Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

noch ein zweites Drama vollendet haben, das nicht mehr
vorhanden ist; wenigstens schreibt er im September 1836,
nachdem er von zwei fertigen Dramen schon in früheren
Briefen gesprochen: "Ich habe meine zwei Dramen noch
nicht aus den Händen gegeben, ich bin noch mit Manchem
unzufrieden und will nicht, daß es mir geht, wie das erste
Mal. Das sind Arbeiten, mit denen man nicht zu einer
bestimmten Zeit fertig werden kann, wie der Schneider mit
seinem Kleid." (Man vergl. S. 368 u. 369).

Unterdessen war die Abhandlung über das Nervensystem
der Fische nach Zürich geschickt, und auf Grund derselben
das Doctordiplom der philosophischen Fakultät
sogleich an Büchner ausgefertigt worden. Zugleich wurde er
eingeladen, eine Probevorlesung in Zürich zu halten, um,
wenn diese gefiele, das Recht des Docirens zu erhalten.

Am 18. October 1836 reiste Büchner nach Zürich,
vorbereitet auf zwei Lehrcurse, einen über vergleichende Ana-
tomie, den anderen über Philosophie. Dem letzteren gab
seine eigne Neigung den Vorzug; doch da Professor Bobrik
bereits philosophische Vorlesungen angekündigt hatte, so sparte
er, um Collisionen zu vermeiden, diesen Plan für das fol-
gende Sommersemester auf und entschloß sich zur vergleichen-
den Anatomie. Büchner's Probevorlesung, aus deren Ein-
gang wir einen kurzen Abriß auf Seite 291 ff. gegeben haben,
wurde vor einem sehr zahlreichen Publikum gehalten und erntete
den allgemeinsten Beifall. Der berühmte Oken, Professor in
Zürich, war entzückt davon, und sowohl er, als Arnold,
Professor der Anatomie, wurden sehr für Büchner eingenom-
men, nachdem sie bereits früher das günstigste Urtheil über
die Abhandlung gefällt hatten. Arnold stellte ihm seine

noch ein zweites Drama vollendet haben, das nicht mehr
vorhanden iſt; wenigſtens ſchreibt er im September 1836,
nachdem er von zwei fertigen Dramen ſchon in früheren
Briefen geſprochen: "Ich habe meine zwei Dramen noch
nicht aus den Händen gegeben, ich bin noch mit Manchem
unzufrieden und will nicht, daß es mir geht, wie das erſte
Mal. Das ſind Arbeiten, mit denen man nicht zu einer
beſtimmten Zeit fertig werden kann, wie der Schneider mit
ſeinem Kleid." (Man vergl. S. 368 u. 369).

Unterdeſſen war die Abhandlung über das Nervenſyſtem
der Fiſche nach Zürich geſchickt, und auf Grund derſelben
das Doctordiplom der philoſophiſchen Fakultät
ſogleich an Büchner ausgefertigt worden. Zugleich wurde er
eingeladen, eine Probevorleſung in Zürich zu halten, um,
wenn dieſe gefiele, das Recht des Docirens zu erhalten.

Am 18. October 1836 reiſte Büchner nach Zürich,
vorbereitet auf zwei Lehrcurſe, einen über vergleichende Ana-
tomie, den anderen über Philoſophie. Dem letzteren gab
ſeine eigne Neigung den Vorzug; doch da Profeſſor Bobrik
bereits philoſophiſche Vorleſungen angekündigt hatte, ſo ſparte
er, um Colliſionen zu vermeiden, dieſen Plan für das fol-
gende Sommerſemeſter auf und entſchloß ſich zur vergleichen-
den Anatomie. Büchner's Probevorleſung, aus deren Ein-
gang wir einen kurzen Abriß auf Seite 291 ff. gegeben haben,
wurde vor einem ſehr zahlreichen Publikum gehalten und erntete
den allgemeinſten Beifall. Der berühmte Oken, Profeſſor in
Zürich, war entzückt davon, und ſowohl er, als Arnold,
Profeſſor der Anatomie, wurden ſehr für Büchner eingenom-
men, nachdem ſie bereits früher das günſtigſte Urtheil über
die Abhandlung gefällt hatten. Arnold ſtellte ihm ſeine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0189" n="CLXXIII"/>
noch ein zweites Drama vollendet haben, das nicht mehr<lb/>
vorhanden i&#x017F;t; wenig&#x017F;tens &#x017F;chreibt er im September 1836,<lb/>
nachdem er von zwei fertigen Dramen &#x017F;chon in früheren<lb/>
Briefen ge&#x017F;prochen: "Ich habe <hi rendition="#g">meine zwei Dramen</hi> noch<lb/>
nicht aus den Händen gegeben, ich bin noch mit Manchem<lb/>
unzufrieden und will nicht, daß es mir geht, wie das er&#x017F;te<lb/>
Mal. Das &#x017F;ind Arbeiten, mit denen man nicht zu einer<lb/>
be&#x017F;timmten Zeit fertig werden kann, wie der Schneider mit<lb/>
&#x017F;einem Kleid." (Man vergl. S. 368 u. 369).</p><lb/>
        <p>Unterde&#x017F;&#x017F;en war die Abhandlung über das Nerven&#x017F;y&#x017F;tem<lb/>
der Fi&#x017F;che nach <hi rendition="#g">Zürich</hi> ge&#x017F;chickt, und auf Grund der&#x017F;elben<lb/>
das <hi rendition="#g">Doctordiplom der philo&#x017F;ophi&#x017F;chen Fakultät</hi><lb/>
&#x017F;ogleich an Büchner ausgefertigt worden. Zugleich wurde er<lb/>
eingeladen, eine Probevorle&#x017F;ung in Zürich zu halten, um,<lb/>
wenn die&#x017F;e gefiele, das Recht des Docirens zu erhalten.</p><lb/>
        <p>Am 18. October 1836 rei&#x017F;te Büchner nach Zürich,<lb/>
vorbereitet auf zwei Lehrcur&#x017F;e, einen über vergleichende Ana-<lb/>
tomie, den anderen über Philo&#x017F;ophie. Dem letzteren gab<lb/>
&#x017F;eine eigne Neigung den Vorzug; doch da Profe&#x017F;&#x017F;or <hi rendition="#g">Bobrik</hi><lb/>
bereits philo&#x017F;ophi&#x017F;che Vorle&#x017F;ungen angekündigt hatte, &#x017F;o &#x017F;parte<lb/>
er, um Colli&#x017F;ionen zu vermeiden, die&#x017F;en Plan für das fol-<lb/>
gende Sommer&#x017F;eme&#x017F;ter auf und ent&#x017F;chloß &#x017F;ich zur vergleichen-<lb/>
den Anatomie. Büchner's Probevorle&#x017F;ung, aus deren Ein-<lb/>
gang wir einen kurzen Abriß auf Seite 291 ff. gegeben haben,<lb/>
wurde vor einem &#x017F;ehr zahlreichen Publikum gehalten und erntete<lb/>
den allgemein&#x017F;ten Beifall. Der berühmte <hi rendition="#g">Oken</hi>, Profe&#x017F;&#x017F;or in<lb/>
Zürich, war entzückt davon, und &#x017F;owohl er, als <hi rendition="#g">Arnold</hi>,<lb/>
Profe&#x017F;&#x017F;or der Anatomie, wurden &#x017F;ehr für Büchner eingenom-<lb/>
men, nachdem &#x017F;ie bereits früher das gün&#x017F;tig&#x017F;te Urtheil über<lb/>
die Abhandlung gefällt hatten. Arnold &#x017F;tellte ihm &#x017F;eine<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[CLXXIII/0189] noch ein zweites Drama vollendet haben, das nicht mehr vorhanden iſt; wenigſtens ſchreibt er im September 1836, nachdem er von zwei fertigen Dramen ſchon in früheren Briefen geſprochen: "Ich habe meine zwei Dramen noch nicht aus den Händen gegeben, ich bin noch mit Manchem unzufrieden und will nicht, daß es mir geht, wie das erſte Mal. Das ſind Arbeiten, mit denen man nicht zu einer beſtimmten Zeit fertig werden kann, wie der Schneider mit ſeinem Kleid." (Man vergl. S. 368 u. 369). Unterdeſſen war die Abhandlung über das Nervenſyſtem der Fiſche nach Zürich geſchickt, und auf Grund derſelben das Doctordiplom der philoſophiſchen Fakultät ſogleich an Büchner ausgefertigt worden. Zugleich wurde er eingeladen, eine Probevorleſung in Zürich zu halten, um, wenn dieſe gefiele, das Recht des Docirens zu erhalten. Am 18. October 1836 reiſte Büchner nach Zürich, vorbereitet auf zwei Lehrcurſe, einen über vergleichende Ana- tomie, den anderen über Philoſophie. Dem letzteren gab ſeine eigne Neigung den Vorzug; doch da Profeſſor Bobrik bereits philoſophiſche Vorleſungen angekündigt hatte, ſo ſparte er, um Colliſionen zu vermeiden, dieſen Plan für das fol- gende Sommerſemeſter auf und entſchloß ſich zur vergleichen- den Anatomie. Büchner's Probevorleſung, aus deren Ein- gang wir einen kurzen Abriß auf Seite 291 ff. gegeben haben, wurde vor einem ſehr zahlreichen Publikum gehalten und erntete den allgemeinſten Beifall. Der berühmte Oken, Profeſſor in Zürich, war entzückt davon, und ſowohl er, als Arnold, Profeſſor der Anatomie, wurden ſehr für Büchner eingenom- men, nachdem ſie bereits früher das günſtigſte Urtheil über die Abhandlung gefällt hatten. Arnold ſtellte ihm ſeine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/189
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. CLXXIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/189>, abgerufen am 07.05.2024.