der Natur so häufig vollzieht: auf demselben Boden, wo eine höher organisierte Pflanze oder ein Tier nicht mehr Nahrungsspielraum genug findet, siedeln sich andere, ge- nügsamere an und finden fröhliches Gedeihen. Ja die An- siedlung dieser ist nicht selten gerade die Ursache, weshalb jene verschwinden und sich auf günstigere Standorte zu- rückziehen.
Dieser Vorgang muß aber in der Sozialwelt nicht gerade ein Verdrängungsprozeß sein, nicht eine Folge von schwächerer Ausrüstung der heimischen und Ueberlegenheit der fremden Elemente.
Der umgekehrte Fall wird vielleicht ebenso häufig vor- kommen und ist wahrscheinlich in den angeführten Beispielen der gewöhnliche. Bei der unendlichen Differenzierung der Arbeitskräfte in der modernen Volkswirtschaft finden manch- mal gerade die qualifizierten Arbeiter da am schwersten eine entsprechende Verwendung und Vergütung ihrer Lei- stungen, wo sie entstanden und ausgebildet worden sind, weil auch hier die Konkurrenz am größten ist. Sie wandern aus und suchen günstigere Erwerbsbedingungen, bessere Konkurrenzverhältnisse, während gleichzeitig an ihrem Aus- gangspunkte die minder qualifizierte Arbeitskraft gesucht sein kann und durch äußeren Zuzug beschafft werden muß. Diese letztere kann aber in ihrer eigenen Heimat selbst wieder das stärkere, besser ausgerüstete Element ausmachen; sie kann hier ebenfalls des Spielraumes zur nutzbringenden Verwertung ihrer Kräfte entbehren; sie kann aber auch
der Natur ſo häufig vollzieht: auf demſelben Boden, wo eine höher organiſierte Pflanze oder ein Tier nicht mehr Nahrungsſpielraum genug findet, ſiedeln ſich andere, ge- nügſamere an und finden fröhliches Gedeihen. Ja die An- ſiedlung dieſer iſt nicht ſelten gerade die Urſache, weshalb jene verſchwinden und ſich auf günſtigere Standorte zu- rückziehen.
Dieſer Vorgang muß aber in der Sozialwelt nicht gerade ein Verdrängungsprozeß ſein, nicht eine Folge von ſchwächerer Ausrüſtung der heimiſchen und Ueberlegenheit der fremden Elemente.
Der umgekehrte Fall wird vielleicht ebenſo häufig vor- kommen und iſt wahrſcheinlich in den angeführten Beiſpielen der gewöhnliche. Bei der unendlichen Differenzierung der Arbeitskräfte in der modernen Volkswirtſchaft finden manch- mal gerade die qualifizierten Arbeiter da am ſchwerſten eine entſprechende Verwendung und Vergütung ihrer Lei- ſtungen, wo ſie entſtanden und ausgebildet worden ſind, weil auch hier die Konkurrenz am größten iſt. Sie wandern aus und ſuchen günſtigere Erwerbsbedingungen, beſſere Konkurrenzverhältniſſe, während gleichzeitig an ihrem Aus- gangspunkte die minder qualifizierte Arbeitskraft geſucht ſein kann und durch äußeren Zuzug beſchafft werden muß. Dieſe letztere kann aber in ihrer eigenen Heimat ſelbſt wieder das ſtärkere, beſſer ausgerüſtete Element ausmachen; ſie kann hier ebenfalls des Spielraumes zur nutzbringenden Verwertung ihrer Kräfte entbehren; ſie kann aber auch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0300"n="278"/>
der Natur ſo häufig vollzieht: auf demſelben Boden, wo<lb/>
eine höher organiſierte Pflanze oder ein Tier nicht mehr<lb/>
Nahrungsſpielraum genug findet, ſiedeln ſich andere, ge-<lb/>
nügſamere an und finden fröhliches Gedeihen. Ja die An-<lb/>ſiedlung dieſer iſt nicht ſelten gerade die Urſache, weshalb<lb/>
jene verſchwinden und ſich auf günſtigere Standorte zu-<lb/>
rückziehen.</p><lb/><p>Dieſer Vorgang muß aber in der Sozialwelt nicht<lb/>
gerade ein Verdrängungsprozeß ſein, nicht eine Folge von<lb/>ſchwächerer Ausrüſtung der heimiſchen und Ueberlegenheit<lb/>
der fremden Elemente.</p><lb/><p>Der umgekehrte Fall wird vielleicht ebenſo häufig vor-<lb/>
kommen und iſt wahrſcheinlich in den angeführten Beiſpielen<lb/>
der gewöhnliche. Bei der unendlichen Differenzierung der<lb/>
Arbeitskräfte in der modernen Volkswirtſchaft finden manch-<lb/>
mal gerade die qualifizierten Arbeiter da am ſchwerſten<lb/>
eine entſprechende Verwendung und Vergütung ihrer Lei-<lb/>ſtungen, wo ſie entſtanden und ausgebildet worden ſind,<lb/>
weil auch hier die Konkurrenz am größten iſt. Sie wandern<lb/>
aus und ſuchen günſtigere Erwerbsbedingungen, beſſere<lb/>
Konkurrenzverhältniſſe, während gleichzeitig an ihrem Aus-<lb/>
gangspunkte die minder qualifizierte Arbeitskraft geſucht<lb/>ſein kann und durch äußeren Zuzug beſchafft werden muß.<lb/>
Dieſe letztere kann aber in ihrer eigenen Heimat ſelbſt<lb/>
wieder das ſtärkere, beſſer ausgerüſtete Element ausmachen;<lb/>ſie kann hier ebenfalls des Spielraumes zur nutzbringenden<lb/>
Verwertung ihrer Kräfte entbehren; ſie kann aber auch<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[278/0300]
der Natur ſo häufig vollzieht: auf demſelben Boden, wo
eine höher organiſierte Pflanze oder ein Tier nicht mehr
Nahrungsſpielraum genug findet, ſiedeln ſich andere, ge-
nügſamere an und finden fröhliches Gedeihen. Ja die An-
ſiedlung dieſer iſt nicht ſelten gerade die Urſache, weshalb
jene verſchwinden und ſich auf günſtigere Standorte zu-
rückziehen.
Dieſer Vorgang muß aber in der Sozialwelt nicht
gerade ein Verdrängungsprozeß ſein, nicht eine Folge von
ſchwächerer Ausrüſtung der heimiſchen und Ueberlegenheit
der fremden Elemente.
Der umgekehrte Fall wird vielleicht ebenſo häufig vor-
kommen und iſt wahrſcheinlich in den angeführten Beiſpielen
der gewöhnliche. Bei der unendlichen Differenzierung der
Arbeitskräfte in der modernen Volkswirtſchaft finden manch-
mal gerade die qualifizierten Arbeiter da am ſchwerſten
eine entſprechende Verwendung und Vergütung ihrer Lei-
ſtungen, wo ſie entſtanden und ausgebildet worden ſind,
weil auch hier die Konkurrenz am größten iſt. Sie wandern
aus und ſuchen günſtigere Erwerbsbedingungen, beſſere
Konkurrenzverhältniſſe, während gleichzeitig an ihrem Aus-
gangspunkte die minder qualifizierte Arbeitskraft geſucht
ſein kann und durch äußeren Zuzug beſchafft werden muß.
Dieſe letztere kann aber in ihrer eigenen Heimat ſelbſt
wieder das ſtärkere, beſſer ausgerüſtete Element ausmachen;
ſie kann hier ebenfalls des Spielraumes zur nutzbringenden
Verwertung ihrer Kräfte entbehren; ſie kann aber auch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bücher, Karl: Die Entstehung der Volkswirtschaft. Sechs Vorträge. Tübingen, 1893, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buecher_volkswirtschaft_1893/300>, abgerufen am 22.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.