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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855.

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Aus den allenfallsigen Consequenzen, welche unverständige
Leute aus einem an sich richtigen oder bewiesenen
Principe schöpfen zu dürfen glauben -- auf die Un-
wahrheit dieses Princips selbst zu schließen, ist eine in
der That allzu sehr verbrauchte und verkehrte Manier.
"Wenn Herr Wagner", sagt Reklam, (Deutsch. Mus.)
dieses Princip als oberste Richtschnur gelten lassen will,
so müssen die Streichzündhölzchen verboten werden, denn
es kann eine Feuersbrunst entstehen -- gegen die Loco-
motiven müssen Steckbriefe erlassen werden, denn es sind
bereits Menschen überfahren worden -- und die Häuser
dürfen keine Stockwerke erhalten, damit Niemand aus
den Fenstern fallen kann." --

Daß aber durch die materialistische Weltanschauung alle
großen und ernsten Gedanken zu eitlen Träumen werden,
daß Zukunft und sittliche Basis verloren gehen sollen --
ist eine so gänzlich willkührliche und übereilte Behaup-
tung, daß sie auf eine ernstliche Widerlegung nicht An-
spruch machen darf. Zu allen Zeiten haben große Philo-
sophen solchen Anschauungen gehuldigt und sind deßwegen
weder Narren, noch Räuber oder Mörder oder Ver-
zweifelnde geworden. Heute bekennen sich unsere fleißig-
sten Arbeiter, unsere unermüdlichsten Forscher im Gebiete
der Naturwissenschaften zu materialistischen Ansichten, aber
man hat niemals gehört, daß sie den Wagner'schen
Voraussetzungen entsprochen hätten. Das Streben nach

Aus den allenfallſigen Conſequenzen, welche unverſtändige
Leute aus einem an ſich richtigen oder bewieſenen
Principe ſchöpfen zu dürfen glauben — auf die Un-
wahrheit dieſes Princips ſelbſt zu ſchließen, iſt eine in
der That allzu ſehr verbrauchte und verkehrte Manier.
„Wenn Herr Wagner‟, ſagt Reklam, (Deutſch. Muſ.)
dieſes Princip als oberſte Richtſchnur gelten laſſen will,
ſo müſſen die Streichzündhölzchen verboten werden, denn
es kann eine Feuersbrunſt entſtehen — gegen die Loco-
motiven müſſen Steckbriefe erlaſſen werden, denn es ſind
bereits Menſchen überfahren worden — und die Häuſer
dürfen keine Stockwerke erhalten, damit Niemand aus
den Fenſtern fallen kann.‟ —

Daß aber durch die materialiſtiſche Weltanſchauung alle
großen und ernſten Gedanken zu eitlen Träumen werden,
daß Zukunft und ſittliche Baſis verloren gehen ſollen —
iſt eine ſo gänzlich willkührliche und übereilte Behaup-
tung, daß ſie auf eine ernſtliche Widerlegung nicht An-
ſpruch machen darf. Zu allen Zeiten haben große Philo-
ſophen ſolchen Anſchauungen gehuldigt und ſind deßwegen
weder Narren, noch Räuber oder Mörder oder Ver-
zweifelnde geworden. Heute bekennen ſich unſere fleißig-
ſten Arbeiter, unſere unermüdlichſten Forſcher im Gebiete
der Naturwiſſenſchaften zu materialiſtiſchen Anſichten, aber
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[265/0285] Aus den allenfallſigen Conſequenzen, welche unverſtändige Leute aus einem an ſich richtigen oder bewieſenen Principe ſchöpfen zu dürfen glauben — auf die Un- wahrheit dieſes Princips ſelbſt zu ſchließen, iſt eine in der That allzu ſehr verbrauchte und verkehrte Manier. „Wenn Herr Wagner‟, ſagt Reklam, (Deutſch. Muſ.) dieſes Princip als oberſte Richtſchnur gelten laſſen will, ſo müſſen die Streichzündhölzchen verboten werden, denn es kann eine Feuersbrunſt entſtehen — gegen die Loco- motiven müſſen Steckbriefe erlaſſen werden, denn es ſind bereits Menſchen überfahren worden — und die Häuſer dürfen keine Stockwerke erhalten, damit Niemand aus den Fenſtern fallen kann.‟ — Daß aber durch die materialiſtiſche Weltanſchauung alle großen und ernſten Gedanken zu eitlen Träumen werden, daß Zukunft und ſittliche Baſis verloren gehen ſollen — iſt eine ſo gänzlich willkührliche und übereilte Behaup- tung, daß ſie auf eine ernſtliche Widerlegung nicht An- ſpruch machen darf. Zu allen Zeiten haben große Philo- ſophen ſolchen Anſchauungen gehuldigt und ſind deßwegen weder Narren, noch Räuber oder Mörder oder Ver- zweifelnde geworden. Heute bekennen ſich unſere fleißig- ſten Arbeiter, unſere unermüdlichſten Forſcher im Gebiete der Naturwiſſenſchaften zu materialiſtiſchen Anſichten, aber man hat niemals gehört, daß ſie den Wagner’ſchen Vorausſetzungen entſprochen hätten. Das Streben nach

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Zitationshilfe: Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/285>, abgerufen am 24.11.2024.