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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
seine Eltern/ oder an Fürst Ladisla in so geraumer Zeit nicht geschrieben/ daß man ihn aus
diesem elenden Stande der dienstbarkeit heraus gerissen hätte/ welches ja leicht geschehen
können/ inbetrachtung/ daß beydes sein H. Vater und der Bömische König mit dem Rö-
mischen Reiche frieden hätten. Da er ihm zur Antwort gegeben; Ich hätte es gerne/ und
mit leichter mühe tuhn können/ währen nicht zweierley im wege gestanden; als erstlich ha-
be ich gezweifelt ob ich auch noch Eltern/ und einen Ladisla hätte; hernach und vors an-
der ist diese jetzige Knechtschaft meiner Seele viel erträglicher und behäglicher als mein
ehemahliger Fürstenstand/ gestaltsam ich hiedurch zur seligen Erkäntnis des einigen wah-
ren Gottes kommen bin/ und mein ehemahliges unruhiges Gewissen dermassen fest ge-
ankert habe/ daß die ganze Welt mir so hefftigen Sturm nicht erwecken sol/ welchen mit
hülffe meines Gottes zuhintertreiben und zu überwinden ich nicht solte bestand seyn. Ek-
hard hatte diese Rede teils nicht verstanden/ teils vor grossen freuden nicht beobachtet/
sondern ihn gebehten/ mit nach seiner Herberge zu gehen/ und nach eingenommenem Früh-
stücke/ heimlich davon zu reiten; welches er ihm vor der Faust abgeschlagen/ einwendend/
er würde vielleicht nicht allein seinen Eltern/ sondern auch seinem Ladisla selbst ein unge-
nehmer Gast seyn/ wann sie erfahren solten/ daß er die Teuflischen Abgötter der Teutschen
und Böhmen verleugnet/ und dagegen den Christlichen Glauben angenommen hätte; er
liebete zwar seine Eltern und Ladisla von Herzen/ könte aber zu ihnen nicht hinüber reisen/
ehe und bevor er versichert währe/ daß sie ihn wegen seines neuen Glaubens nicht zuhas-
sen/ sondern ihm denselben frey zu lassen sich redlich und auffrichtig erklären würden. Je-
doch wahr er mit ihm in die Herberge gangen woselbst er zwey Schreiben/ eines an mich/
das ander an seine Eltern auffgesetzet/ und mit ihm Abscheid genommen/ er wolte sein er
ehist wieder gewärtig seyn/ und aus Ladisla Antwortschreiben schon sehen/ wessen er sich zu
verhalten hätte. Auch wahr er des Minutius gewahr worden/ den er alsbald gekant/ und
zu ihm gesaget: O der glükseligen Stunde/ in welcher ihr mich zu Rom verkaust habet;
weil ich dadurch zu der einig/ wahren Glükseligkeit gerahten bin. Nun hatte Ekhard ger-
ne von ihm wissen wollen/ auf was Gasse sein Herr wohnete/ und wie dessen Nahme währe;
welches er ihm aber abgeschlagen/ mit dem versprechen/ er wolte ihn in diesem Hause schon
finden/ wann er wieder kommen würde/ und könte er alsdann seinen Nahmen mit Röhtel-
stein an die Haußtühr schreiben. So bald diese beyden wieder bey mir anlangeten/ wahr
meine erste Frage/ ob mein Herkules annoch im Leben währe; worauff mir Ekhard zur
Antwort gab: Das äusserliche an ihm lebet ja noch/ aber das Gemüht ist gar verschlim-
mert/ daß ich ihn kaum vor Fürst Herkules halten kan; massen es scheinet/ als habe die
Knechtische Dienstbarkeit seinen Fürsten-muht gefesselt/ und ihm ein Sklaven Herz ein-
gegossen. Ich ward dieser Rede so unwillig/ daß ich mich an dem Zeitungs-bringer schier
vergriffen hätte/ welcher doch auff sein Wort bestund/ ich würde es selbst also befinden/ wo
sonst das Schreiben mit seinen Reden überein stimmete. Die Auffschrifft hatte er auff
Ekhards Raht nach meinem willen gemacht/ aber da ichs brach/ wunderte ich mich nicht
wenig des befremdlichen Inhalts. Ich fing an zu lesen/ legte es bald hinweg/ und nam es
bald wieder zu mir/ dann ich kunte vor Herzenprast es weder durchbringen noch zureissen.
Die Hand wahr mir gnug bekant/ aber der Begriff weder nach meinem/ noch nach seinem

ehmah-

Fuͤnftes Buch.
ſeine Eltern/ oder an Fuͤrſt Ladiſla in ſo geraumer Zeit nicht geſchrieben/ daß man ihn aus
dieſem elenden Stande der dienſtbarkeit heraus geriſſen haͤtte/ welches ja leicht geſchehen
koͤnnen/ inbetrachtung/ daß beydes ſein H. Vater und der Boͤmiſche Koͤnig mit dem Roͤ-
miſchen Reiche frieden haͤtten. Da er ihm zur Antwort gegeben; Ich haͤtte es gerne/ und
mit leichter muͤhe tuhn koͤnnen/ waͤhren nicht zweierley im wege geſtanden; als erſtlich ha-
be ich gezweifelt ob ich auch noch Eltern/ und einen Ladiſla haͤtte; hernach und vors an-
der iſt dieſe jetzige Knechtſchaft meiner Seele viel ertraͤglicher und behaͤglicher als mein
ehemahliger Fuͤrſtenſtand/ geſtaltſam ich hiedurch zur ſeligen Erkaͤntnis des einigen wah-
ren Gottes kommen bin/ und mein ehemahliges unruhiges Gewiſſen dermaſſen feſt ge-
ankert habe/ daß die ganze Welt mir ſo hefftigen Sturm nicht erwecken ſol/ welchen mit
hülffe meines Gottes zuhintertreiben und zu uͤberwinden ich nicht ſolte beſtand ſeyn. Ek-
hard hatte dieſe Rede teils nicht verſtanden/ teils vor groſſen freuden nicht beobachtet/
ſondern ihn gebehten/ mit nach ſeiner Herberge zu gehen/ und nach eingenom̃enem Fruͤh-
ſtuͤcke/ heimlich davon zu reiten; welches er ihm vor der Fauſt abgeſchlagen/ einwendend/
er wuͤrde vielleicht nicht allein ſeinen Eltern/ ſondern auch ſeinem Ladiſla ſelbſt ein unge-
nehmer Gaſt ſeyn/ wann ſie erfahren ſolten/ daß er die Teufliſchen Abgoͤtter der Teutſchen
und Boͤhmen verleugnet/ und dagegen den Chriſtlichen Glauben angenommen haͤtte; er
liebete zwar ſeine Eltern und Ladiſla von Herzen/ koͤnte aber zu ihnen nicht hinüber reiſen/
ehe und bevor er verſichert waͤhre/ daß ſie ihn wegen ſeines neuen Glaubens nicht zuhaſ-
ſen/ ſondern ihm denſelben frey zu laſſen ſich redlich und auffrichtig erklaͤren wuͤrden. Je-
doch wahr er mit ihm in die Herberge gangen woſelbſt er zwey Schreiben/ eines an mich/
das ander an ſeine Eltern auffgeſetzet/ und mit ihm Abſcheid genommen/ er wolte ſein er
ehiſt wieder gewaͤrtig ſeyn/ und aus Ladiſla Antwortſchreiben ſchon ſehen/ weſſen er ſich zu
verhalten haͤtte. Auch wahr er des Minutius gewahr worden/ den er alsbald gekant/ uñ
zu ihm geſaget: O der gluͤkſeligen Stunde/ in welcher ihr mich zu Rom verkauſt habet;
weil ich dadurch zu der einig/ wahren Glükſeligkeit gerahten bin. Nun hatte Ekhard ger-
ne von ihm wiſſen wollen/ auf was Gaſſe ſein Herr wohnete/ und wie deſſen Nahme waͤhre;
welches er ihm aber abgeſchlagen/ mit dem verſprechẽ/ er wolte ihn in dieſem Hauſe ſchon
finden/ wann er wieder kommen wuͤrde/ und koͤnte er alsdann ſeinen Nahmen mit Roͤhtel-
ſtein an die Haußtuͤhr ſchreiben. So bald dieſe beyden wieder bey mir anlangeten/ wahr
meine erſte Frage/ ob mein Herkules annoch im Leben waͤhre; worauff mir Ekhard zur
Antwort gab: Das aͤuſſerliche an ihm lebet ja noch/ aber das Gemuͤht iſt gar verſchlim-
mert/ daß ich ihn kaum vor Fuͤrſt Herkules halten kan; maſſen es ſcheinet/ als habe die
Knechtiſche Dienſtbarkeit ſeinen Fuͤrſten-muht gefeſſelt/ und ihm ein Sklaven Herz ein-
gegoſſen. Ich ward dieſer Rede ſo unwillig/ daß ich mich an dem Zeitungs-bringer ſchier
vergriffen haͤtte/ welcher doch auff ſein Wort beſtund/ ich wuͤrde es ſelbſt alſo befinden/ wo
ſonſt das Schreiben mit ſeinen Reden uͤberein ſtimmete. Die Auffſchrifft hatte er auff
Ekhards Raht nach meinem willen gemacht/ aber da ichs brach/ wunderte ich mich nicht
wenig des befremdlichen Inhalts. Ich fing an zu leſen/ legte es bald hinweg/ und nam es
bald wieder zu mir/ dann ich kunte vor Herzenpraſt es weder durchbringen noch zureiſſen.
Die Hand wahr mir gnug bekant/ aber der Begriff weder nach meinem/ noch nach ſeinem

ehmah-
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[191/0197] Fuͤnftes Buch. ſeine Eltern/ oder an Fuͤrſt Ladiſla in ſo geraumer Zeit nicht geſchrieben/ daß man ihn aus dieſem elenden Stande der dienſtbarkeit heraus geriſſen haͤtte/ welches ja leicht geſchehen koͤnnen/ inbetrachtung/ daß beydes ſein H. Vater und der Boͤmiſche Koͤnig mit dem Roͤ- miſchen Reiche frieden haͤtten. Da er ihm zur Antwort gegeben; Ich haͤtte es gerne/ und mit leichter muͤhe tuhn koͤnnen/ waͤhren nicht zweierley im wege geſtanden; als erſtlich ha- be ich gezweifelt ob ich auch noch Eltern/ und einen Ladiſla haͤtte; hernach und vors an- der iſt dieſe jetzige Knechtſchaft meiner Seele viel ertraͤglicher und behaͤglicher als mein ehemahliger Fuͤrſtenſtand/ geſtaltſam ich hiedurch zur ſeligen Erkaͤntnis des einigen wah- ren Gottes kommen bin/ und mein ehemahliges unruhiges Gewiſſen dermaſſen feſt ge- ankert habe/ daß die ganze Welt mir ſo hefftigen Sturm nicht erwecken ſol/ welchen mit hülffe meines Gottes zuhintertreiben und zu uͤberwinden ich nicht ſolte beſtand ſeyn. Ek- hard hatte dieſe Rede teils nicht verſtanden/ teils vor groſſen freuden nicht beobachtet/ ſondern ihn gebehten/ mit nach ſeiner Herberge zu gehen/ und nach eingenom̃enem Fruͤh- ſtuͤcke/ heimlich davon zu reiten; welches er ihm vor der Fauſt abgeſchlagen/ einwendend/ er wuͤrde vielleicht nicht allein ſeinen Eltern/ ſondern auch ſeinem Ladiſla ſelbſt ein unge- nehmer Gaſt ſeyn/ wann ſie erfahren ſolten/ daß er die Teufliſchen Abgoͤtter der Teutſchen und Boͤhmen verleugnet/ und dagegen den Chriſtlichen Glauben angenommen haͤtte; er liebete zwar ſeine Eltern und Ladiſla von Herzen/ koͤnte aber zu ihnen nicht hinüber reiſen/ ehe und bevor er verſichert waͤhre/ daß ſie ihn wegen ſeines neuen Glaubens nicht zuhaſ- ſen/ ſondern ihm denſelben frey zu laſſen ſich redlich und auffrichtig erklaͤren wuͤrden. Je- doch wahr er mit ihm in die Herberge gangen woſelbſt er zwey Schreiben/ eines an mich/ das ander an ſeine Eltern auffgeſetzet/ und mit ihm Abſcheid genommen/ er wolte ſein er ehiſt wieder gewaͤrtig ſeyn/ und aus Ladiſla Antwortſchreiben ſchon ſehen/ weſſen er ſich zu verhalten haͤtte. Auch wahr er des Minutius gewahr worden/ den er alsbald gekant/ uñ zu ihm geſaget: O der gluͤkſeligen Stunde/ in welcher ihr mich zu Rom verkauſt habet; weil ich dadurch zu der einig/ wahren Glükſeligkeit gerahten bin. Nun hatte Ekhard ger- ne von ihm wiſſen wollen/ auf was Gaſſe ſein Herr wohnete/ und wie deſſen Nahme waͤhre; welches er ihm aber abgeſchlagen/ mit dem verſprechẽ/ er wolte ihn in dieſem Hauſe ſchon finden/ wann er wieder kommen wuͤrde/ und koͤnte er alsdann ſeinen Nahmen mit Roͤhtel- ſtein an die Haußtuͤhr ſchreiben. So bald dieſe beyden wieder bey mir anlangeten/ wahr meine erſte Frage/ ob mein Herkules annoch im Leben waͤhre; worauff mir Ekhard zur Antwort gab: Das aͤuſſerliche an ihm lebet ja noch/ aber das Gemuͤht iſt gar verſchlim- mert/ daß ich ihn kaum vor Fuͤrſt Herkules halten kan; maſſen es ſcheinet/ als habe die Knechtiſche Dienſtbarkeit ſeinen Fuͤrſten-muht gefeſſelt/ und ihm ein Sklaven Herz ein- gegoſſen. Ich ward dieſer Rede ſo unwillig/ daß ich mich an dem Zeitungs-bringer ſchier vergriffen haͤtte/ welcher doch auff ſein Wort beſtund/ ich wuͤrde es ſelbſt alſo befinden/ wo ſonſt das Schreiben mit ſeinen Reden uͤberein ſtimmete. Die Auffſchrifft hatte er auff Ekhards Raht nach meinem willen gemacht/ aber da ichs brach/ wunderte ich mich nicht wenig des befremdlichen Inhalts. Ich fing an zu leſen/ legte es bald hinweg/ und nam es bald wieder zu mir/ dann ich kunte vor Herzenpraſt es weder durchbringen noch zureiſſen. Die Hand wahr mir gnug bekant/ aber der Begriff weder nach meinem/ noch nach ſeinem ehmah-

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/197>, abgerufen am 28.11.2024.