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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
er reisete oder ruhete/ wahr er stets schwermühtig und mit tieffen Gedanken beladen/ daß
ihm nicht allein die lebhafte Farbe/ sondern auch das Fleisch entging/ dessen niemand fleis-
siger als sein Feldmarschalk Leches/ und Groß Fürstin Valiska wahrnahmen; und diese
zwar merkete aus allen umbständen/ daß er mit heimlicher Liebe angefochten ward; daher
sie sich/ inbetrachtung seiner ehmahligen Neigungen einer ungebührlichen Lust bey ihm
ihretwegen befahrete/ welche ihm zubenehmen/ sie schon auff allerhand Mittel bedacht
wahr; dann sie zweifelte nicht/ sein Gemüht könte durch angezeigete wichtige Ursachen/
von dem Irwege zur Tugend wiedergebracht werden; weil er sich aber durchaus nichts
gegen sie vernehmen ließ/ argwohnete sie daneben/ ob er irgend an Libussen sich vergaffet
hätte/ dann er suchete oft Gelegenheit/ mit ihr allein zureden/ dabey er viel und mancherley
Verenderung sehen ließ. In diesen ungewissen Gedanken verblieb sie biß an den dritten
Tag nach ihrem Auffbruch/ da Leches ihr zuverstehen gab/ er hätte ihn des vorigen tages
in seinem Zelte auff den Knien sitzen/ und ein kleines Brustbildichen in beyden Händen als
einen Spiegel halten sehen/ welches er bald geküsset/ bald mit Tränen befeuchtet/ bald als
eine Göttin angebehtet; und da er nit irrete/ währe es des Durchl. Fräulein aus Teusch-
land/ Frl. Klaren Bildnis/ welches seine Libussa verlohren/ und er etwa müste gefunden
haben. Die Groß Fürstin schlug vor freuden in die Hände/ und antwortete ihm: O wie
tuht ihr so wol/ daß ihr mir solches offenbahret; dann ich habe mir in Warheit sehr ge-
fährliche Gedanken wegen dieses Fürsten Traurigkeit gemacht/ daß ich selber schwermüh-
tig drüber worden bin; ich bitte aber/ ihr wollet dieses alles in höchster geheim halten/ und
keinem einigen Menschen offenbahren/ auch gegen Arbianes selbst euch nichts merken las-
sen. Ließ ihn von sich/ foderte ein Pferd/ und ritte hin nach ihrem Herkules/ dem sie mit freu-
den entdeckete/ sie hätte Arbianes anliegen erfahren; erzählete ihm alles/ und fragete/ ob
er nicht meinete/ daß ihm in dieser Liebe könte geholffen werden; zum wenigsten müste man
ihm völlige Hoffnung machen/ daß der unlust Brunnen bey ihm gedämpfet würde/ und er
sich nicht selbst durch grämnis verzehrete. Herkules gab seine Antwort; wann es in seiner
Macht stünde/ wolte er ihm seine Frl. Schwester nicht versagen; weil er aber weder seiner
Eltern noch Schwester Meynung wüste/ ob sie in so weit abgelegene Heyraht einwilligen
würden/ könte er nichts beständiges rahten. Zwar ihm gute Hoffnung zu machen hielte er
vor nöhtig/ doch daß man gleichwol nichts mehr verspräche/ als man halten könte/ und
der junge Fürst samt seinen Eltern nicht Ursach hätte/ sich dessen hernähst zubeschweren.
Mein Schaz/ sagte sie/ ich wil schon wissen die Mittelbahn zutreffen/ gelebe auch der Hof-
nung/ die Heyraht mit Gottes hülffe zu schliessen/ da er sonst mit uns nach Teutschland zu-
zihen Herzens gnug hat/ welches ich ihm doch nicht anbieten werde/ sondern seiner frey-
willigen Erklärung erwarten; kehrete wiederumb nach ihrer Gutsche/ und foderte Libus-
sen zu sich/ fragete nach der Fräulein Art und Sinnen/ und befand aus allen umbständen/
daß sie sitsam/ ohn falsch/ und wol zubereden währe/ offenbahrete ihr hernach ihr Vorha-
ben/ und ließ sie wieder von sich. Und als Arbianes bald darauff vor ihrer Gutsche her rit-
te/ baht sie ihn/ sich zu ihr zusetzen/ da sie ihn also anredete: Fürst Arbianes/ in ehren hochge-
liebter Herr Bruder; wie ich anfangs in euer Liebe Kundschaft gerahten bin/ habe ich viel
eine frölichere Weise bey ihm gemerket/ als er jetzund spüren lässet; ja wann dazumahl mein

Herz

Fuͤnftes Buch.
er reiſete oder ruhete/ wahr er ſtets ſchwermuͤhtig und mit tieffen Gedanken beladen/ daß
ihm nicht allein die lebhafte Farbe/ ſondern auch das Fleiſch entging/ deſſen niemand fleiſ-
ſiger als ſein Feldmarſchalk Leches/ und Groß Fuͤrſtin Valiſka wahrnahmen; und dieſe
zwar merkete aus allen umbſtaͤnden/ daß er mit heimlicher Liebe angefochten ward; daher
ſie ſich/ inbetrachtung ſeiner ehmahligen Neigungen einer ungebuͤhrlichen Luſt bey ihm
ihretwegen befahrete/ welche ihm zubenehmen/ ſie ſchon auff allerhand Mittel bedacht
wahr; dann ſie zweifelte nicht/ ſein Gemuͤht koͤnte durch angezeigete wichtige Urſachen/
von dem Irwege zur Tugend wiedergebracht werden; weil er ſich aber durchaus nichts
gegen ſie vernehmen ließ/ argwohnete ſie daneben/ ob er irgend an Libuſſen ſich vergaffet
haͤtte/ dann er ſuchete oft Gelegenheit/ mit ihr allein zureden/ dabey er viel und mancherley
Verenderung ſehen ließ. In dieſen ungewiſſen Gedanken verblieb ſie biß an den dritten
Tag nach ihrem Auffbruch/ da Leches ihr zuverſtehen gab/ er haͤtte ihn des vorigen tages
in ſeinem Zelte auff den Knien ſitzen/ und ein kleines Bruſtbildichen in beyden Haͤnden als
einen Spiegel halten ſehen/ welches er bald gekuͤſſet/ bald mit Traͤnen befeuchtet/ bald als
eine Goͤttin angebehtet; und da er nit irrete/ waͤhre es des Durchl. Fraͤulein aus Teuſch-
land/ Frl. Klaren Bildnis/ welches ſeine Libuſſa verlohren/ und er etwa muͤſte gefunden
haben. Die Groß Fuͤrſtin ſchlug vor freuden in die Haͤnde/ und antwortete ihm: O wie
tuht ihr ſo wol/ daß ihr mir ſolches offenbahret; dann ich habe mir in Warheit ſehr ge-
faͤhrliche Gedanken wegen dieſes Fuͤrſten Traurigkeit gemacht/ daß ich ſelber ſchwermuͤh-
tig druͤber worden bin; ich bitte aber/ ihr wollet dieſes alles in hoͤchſter geheim halten/ und
keinem einigen Menſchen offenbahren/ auch gegen Arbianes ſelbſt euch nichts merken laſ-
ſen. Ließ ihn von ſich/ foderte ein Pferd/ uñ ritte hin nach ihrem Herkules/ dem ſie mit freu-
den entdeckete/ ſie haͤtte Arbianes anliegen erfahren; erzaͤhlete ihm alles/ und fragete/ ob
er nicht meinete/ daß ihm in dieſer Liebe koͤnte geholffen werden; zum wenigſten muͤſte man
ihm voͤllige Hoffnung machen/ daß der unluſt Brunnen bey ihm gedaͤmpfet wuͤrde/ und er
ſich nicht ſelbſt durch graͤmnis verzehrete. Herkules gab ſeine Antwort; wann es in ſeiner
Macht ſtuͤnde/ wolte er ihm ſeine Frl. Schweſter nicht verſagen; weil er aber weder ſeineꝛ
Eltern noch Schweſter Meynung wuͤſte/ ob ſie in ſo weit abgelegene Heyraht einwilligen
würden/ koͤnte er nichts beſtaͤndiges rahten. Zwar ihm gute Hoffnung zu machen hielte er
vor noͤhtig/ doch daß man gleichwol nichts mehr verſpraͤche/ als man halten koͤnte/ und
der junge Fuͤrſt ſamt ſeinen Eltern nicht Urſach haͤtte/ ſich deſſen hernaͤhſt zubeſchweren.
Mein Schaz/ ſagte ſie/ ich wil ſchon wiſſen die Mittelbahn zutreffen/ gelebe auch der Hof-
nung/ die Heyraht mit Gottes huͤlffe zu ſchlieſſen/ da er ſonſt mit uns nach Teutſchland zu-
zihen Herzens gnug hat/ welches ich ihm doch nicht anbieten werde/ ſondern ſeiner frey-
willigen Erklaͤrung erwarten; kehrete wiederumb nach ihrer Gutſche/ und foderte Libuſ-
ſen zu ſich/ fragete nach der Fraͤulein Art und Sinnen/ und befand aus allen umbſtaͤnden/
daß ſie ſitſam/ ohn falſch/ und wol zubereden waͤhre/ offenbahrete ihr hernach ihr Vorha-
ben/ und ließ ſie wieder von ſich. Und als Arbianes bald darauff vor ihrer Gutſche her rit-
te/ baht ſie ihn/ ſich zu ihr zuſetzen/ da ſie ihn alſo anredete: Fuͤrſt Arbianes/ in ehren hochge-
liebter Herr Bruder; wie ich anfangs in euer Liebe Kundſchaft gerahten bin/ habe ich viel
eine froͤlichere Weiſe bey ihm gemerket/ als er jetzund ſpuͤren laͤſſet; ja wañ dazumahl mein

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[52/0058] Fuͤnftes Buch. er reiſete oder ruhete/ wahr er ſtets ſchwermuͤhtig und mit tieffen Gedanken beladen/ daß ihm nicht allein die lebhafte Farbe/ ſondern auch das Fleiſch entging/ deſſen niemand fleiſ- ſiger als ſein Feldmarſchalk Leches/ und Groß Fuͤrſtin Valiſka wahrnahmen; und dieſe zwar merkete aus allen umbſtaͤnden/ daß er mit heimlicher Liebe angefochten ward; daher ſie ſich/ inbetrachtung ſeiner ehmahligen Neigungen einer ungebuͤhrlichen Luſt bey ihm ihretwegen befahrete/ welche ihm zubenehmen/ ſie ſchon auff allerhand Mittel bedacht wahr; dann ſie zweifelte nicht/ ſein Gemuͤht koͤnte durch angezeigete wichtige Urſachen/ von dem Irwege zur Tugend wiedergebracht werden; weil er ſich aber durchaus nichts gegen ſie vernehmen ließ/ argwohnete ſie daneben/ ob er irgend an Libuſſen ſich vergaffet haͤtte/ dann er ſuchete oft Gelegenheit/ mit ihr allein zureden/ dabey er viel und mancherley Verenderung ſehen ließ. In dieſen ungewiſſen Gedanken verblieb ſie biß an den dritten Tag nach ihrem Auffbruch/ da Leches ihr zuverſtehen gab/ er haͤtte ihn des vorigen tages in ſeinem Zelte auff den Knien ſitzen/ und ein kleines Bruſtbildichen in beyden Haͤnden als einen Spiegel halten ſehen/ welches er bald gekuͤſſet/ bald mit Traͤnen befeuchtet/ bald als eine Goͤttin angebehtet; und da er nit irrete/ waͤhre es des Durchl. Fraͤulein aus Teuſch- land/ Frl. Klaren Bildnis/ welches ſeine Libuſſa verlohren/ und er etwa muͤſte gefunden haben. Die Groß Fuͤrſtin ſchlug vor freuden in die Haͤnde/ und antwortete ihm: O wie tuht ihr ſo wol/ daß ihr mir ſolches offenbahret; dann ich habe mir in Warheit ſehr ge- faͤhrliche Gedanken wegen dieſes Fuͤrſten Traurigkeit gemacht/ daß ich ſelber ſchwermuͤh- tig druͤber worden bin; ich bitte aber/ ihr wollet dieſes alles in hoͤchſter geheim halten/ und keinem einigen Menſchen offenbahren/ auch gegen Arbianes ſelbſt euch nichts merken laſ- ſen. Ließ ihn von ſich/ foderte ein Pferd/ uñ ritte hin nach ihrem Herkules/ dem ſie mit freu- den entdeckete/ ſie haͤtte Arbianes anliegen erfahren; erzaͤhlete ihm alles/ und fragete/ ob er nicht meinete/ daß ihm in dieſer Liebe koͤnte geholffen werden; zum wenigſten muͤſte man ihm voͤllige Hoffnung machen/ daß der unluſt Brunnen bey ihm gedaͤmpfet wuͤrde/ und er ſich nicht ſelbſt durch graͤmnis verzehrete. Herkules gab ſeine Antwort; wann es in ſeiner Macht ſtuͤnde/ wolte er ihm ſeine Frl. Schweſter nicht verſagen; weil er aber weder ſeineꝛ Eltern noch Schweſter Meynung wuͤſte/ ob ſie in ſo weit abgelegene Heyraht einwilligen würden/ koͤnte er nichts beſtaͤndiges rahten. Zwar ihm gute Hoffnung zu machen hielte er vor noͤhtig/ doch daß man gleichwol nichts mehr verſpraͤche/ als man halten koͤnte/ und der junge Fuͤrſt ſamt ſeinen Eltern nicht Urſach haͤtte/ ſich deſſen hernaͤhſt zubeſchweren. Mein Schaz/ ſagte ſie/ ich wil ſchon wiſſen die Mittelbahn zutreffen/ gelebe auch der Hof- nung/ die Heyraht mit Gottes huͤlffe zu ſchlieſſen/ da er ſonſt mit uns nach Teutſchland zu- zihen Herzens gnug hat/ welches ich ihm doch nicht anbieten werde/ ſondern ſeiner frey- willigen Erklaͤrung erwarten; kehrete wiederumb nach ihrer Gutſche/ und foderte Libuſ- ſen zu ſich/ fragete nach der Fraͤulein Art und Sinnen/ und befand aus allen umbſtaͤnden/ daß ſie ſitſam/ ohn falſch/ und wol zubereden waͤhre/ offenbahrete ihr hernach ihr Vorha- ben/ und ließ ſie wieder von ſich. Und als Arbianes bald darauff vor ihrer Gutſche her rit- te/ baht ſie ihn/ ſich zu ihr zuſetzen/ da ſie ihn alſo anredete: Fuͤrſt Arbianes/ in ehren hochge- liebter Herr Bruder; wie ich anfangs in euer Liebe Kundſchaft gerahten bin/ habe ich viel eine froͤlichere Weiſe bey ihm gemerket/ als er jetzund ſpuͤren laͤſſet; ja wañ dazumahl mein Herz

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/58>, abgerufen am 28.04.2024.