blick auf dieſe Schandſchrift werfe, fühle<lb/> ich mein ganzes Weſen beben. Wer ſind denn die, welche<lb/> Danton nöthigen mußten, ſich an jenem denkwürdigen Tage<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [66/0262]
ich ſo oft für die Freiheit gekämpft habe, iſt die verdienſt-
vollſte aller Tugenden. — Sie iſt meine Kühnheit, ſie iſt
es, der ich mich hier zum Beſten der Republik gegen meine
erbärmlichen Ankläger bediene. Kann ich mich faſſen, wenn
ich mich auf eine ſo niedrige Art verläumdet ſehe? — Von
einem Revolutionär, wie ich, darf man keine kalte Verthei-
digung erwarten. Männer meines Schlages ſind in Revo-
lutionen unſchätzbar, auf ihrer Stirne ſchwebt das Genie
der Freiheit. (Zeichen von Beifall unter den Zuhörern.) — Mich
klagt man an, mit Mirabeau, mit Dumouriez, mit Orleans
konſpirirt, zu den Füßen elender Deſpoten geſeſſen zu haben;
mich fordert man auf, vor der unentrinnbaren, unbeugſamen
Gerechtigkeit zu antworten! — Du elender St. Juſt wirſt
der Nachwelt für dieſe Läſterung verantwortlich ſein!
Hermann. Ich fordere Sie auf, mit Ruhe zu ant-
worten; gedenken Sie Marat's, er trat mit Ehrfurcht vor
ſeine Richter.
Danton. Sie haben die Hände an mein ganzes Leben
gelegt, ſo mag es ſich denn aufrichten und ihnen entgegen-
treten; unter dem Gewicht jeder meiner Handlungen werde
ich ſie begraben. — Ich bin nicht ſtolz darauf. Das Schick-
ſal führt uns die Arme, aber nur gewaltige Naturen ſind
ſeine Organe. — Ich habe auf dem Marsfelde dem König-
thum den Krieg erklärt, ich habe es am 10. Auguſt ge-
ſchlagen, ich habe es am 21. Januar getödtet und den
Königen einen Königskopf als Fehdehandſchuh hingeworfen.
(Wiederholte Zeichen von Beifall. — Er nimmt die Anklage-Acte.)
— Wenn ich einen Blick auf dieſe Schandſchrift werfe, fühle
ich mein ganzes Weſen beben. Wer ſind denn die, welche
Danton nöthigen mußten, ſich an jenem denkwürdigen Tage
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |