Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.
und sagte: ich erhasche die letzten Zuckungen des Lebens in diesen Bösewichtern. (Danton wird hinausgerufen.) Camille. Was sagst du, Lucile? Lucile. Nichts, ich sehe dich so gern sprechen. Camille. Hörst mich auch? Lucile. Ei freilich. Camille. Habe ich recht? Weißt du auch, was ich gesagt habe? Lucile. Nein, wahrhaftig nicht. (Danton kommt zurück.) Camille. Was hast du? Danton. Der Wohlfahrts-Ausschuß hat meine Ver- haftung beschlossen. Man hat mich gewarnt und mir einen Zufluchtsort angeboten. Sie wollen meinen Kopf; meinet- wegen. Ich bin der Hudeleien überdrüssig. Mögen sie ihn nehmen, was liegt daran? Ich werde mit Muth zu sterben wissen; das ist leichter, als zu leben. Camille. Danton, noch ist es Zeit. Danton. Unmöglich, -- aber ich hätte nicht gedacht -- Camille. Deine Trägheit! Danton. Ich bin nicht träg, aber müde; meine Sohlen brennen mich. Camille. Wo gehst du hin? Danton. Ja, wer das wüßte! Camille. Im Ernst, wohin? Danton. Spazieren, mein Junge, spazieren. (Er geht.) Lucile. Ach, Camille! Camille. Sei ruhig, lieb Kind. Lucile. Wenn ich denke, daß sie dies Haupt! -- -- Mein Camille, das ist Unsinn, gelt, ich bin wahnsinnig? Camille. Sei ruhig, Danton und ich sind nicht Eins.
und ſagte: ich erhaſche die letzten Zuckungen des Lebens in dieſen Böſewichtern. (Danton wird hinausgerufen.) Camille. Was ſagſt du, Lucile? Lucile. Nichts, ich ſehe dich ſo gern ſprechen. Camille. Hörſt mich auch? Lucile. Ei freilich. Camille. Habe ich recht? Weißt du auch, was ich geſagt habe? Lucile. Nein, wahrhaftig nicht. (Danton kommt zurück.) Camille. Was haſt du? Danton. Der Wohlfahrts-Ausſchuß hat meine Ver- haftung beſchloſſen. Man hat mich gewarnt und mir einen Zufluchtsort angeboten. Sie wollen meinen Kopf; meinet- wegen. Ich bin der Hudeleien überdrüſſig. Mögen ſie ihn nehmen, was liegt daran? Ich werde mit Muth zu ſterben wiſſen; das iſt leichter, als zu leben. Camille. Danton, noch iſt es Zeit. Danton. Unmöglich, — aber ich hätte nicht gedacht — Camille. Deine Trägheit! Danton. Ich bin nicht träg, aber müde; meine Sohlen brennen mich. Camille. Wo gehſt du hin? Danton. Ja, wer das wüßte! Camille. Im Ernſt, wohin? Danton. Spazieren, mein Junge, ſpazieren. (Er geht.) Lucile. Ach, Camille! Camille. Sei ruhig, lieb Kind. Lucile. Wenn ich denke, daß ſie dies Haupt! — — Mein Camille, das iſt Unſinn, gelt, ich bin wahnſinnig? Camille. Sei ruhig, Danton und ich ſind nicht Eins. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div type="act" n="3"> <div type="scene" n="4"> <sp who="#DANTON"> <p><pb facs="#f0241" n="45"/> und ſagte: ich erhaſche die letzten Zuckungen des Lebens in<lb/> dieſen Böſewichtern.</p> <stage> <hi rendition="#et">(<hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Danton</hi></hi> wird hinausgerufen.)</hi> </stage> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Camille.</hi> </hi> </speaker> <p>Was ſagſt du, Lucile?</p> </sp><lb/> <sp who="#LUC"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Lucile.</hi> </hi> </speaker> <p>Nichts, ich ſehe dich ſo gern ſprechen.</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Camille.</hi> </hi> </speaker> <p>Hörſt mich auch?</p> </sp><lb/> <sp who="#LUC"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Lucile.</hi> </hi> </speaker> <p>Ei freilich.</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Camille.</hi> </hi> </speaker> <p>Habe ich recht? Weißt du auch, was ich<lb/> geſagt habe?</p> </sp><lb/> <sp who="#LUC"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Lucile.</hi> </hi> </speaker> <p>Nein, wahrhaftig nicht.</p> <stage>(<hi rendition="#fr"><hi rendition="#b">Danton</hi></hi> kommt zurück.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Camille.</hi> </hi> </speaker> <p>Was haſt du?</p> </sp><lb/> <sp who="#DANTON"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Danton.</hi> </hi> </speaker> <p>Der Wohlfahrts-Ausſchuß hat meine Ver-<lb/> haftung beſchloſſen. Man hat mich gewarnt und mir einen<lb/> Zufluchtsort angeboten. Sie wollen meinen Kopf; meinet-<lb/> wegen. Ich bin der Hudeleien überdrüſſig. Mögen ſie ihn<lb/> nehmen, was liegt daran? Ich werde mit Muth zu ſterben<lb/> wiſſen; das iſt leichter, als zu leben.</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Camille.</hi> </hi> </speaker> <p>Danton, noch iſt es Zeit.</p> </sp><lb/> <sp who="#DANTON"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Danton.</hi> </hi> </speaker> <p>Unmöglich, — aber ich hätte nicht gedacht —</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Camille.</hi> </hi> </speaker> <p>Deine Trägheit!</p> </sp><lb/> <sp who="#DANTON"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Danton.</hi> </hi> </speaker> <p>Ich bin nicht träg, aber müde; meine Sohlen<lb/> brennen mich.</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Camille.</hi> </hi> </speaker> <p>Wo gehſt du hin?</p> </sp><lb/> <sp who="#DANTON"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Danton.</hi> </hi> </speaker> <p>Ja, wer das wüßte!</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Camille.</hi> </hi> </speaker> <p>Im Ernſt, wohin?</p> </sp><lb/> <sp who="#DANTON"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Danton.</hi> </hi> </speaker> <p>Spazieren, mein Junge, ſpazieren.</p> <stage>(Er geht.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#LUC"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Lucile.</hi> </hi> </speaker> <p>Ach, Camille!</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Camille.</hi> </hi> </speaker> <p>Sei ruhig, lieb Kind.</p> </sp><lb/> <sp who="#LUC"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Lucile.</hi> </hi> </speaker> <p>Wenn ich denke, daß ſie dies Haupt! — —<lb/> Mein Camille, das iſt Unſinn, gelt, ich bin wahnſinnig?</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Camille.</hi> </hi> </speaker> <p>Sei ruhig, Danton und ich ſind nicht Eins.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [45/0241]
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dieſen Böſewichtern. (Danton wird hinausgerufen.)
Camille. Was ſagſt du, Lucile?
Lucile. Nichts, ich ſehe dich ſo gern ſprechen.
Camille. Hörſt mich auch?
Lucile. Ei freilich.
Camille. Habe ich recht? Weißt du auch, was ich
geſagt habe?
Lucile. Nein, wahrhaftig nicht. (Danton kommt zurück.)
Camille. Was haſt du?
Danton. Der Wohlfahrts-Ausſchuß hat meine Ver-
haftung beſchloſſen. Man hat mich gewarnt und mir einen
Zufluchtsort angeboten. Sie wollen meinen Kopf; meinet-
wegen. Ich bin der Hudeleien überdrüſſig. Mögen ſie ihn
nehmen, was liegt daran? Ich werde mit Muth zu ſterben
wiſſen; das iſt leichter, als zu leben.
Camille. Danton, noch iſt es Zeit.
Danton. Unmöglich, — aber ich hätte nicht gedacht —
Camille. Deine Trägheit!
Danton. Ich bin nicht träg, aber müde; meine Sohlen
brennen mich.
Camille. Wo gehſt du hin?
Danton. Ja, wer das wüßte!
Camille. Im Ernſt, wohin?
Danton. Spazieren, mein Junge, ſpazieren. (Er geht.)
Lucile. Ach, Camille!
Camille. Sei ruhig, lieb Kind.
Lucile. Wenn ich denke, daß ſie dies Haupt! — —
Mein Camille, das iſt Unſinn, gelt, ich bin wahnſinnig?
Camille. Sei ruhig, Danton und ich ſind nicht Eins.
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Zitationshilfe: | Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/241>, abgerufen am 16.02.2025. |