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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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Rosalie. So alt wie mein kleiner Finger.
Soldat. Du bist sehr spitz.
Rosalie. Und du sehr stumpf.
Soldat. So will ich mich an dir wetzen. (Er singt.)
Christinlein, lieb' Christinlein mein,
Thut dir der Schaden weh,
Schaden weh, Schaden weh, Schaden weh?!
Rosalie. (singt):
Ach nein, ihr Herrn Soldaten,
Ich hätt' es gerne meh',
Gerne meh, gerne meh, gerne meh!

Danton und Camille treten auf.
Danton. Geht das nicht lustig? -- Ich wittre was
in der Atmosphäre, es ist, als brüte die Sonne Unzucht aus.

(Gehen vorbei)
Junger Herr. Ach, Madame, der Ton einer Glocke, das
Abendlicht an den Bäumen, das Blinken eines Sternes -- --
Madame. Der Duft einer Blume, die natürlichen
Freuden, dieser reine Genuß der Natur! (Zu ihrer Tochter.)
Sieh, Eugenie -- nur die Tugend hat Augen dafür.
Eugenie. (küßt ihrer Mutter die Hand.) Ach, Mama! Ich
sehe nur Sie.
Madame. Gutes Kind!
Junger Herr (zischelt Eugenien ins Ohr). Sehen Sie
dort die hübsche Dame mit dem alten Herrn?
Eugenie. Ich kenne sie.
Junger Herr. Man sagt, ihr Friseur habe sie a
l'enfant
frisirt.
Eugenie. (lacht). Böse Zunge.
Junger Herr. Der alte Herr geht neben ihr, er sieht
Roſalie. So alt wie mein kleiner Finger.
Soldat. Du biſt ſehr ſpitz.
Roſalie. Und du ſehr ſtumpf.
Soldat. So will ich mich an dir wetzen. (Er ſingt.)
Chriſtinlein, lieb' Chriſtinlein mein,
Thut dir der Schaden weh,
Schaden weh, Schaden weh, Schaden weh?!
Roſalie. (ſingt):
Ach nein, ihr Herrn Soldaten,
Ich hätt' es gerne meh',
Gerne meh, gerne meh, gerne meh!

Danton und Camille treten auf.
Danton. Geht das nicht luſtig? — Ich wittre was
in der Atmoſphäre, es iſt, als brüte die Sonne Unzucht aus.

(Gehen vorbei)
Junger Herr. Ach, Madame, der Ton einer Glocke, das
Abendlicht an den Bäumen, das Blinken eines Sternes — —
Madame. Der Duft einer Blume, die natürlichen
Freuden, dieſer reine Genuß der Natur! (Zu ihrer Tochter.)
Sieh, Eugenie — nur die Tugend hat Augen dafür.
Eugenie. (küßt ihrer Mutter die Hand.) Ach, Mama! Ich
ſehe nur Sie.
Madame. Gutes Kind!
Junger Herr (ziſchelt Eugenien ins Ohr). Sehen Sie
dort die hübſche Dame mit dem alten Herrn?
Eugenie. Ich kenne ſie.
Junger Herr. Man ſagt, ihr Friſeur habe ſie à
l'enfant
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[42/0238] Roſalie. So alt wie mein kleiner Finger. Soldat. Du biſt ſehr ſpitz. Roſalie. Und du ſehr ſtumpf. Soldat. So will ich mich an dir wetzen. (Er ſingt.) Chriſtinlein, lieb' Chriſtinlein mein, Thut dir der Schaden weh, Schaden weh, Schaden weh, Schaden weh?! Roſalie. (ſingt): Ach nein, ihr Herrn Soldaten, Ich hätt' es gerne meh', Gerne meh, gerne meh, gerne meh! Danton und Camille treten auf. Danton. Geht das nicht luſtig? — Ich wittre was in der Atmoſphäre, es iſt, als brüte die Sonne Unzucht aus. (Gehen vorbei) Junger Herr. Ach, Madame, der Ton einer Glocke, das Abendlicht an den Bäumen, das Blinken eines Sternes — — Madame. Der Duft einer Blume, die natürlichen Freuden, dieſer reine Genuß der Natur! (Zu ihrer Tochter.) Sieh, Eugenie — nur die Tugend hat Augen dafür. Eugenie. (küßt ihrer Mutter die Hand.) Ach, Mama! Ich ſehe nur Sie. Madame. Gutes Kind! Junger Herr (ziſchelt Eugenien ins Ohr). Sehen Sie dort die hübſche Dame mit dem alten Herrn? Eugenie. Ich kenne ſie. Junger Herr. Man ſagt, ihr Friſeur habe ſie à l'enfant friſirt. Eugenie. (lacht). Böſe Zunge. Junger Herr. Der alte Herr geht neben ihr, er ſieht

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/238>, abgerufen am 03.05.2024.