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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
billich noch nicht auff Heyraht gedenken solte; aber es ist ja leider jezt die Zeit/ daß Kinder
freyen/ wie uns dessen unser Herkules und sein Gemahl Beyspiels gnug sind. Jung ge-
freyet/ antwortete sie/ hat niemand gereuet/ wann es nur wol getroffen ist; doch können sie
es beyderseits noch eine zeitlang ansehen/ weil weder dem jungen Herrn der Bart so bald
ausfallen/ noch unser Tochter das Häupt grauen wird. Auf diesen gemachten Schluß
gingen sie vonander/ dann es wahr schier Zeit/ die Abendspeise einzunehmen; doch solte die
Mutter ihrer Tochter Sinn ein wenig erforschen/ welche sie zu sich fodern ließ/ und zu ihr
sagete: Allerliebstes Kind/ wie gefallen dir die Kleinot/ welche der treffliche Groß Fürst aus
Meden dir geschenket; ich halte gänzlich davor/ er stehe in den Gedanken einer künfftigen
Heyraht. Das liebe Fräulein erröhtete hierüber/ und antwortete: Herzen Fr. Mutter;
wie solte dieser Fürst dessen gesinnet seyn/ nachdem er mich so gar nicht kennet/ auch der
Brauch nicht ist/ daß die Fürsten aus den weitabgelegenen reichen Morgenländern ihre
Gemahlen aus Teutschland hohlen; doch wie dem allen/ so bin ich noch ein Kind/ und habe
etliche Jahr dahin/ ehe ich auff solche Sachen gedenken muß. Es ist nichts neues/ antwor-
tete die Mutter/ daß Fürst- und Königliche Fräulein in kindlichen Jahren/ und wol in den
Windeln verlobet werden/ welcher Kindheit du schon entgangen bist; Wann aber dieser
Fürst nach dir würbe/ und deine Eltern und Brüder/ auch Fr. Schwester Valiska es vor
gut ansähen/ würdestu ja mit solchem Glük können friedlich seyn/ nachdemmahl Fürstliche
Fräulein nicht allemahl ihren Eltern in der nähe bleiben können. Die Tochter hörete sie
wol gehen/ scheuhete sich aber zubekennen/ dz sie zimliche Neigung in ihrer Seele empfand/
und gab zur Antwort: Sie verstünde dieses nicht/ und liesse billich ihre liebe Eltern sorgen/
was denen dermahleins gefallen würde/ müste sie sich mit belieben lassen; doch hätte es ja
keine Eile hiemit. Es möchte auch wol Eile haben/ sagte sie; dann ich gebe dir in hohem
Vertrauen zuwissen/ daß der hinkende/ lahme/ einäugige/ Wendische Gotschalk Anschläge
auf dich machen darff. Davor behüten mich die Götter/ antwortete sie/ viel lieber wolte ich
mich durch Räuberhände/ wie meine Fr. Schwester/ ans Ende der Welt schleppen/ als
diesem mich ehelich zuführen lassen. Der Meynung bin ich auch/ antwortete die Mutter;
und ist demnach am sichersten/ daß du beyzeiten versprochen werdest/ auf daß dieser und an-
dere seines gleichen dich unbemühet lassen. Ich hoffe ja nicht/ sagte das Fräulein/ daß mich
einiger Mensch wider meiner lieben Eltern Willen zum Gemahl fodern könte; so bin ich
auch der Schönheit nicht/ daß die jungen Fürsten sich um mich rauffen und schlagen wer-
den/ wiewol ich mich dannoch diesem Räuber Gotschalk viel zu schön und ädel schätze. Vor
dem soltu nunmehr wol gesichert bleiben/ sagte die Mutter/ aber dem Medischen Fürsten
muß billich etwas gewisses zur Antwort werden; dann aus des Abgesanten Rede erschei-
net gnug/ mit was Vorsaz er umgehe/ welches auch Frau Valiska ausdrüklich schreibet.
Hier schwieg das Fräulein stok stille/ kunte kein Ja/ und wolte kein Nein sagen/ sondern blieb
dabey/ sie währe noch jung; wiewol sie endlich sich so weit heraus ließ/ daß sie ihren Eltern
allen Gehorsam schuldig währe. Bey der Abendmahlzeit (wobey der Groß Fürst vorsezlich
nicht erschien) fragete die Groß Fürstin nach allerhand Begebnissen/ und auff was weise
Ihre Fr. Tochter von ihrem Sohn Herkules erlöset währe/ biß sie auff die übergeschikten
Kleinot zureden kam/ da sie sagete: Es müste der Medische junge Fürst mit den ihren gros-

se Ver-

Fuͤnftes Buch.
billich noch nicht auff Heyraht gedenken ſolte; aber es iſt ja leider jezt die Zeit/ daß Kinder
freyen/ wie uns deſſen unſer Herkules und ſein Gemahl Beyſpiels gnug ſind. Jung ge-
freyet/ antwortete ſie/ hat niemand gereuet/ wann es nur wol getroffen iſt; doch koͤnnen ſie
es beyderſeits noch eine zeitlang anſehen/ weil weder dem jungen Herrn der Bart ſo bald
ausfallen/ noch unſer Tochter das Haͤupt grauen wird. Auf dieſen gemachten Schluß
gingen ſie vonander/ dann es wahr ſchier Zeit/ die Abendſpeiſe einzunehmen; doch ſolte die
Mutter ihrer Tochter Sinn ein wenig erforſchen/ welche ſie zu ſich fodern ließ/ und zu ihr
ſagete: Allerliebſtes Kind/ wie gefallen dir die Kleinot/ welche der treffliche Groß Fuͤrſt aus
Meden dir geſchenket; ich halte gaͤnzlich davor/ er ſtehe in den Gedanken einer kuͤnfftigen
Heyraht. Das liebe Fraͤulein erroͤhtete hieruͤber/ und antwortete: Herzen Fr. Mutter;
wie ſolte dieſer Fuͤrſt deſſen geſinnet ſeyn/ nachdem er mich ſo gar nicht kennet/ auch der
Brauch nicht iſt/ daß die Fuͤrſten aus den weitabgelegenen reichen Morgenlaͤndern ihre
Gemahlen aus Teutſchland hohlen; doch wie dem allen/ ſo bin ich noch ein Kind/ und habe
etliche Jahr dahin/ ehe ich auff ſolche Sachen gedenken muß. Es iſt nichts neues/ antwor-
tete die Mutter/ daß Fuͤrſt- und Koͤnigliche Fraͤulein in kindlichen Jahren/ und wol in den
Windeln verlobet werden/ welcher Kindheit du ſchon entgangen biſt; Wann aber dieſer
Fuͤrſt nach dir wuͤrbe/ und deine Eltern und Bruͤder/ auch Fr. Schweſter Valiſka es vor
gut anſaͤhen/ wuͤrdeſtu ja mit ſolchem Gluͤk koͤnnen friedlich ſeyn/ nachdemmahl Fuͤrſtliche
Fraͤulein nicht allemahl ihren Eltern in der naͤhe bleiben koͤnnen. Die Tochter hoͤrete ſie
wol gehen/ ſcheuhete ſich aber zubekennen/ dz ſie zimliche Neigung in ihrer Seele empfand/
und gab zur Antwort: Sie verſtuͤnde dieſes nicht/ und lieſſe billich ihre liebe Eltern ſorgen/
was denen dermahleins gefallen wuͤrde/ muͤſte ſie ſich mit belieben laſſen; doch haͤtte es ja
keine Eile hiemit. Es moͤchte auch wol Eile haben/ ſagte ſie; dann ich gebe dir in hohem
Vertrauen zuwiſſen/ daß der hinkende/ lahme/ einaͤugige/ Wendiſche Gotſchalk Anſchlaͤge
auf dich machen darff. Davor behuͤten mich die Goͤtter/ antwortete ſie/ viel lieber wolte ich
mich durch Raͤuberhaͤnde/ wie meine Fr. Schweſter/ ans Ende der Welt ſchleppen/ als
dieſem mich ehelich zufuͤhren laſſen. Der Meynung bin ich auch/ antwortete die Mutter;
und iſt demnach am ſicherſten/ daß du beyzeiten verſprochen werdeſt/ auf daß dieſeꝛ und an-
dere ſeines gleichen dich unbemuͤhet laſſen. Ich hoffe ja nicht/ ſagte das Fraͤulein/ daß mich
einiger Menſch wider meiner lieben Eltern Willen zum Gemahl fodern koͤnte; ſo bin ich
auch der Schoͤnheit nicht/ daß die jungen Fuͤrſten ſich um mich rauffen und ſchlagen wer-
den/ wiewol ich mich dannoch dieſem Raͤuber Gotſchalk viel zu ſchoͤn und aͤdel ſchaͤtze. Voꝛ
dem ſoltu nunmehr wol geſichert bleiben/ ſagte die Mutter/ aber dem Mediſchen Fuͤrſten
muß billich etwas gewiſſes zur Antwort werden; dann aus des Abgeſanten Rede erſchei-
net gnug/ mit was Vorſaz er umgehe/ welches auch Frau Valiſka ausdrüklich ſchreibet.
Hier ſchwieg das Fraͤulein ſtok ſtille/ kunte kein Ja/ und wolte kein Nein ſagen/ ſondern blieb
dabey/ ſie waͤhre noch jung; wiewol ſie endlich ſich ſo weit heraus ließ/ daß ſie ihren Eltern
allen Gehorſam ſchuldig waͤhre. Bey der Abendmahlzeit (wobey der Groß Fuͤrſt vorſezlich
nicht erſchien) fragete die Groß Fuͤrſtin nach allerhand Begebniſſen/ und auff was weiſe
Ihre Fr. Tochter von ihrem Sohn Herkules erloͤſet waͤhre/ biß ſie auff die uͤbergeſchikten
Kleinot zureden kam/ da ſie ſagete: Es muͤſte der Mediſche junge Fuͤrſt mit den ihren groſ-

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[218/0224] Fuͤnftes Buch. billich noch nicht auff Heyraht gedenken ſolte; aber es iſt ja leider jezt die Zeit/ daß Kinder freyen/ wie uns deſſen unſer Herkules und ſein Gemahl Beyſpiels gnug ſind. Jung ge- freyet/ antwortete ſie/ hat niemand gereuet/ wann es nur wol getroffen iſt; doch koͤnnen ſie es beyderſeits noch eine zeitlang anſehen/ weil weder dem jungen Herrn der Bart ſo bald ausfallen/ noch unſer Tochter das Haͤupt grauen wird. Auf dieſen gemachten Schluß gingen ſie vonander/ dann es wahr ſchier Zeit/ die Abendſpeiſe einzunehmen; doch ſolte die Mutter ihrer Tochter Sinn ein wenig erforſchen/ welche ſie zu ſich fodern ließ/ und zu ihr ſagete: Allerliebſtes Kind/ wie gefallen dir die Kleinot/ welche der treffliche Groß Fuͤrſt aus Meden dir geſchenket; ich halte gaͤnzlich davor/ er ſtehe in den Gedanken einer kuͤnfftigen Heyraht. Das liebe Fraͤulein erroͤhtete hieruͤber/ und antwortete: Herzen Fr. Mutter; wie ſolte dieſer Fuͤrſt deſſen geſinnet ſeyn/ nachdem er mich ſo gar nicht kennet/ auch der Brauch nicht iſt/ daß die Fuͤrſten aus den weitabgelegenen reichen Morgenlaͤndern ihre Gemahlen aus Teutſchland hohlen; doch wie dem allen/ ſo bin ich noch ein Kind/ und habe etliche Jahr dahin/ ehe ich auff ſolche Sachen gedenken muß. Es iſt nichts neues/ antwor- tete die Mutter/ daß Fuͤrſt- und Koͤnigliche Fraͤulein in kindlichen Jahren/ und wol in den Windeln verlobet werden/ welcher Kindheit du ſchon entgangen biſt; Wann aber dieſer Fuͤrſt nach dir wuͤrbe/ und deine Eltern und Bruͤder/ auch Fr. Schweſter Valiſka es vor gut anſaͤhen/ wuͤrdeſtu ja mit ſolchem Gluͤk koͤnnen friedlich ſeyn/ nachdemmahl Fuͤrſtliche Fraͤulein nicht allemahl ihren Eltern in der naͤhe bleiben koͤnnen. Die Tochter hoͤrete ſie wol gehen/ ſcheuhete ſich aber zubekennen/ dz ſie zimliche Neigung in ihrer Seele empfand/ und gab zur Antwort: Sie verſtuͤnde dieſes nicht/ und lieſſe billich ihre liebe Eltern ſorgen/ was denen dermahleins gefallen wuͤrde/ muͤſte ſie ſich mit belieben laſſen; doch haͤtte es ja keine Eile hiemit. Es moͤchte auch wol Eile haben/ ſagte ſie; dann ich gebe dir in hohem Vertrauen zuwiſſen/ daß der hinkende/ lahme/ einaͤugige/ Wendiſche Gotſchalk Anſchlaͤge auf dich machen darff. Davor behuͤten mich die Goͤtter/ antwortete ſie/ viel lieber wolte ich mich durch Raͤuberhaͤnde/ wie meine Fr. Schweſter/ ans Ende der Welt ſchleppen/ als dieſem mich ehelich zufuͤhren laſſen. Der Meynung bin ich auch/ antwortete die Mutter; und iſt demnach am ſicherſten/ daß du beyzeiten verſprochen werdeſt/ auf daß dieſeꝛ und an- dere ſeines gleichen dich unbemuͤhet laſſen. Ich hoffe ja nicht/ ſagte das Fraͤulein/ daß mich einiger Menſch wider meiner lieben Eltern Willen zum Gemahl fodern koͤnte; ſo bin ich auch der Schoͤnheit nicht/ daß die jungen Fuͤrſten ſich um mich rauffen und ſchlagen wer- den/ wiewol ich mich dannoch dieſem Raͤuber Gotſchalk viel zu ſchoͤn und aͤdel ſchaͤtze. Voꝛ dem ſoltu nunmehr wol geſichert bleiben/ ſagte die Mutter/ aber dem Mediſchen Fuͤrſten muß billich etwas gewiſſes zur Antwort werden; dann aus des Abgeſanten Rede erſchei- net gnug/ mit was Vorſaz er umgehe/ welches auch Frau Valiſka ausdrüklich ſchreibet. Hier ſchwieg das Fraͤulein ſtok ſtille/ kunte kein Ja/ und wolte kein Nein ſagen/ ſondern blieb dabey/ ſie waͤhre noch jung; wiewol ſie endlich ſich ſo weit heraus ließ/ daß ſie ihren Eltern allen Gehorſam ſchuldig waͤhre. Bey der Abendmahlzeit (wobey der Groß Fuͤrſt vorſezlich nicht erſchien) fragete die Groß Fuͤrſtin nach allerhand Begebniſſen/ und auff was weiſe Ihre Fr. Tochter von ihrem Sohn Herkules erloͤſet waͤhre/ biß ſie auff die uͤbergeſchikten Kleinot zureden kam/ da ſie ſagete: Es muͤſte der Mediſche junge Fuͤrſt mit den ihren groſ- ſe Ver-

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/224>, abgerufen am 29.11.2024.