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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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des Tages Licht sich verkrochen, empfangen jetzt Form und
Gewand und stehlen sich in das stille Haus des Traumes.
Sie öffnen die Thüren, sie sehen aus den Fenstern, sie werden
halbwegs Fleisch, die Glieder strecken sich im Schlaf, die
Lippen murmeln. -- Und ist nicht unser Wachen ein hellerer
Traum, sind wir nicht Nachtwandler, ist nicht unser Handeln,
wie das im Traum, -- nur deutlicher, bestimmter, durchge-
führter? Wer will uns darum schelten? In einer Stunde
verrichtet der Geist mehr Thaten des Gedankens, als der
träge Organismus unseres Leibes in Jahren nachzuthun ver-
mag. Die Sünde ist im Gedanken. Ob der Gedanke That
wird, ob ihn der Körper nachspielt, das ist Zufall.

(St. Just tritt ein.)
Robespierre. He, wer da im Finstern? He, Licht,
Licht!
St. Just. Kennst du meine Stimme?
Robespierre. Ah, du St. Just!
(Eine Dienerin bringt Licht.)
St. Just. Warst du allein?
Robespierre. Eben ging Danton weg.
St. Just. Ich traf ihn unterwegs im Palais-Royal.
Er machte seine revolutionäre Stirn und sprach in Epigrammen,
er duzte sich mit den Ohnehosen, die Grisetten liefen hinter
seinen Waden drein, und die Leute blieben stehen und
zischelten sich in die Ohren, was er gesagt hatte. Wir werden
den Vortheil des Angriffes verlieren. Willst du noch länger
zaudern? Wir werden ohne dich handeln. Wir sind entschlossen.
Robespierre. Was wollt ihr thun?
St. Just. Wir berufen den Gesetzgebungs-, den Sicher-
heits- und den Wohlfahrts-Ausschuß zu feierlicher Sitzung.

G. Büchner's Werke. 3
des Tages Licht ſich verkrochen, empfangen jetzt Form und
Gewand und ſtehlen ſich in das ſtille Haus des Traumes.
Sie öffnen die Thüren, ſie ſehen aus den Fenſtern, ſie werden
halbwegs Fleiſch, die Glieder ſtrecken ſich im Schlaf, die
Lippen murmeln. — Und iſt nicht unſer Wachen ein hellerer
Traum, ſind wir nicht Nachtwandler, iſt nicht unſer Handeln,
wie das im Traum, — nur deutlicher, beſtimmter, durchge-
führter? Wer will uns darum ſchelten? In einer Stunde
verrichtet der Geiſt mehr Thaten des Gedankens, als der
träge Organismus unſeres Leibes in Jahren nachzuthun ver-
mag. Die Sünde iſt im Gedanken. Ob der Gedanke That
wird, ob ihn der Körper nachſpielt, das iſt Zufall.

(St. Juſt tritt ein.)
Robespierre. He, wer da im Finſtern? He, Licht,
Licht!
St. Juſt. Kennſt du meine Stimme?
Robespierre. Ah, du St. Juſt!
(Eine Dienerin bringt Licht.)
St. Juſt. Warſt du allein?
Robespierre. Eben ging Danton weg.
St. Juſt. Ich traf ihn unterwegs im Palais-Royal.
Er machte ſeine revolutionäre Stirn und ſprach in Epigrammen,
er duzte ſich mit den Ohnehoſen, die Griſetten liefen hinter
ſeinen Waden drein, und die Leute blieben ſtehen und
ziſchelten ſich in die Ohren, was er geſagt hatte. Wir werden
den Vortheil des Angriffes verlieren. Willſt du noch länger
zaudern? Wir werden ohne dich handeln. Wir ſind entſchloſſen.
Robespierre. Was wollt ihr thun?
St. Juſt. Wir berufen den Geſetzgebungs-, den Sicher-
heits- und den Wohlfahrts-Ausſchuß zu feierlicher Sitzung.

G. Büchner's Werke. 3
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[33/0229] des Tages Licht ſich verkrochen, empfangen jetzt Form und Gewand und ſtehlen ſich in das ſtille Haus des Traumes. Sie öffnen die Thüren, ſie ſehen aus den Fenſtern, ſie werden halbwegs Fleiſch, die Glieder ſtrecken ſich im Schlaf, die Lippen murmeln. — Und iſt nicht unſer Wachen ein hellerer Traum, ſind wir nicht Nachtwandler, iſt nicht unſer Handeln, wie das im Traum, — nur deutlicher, beſtimmter, durchge- führter? Wer will uns darum ſchelten? In einer Stunde verrichtet der Geiſt mehr Thaten des Gedankens, als der träge Organismus unſeres Leibes in Jahren nachzuthun ver- mag. Die Sünde iſt im Gedanken. Ob der Gedanke That wird, ob ihn der Körper nachſpielt, das iſt Zufall. (St. Juſt tritt ein.) Robespierre. He, wer da im Finſtern? He, Licht, Licht! St. Juſt. Kennſt du meine Stimme? Robespierre. Ah, du St. Juſt! (Eine Dienerin bringt Licht.) St. Juſt. Warſt du allein? Robespierre. Eben ging Danton weg. St. Juſt. Ich traf ihn unterwegs im Palais-Royal. Er machte ſeine revolutionäre Stirn und ſprach in Epigrammen, er duzte ſich mit den Ohnehoſen, die Griſetten liefen hinter ſeinen Waden drein, und die Leute blieben ſtehen und ziſchelten ſich in die Ohren, was er geſagt hatte. Wir werden den Vortheil des Angriffes verlieren. Willſt du noch länger zaudern? Wir werden ohne dich handeln. Wir ſind entſchloſſen. Robespierre. Was wollt ihr thun? St. Juſt. Wir berufen den Geſetzgebungs-, den Sicher- heits- und den Wohlfahrts-Ausſchuß zu feierlicher Sitzung. G. Büchner's Werke. 3

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/229>, abgerufen am 22.11.2024.