schaftliche Verhältnis zwischen Grundherren und Grund- hörigen, so sehr es unter dem allgemeinen Gesichtspunkte von Leistung und Gegenleistung steht, entzieht sich doch vollständig den ökonomischen Kategorien, die aus der Tausch- wirtschaft hervorgegangen sind. In dieser Wirtschaft gibt es keinen Preis, keinen Arbeitslohn, keinen Pacht- oder Mietzins, keinen Kapitalprofit und demgemäß keine Unter- nehmer und keine Lohnarbeiter. Es sind wirtschaftliche Vorgänge und Erscheinungen eigener Art, denen die histo- rische Nationalökonomie nicht Gewalt anthun darf, nachdem sie so oft beklagt hat, daß sie seiner Zeit von der Juris- prudenz vergewaltigt worden sind.
In den Händen des Grundherrn sammeln sich die Ueberschüsse der Fronhofswirtschaft. Es sind durchweg Verbrauchsgüter, welche sich nicht lange aufspeichern, nicht kapitalisieren lassen. Dieselben werden auf den königlichen Krongütern in der Regel so für die Bedürfnisse des Hof- haltes verwendet, daß der König, mit seinem Gefolge von Palatium zu Palatium ziehend, sie direkt in Anspruch nimmt; die großen Grundherrschaften der kirchlichen Kor- porationen und des hohen Adels lassen dieselben durch einen organisierten Transportdienst der Hörigen nach ihren Zentralsitzen befördern, wo sie in der Regel ebenfalls in den Konsum übergehen.
Wir haben also in dieser Wirtschaft doch mancherlei Verkehrserscheinungen: Maß und Gewicht, Personen-, Nach- richten- und Gütertransport, Herbergswesen, Uebertragung
ſchaftliche Verhältnis zwiſchen Grundherren und Grund- hörigen, ſo ſehr es unter dem allgemeinen Geſichtspunkte von Leiſtung und Gegenleiſtung ſteht, entzieht ſich doch vollſtändig den ökonomiſchen Kategorien, die aus der Tauſch- wirtſchaft hervorgegangen ſind. In dieſer Wirtſchaft gibt es keinen Preis, keinen Arbeitslohn, keinen Pacht- oder Mietzins, keinen Kapitalprofit und demgemäß keine Unter- nehmer und keine Lohnarbeiter. Es ſind wirtſchaftliche Vorgänge und Erſcheinungen eigener Art, denen die hiſto- riſche Nationalökonomie nicht Gewalt anthun darf, nachdem ſie ſo oft beklagt hat, daß ſie ſeiner Zeit von der Juris- prudenz vergewaltigt worden ſind.
In den Händen des Grundherrn ſammeln ſich die Ueberſchüſſe der Fronhofswirtſchaft. Es ſind durchweg Verbrauchsgüter, welche ſich nicht lange aufſpeichern, nicht kapitaliſieren laſſen. Dieſelben werden auf den königlichen Krongütern in der Regel ſo für die Bedürfniſſe des Hof- haltes verwendet, daß der König, mit ſeinem Gefolge von Palatium zu Palatium ziehend, ſie direkt in Anſpruch nimmt; die großen Grundherrſchaften der kirchlichen Kor- porationen und des hohen Adels laſſen dieſelben durch einen organiſierten Transportdienſt der Hörigen nach ihren Zentralſitzen befördern, wo ſie in der Regel ebenfalls in den Konſum übergehen.
Wir haben alſo in dieſer Wirtſchaft doch mancherlei Verkehrserſcheinungen: Maß und Gewicht, Perſonen-, Nach- richten- und Gütertransport, Herbergsweſen, Uebertragung
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ſchaftliche Verhältnis zwiſchen Grundherren und Grund-
hörigen, ſo ſehr es unter dem allgemeinen Geſichtspunkte
von Leiſtung und Gegenleiſtung ſteht, entzieht ſich doch
vollſtändig den ökonomiſchen Kategorien, die aus der Tauſch-
wirtſchaft hervorgegangen ſind. In dieſer Wirtſchaft gibt
es keinen Preis, keinen Arbeitslohn, keinen Pacht- oder
Mietzins, keinen Kapitalprofit und demgemäß keine Unter-
nehmer und keine Lohnarbeiter. Es ſind wirtſchaftliche
Vorgänge und Erſcheinungen eigener Art, denen die hiſto-
riſche Nationalökonomie nicht Gewalt anthun darf, nachdem
ſie ſo oft beklagt hat, daß ſie ſeiner Zeit von der Juris-
prudenz vergewaltigt worden ſind.
In den Händen des Grundherrn ſammeln ſich die
Ueberſchüſſe der Fronhofswirtſchaft. Es ſind durchweg
Verbrauchsgüter, welche ſich nicht lange aufſpeichern, nicht
kapitaliſieren laſſen. Dieſelben werden auf den königlichen
Krongütern in der Regel ſo für die Bedürfniſſe des Hof-
haltes verwendet, daß der König, mit ſeinem Gefolge von
Palatium zu Palatium ziehend, ſie direkt in Anſpruch
nimmt; die großen Grundherrſchaften der kirchlichen Kor-
porationen und des hohen Adels laſſen dieſelben durch
einen organiſierten Transportdienſt der Hörigen nach ihren
Zentralſitzen befördern, wo ſie in der Regel ebenfalls in
den Konſum übergehen.
Wir haben alſo in dieſer Wirtſchaft doch mancherlei
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Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/48>, abgerufen am 21.11.2024.
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