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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
jedoch/ weil sie derselben nicht wirdig sind/ so muß ihnen auch das übrige entzogen werden.
Drum so saget nun den unbesonnenen Knaben unsern Knechten/ wir haben die Ruten
schon binden lassen/ damit sie ihre züchtigung einnehmen sollen/ und möchten wir gerne se-
hen/ was hinter ihrem ohmächtigen Dräuen und Absagung stecke. Daß aber eures mut-
willens vor dißmahl geschonet wird/ habt ihr bloß unser Gnade zu danken/ und trollet euch
ohn einiges Wortsprechen stündlich aus unserm Gebiet/ dafern ihr nicht mit euren Her-
richen zu büssen Lust traget. Diese wurden froh/ daß sie mit dem Leben davon kahmen/ mach-
ten sich alsbald aus dem Staube/ und sties Tyriotes eine Meile von der Stad auff sie/
dem Gallus allen Verlauff erzählete/ und mit ihm Abscheid nam/ an was Ort sie auff ihn
warten/ und in einer Geselschaft wieder fortgehen wolten. Dieser/ so bald er zu Timokles
kam/ den Gallus nicht eins hatte ansprechen können/ überreichte er ihm das Schreiben/
der es in einem hohlen Pfeile hinauff schoß/ gleich da das Fräulein bey spätem Abend vor
ihrem Fenster stund/ welche denselben bald hohlete/ und nach heraußzihung des Briefes/
diese Worte lase: Allerschönster Seelen-Schaz; euer Liebe Wiederwertigkeit habe ich mit höch-
sten Schmerzen empfunden/ danke dem grundgütigen Gotte/ daß er auch dißmahl noch des grimmigen
Löuen Wuht gebrochen/ und mein unschuldiges Schäflein gnädig errettet hat. Sonsten hat eure Lie-
be au bestimmung der Zeit sehr weißlich gehandelt/ und wil ich mit der Hülffe meines Heylandes nicht
fehlen/ vor angesetzter Zeit/ dafern ich lebe/ früh genug bey ihr zu seyn/ da mir/ ob Gott wil/ der schon
gemachte Anschlag nicht mißrahten wird. Inzwischen stellet euch gegen euer Frauenzimmer frölich/
damit man keinen Argwohn auff euch fasse; unterhaltet auch den König mit aller Freundligkeit/ und
reitet ihn im gelindesten Zügel/ daß er unsere Freude nicht stören möge/ deren wir geliebts Gott ge-
denken zugeniessen. Ich werde schon wissen dem Könige eine glaubwirdige Ursach beyzubringen/ daß
er mich wol vor entschuldiget halten sol. Gott zu tausend mahlen befohlen/ und seid fort nicht mehr
die bekümmerte/ sondern die fröliche Valiska/ damit ich lange bleiben möge/ euer Liebe inbrünstiger
ganz ergebener Herkules.

Ey so wil ich auch meinem Gott vertrauen/ sagte sie bey sich selbst/ und wird mein
Erlöser mich mit dem unschuldigen Daniel aus der Löuen Grube/ und mit Joseph aus dem
Gefängnis schon zuerretten wissen/ daß ich noch meine Lust an seiner Gnade sehe. Ein halb
Stündichen hernach kam ihre Hoffmeisterin wieder zu ihr/ und brachte ihr das Brieflein
von Herkules/ dann ihr Sohn wahr wieder angelanget/ welcher durch einen Unfall (er
wahr mit dem Pferde gestürzet und hatte einen Arm verrenket) sich auff der Reise einen
Tag zu lange auffgehalten hatte. Das Fräulein aber stellete sich betrübt/ und gab zur Ant-
wort/ sie stünde im zweiffel/ ob sie ihres unbesonnenen Bruders Brieff lesen/ oder hinun-
ter in den Graben werffen wolte; endlich auff der Hoffmeisterin anhalten/ öffnete sie den-
selben/ der also lautete: Zeigern dieses wird zum beweiß der geschehenen Einlieferung eines Brie-
fes von der stolzen Herkulisken geschrieben/ hiemit erteilet/ hätte zwar eine scharffe Antwort darauff
gehöret/ aber weil dieselbe ihr verhoffentlich schon wird zu handen kommen seyn/ erachtet man unnöh-
tig ein Gemüse zweimahl zu kochen. Ich unterschriebe mich billich in diesem Zettel als Bruder/ wann
nicht dein stolzer Sinn die ehmahl Schwesterliche Gewogenheit aus deinem Herzen verstossen hätte.
O bedenke dich eines bessern/ wo du nicht wilt mit samt deinem Könige/ aus welchem du gleichsam ei-
nen Abgott/ und dich zur Abgöttin machest/ zu trümmern und bodem gehen. Das ist mir ein Bru-
der/ das ist mir ein Bruder/ sagte das Fräulein nach verlesung; stund hierauff ein wenig
stille als in tieffen Gedanken/ und fing hernach wieder an: Nun/ was wil ich machen? zwar

ich
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Vierdes Buch.
jedoch/ weil ſie deꝛſelben nicht wirdig ſind/ ſo muß ihnen auch das uͤbrige entzogen werden.
Drum ſo ſaget nun den unbeſonnenen Knaben unſern Knechten/ wir haben die Ruten
ſchon binden laſſen/ damit ſie ihre zuͤchtigung einnehmen ſollen/ und moͤchten wir gerne ſe-
hen/ was hinter ihrem ohmaͤchtigen Draͤuen und Abſagung ſtecke. Daß aber eures mut-
willens vor dißmahl geſchonet wird/ habt ihr bloß unſer Gnade zu danken/ und trollet euch
ohn einiges Wortſprechen ſtuͤndlich aus unſerm Gebiet/ dafern ihr nicht mit euren Her-
richen zu buͤſſen Luſt traget. Dieſe wurden froh/ daß ſie mit dem Leben davon kahmen/ mach-
ten ſich alsbald aus dem Staube/ und ſties Tyriotes eine Meile von der Stad auff ſie/
dem Gallus allen Verlauff erzaͤhlete/ und mit ihm Abſcheid nam/ an was Ort ſie auff ihn
warten/ und in einer Geſelſchaft wieder fortgehen wolten. Dieſer/ ſo bald er zu Timokles
kam/ den Gallus nicht eins hatte anſprechen koͤnnen/ uͤberreichte er ihm das Schreiben/
der es in einem hohlen Pfeile hinauff ſchoß/ gleich da das Fraͤulein bey ſpaͤtem Abend vor
ihrem Fenſter ſtund/ welche denſelben bald hohlete/ und nach heraußzihung des Briefes/
dieſe Worte laſe: Allerſchoͤnſter Seelen-Schaz; euer Liebe Wiederwertigkeit habe ich mit hoͤch-
ſten Schmerzen empfunden/ danke dem grundguͤtigen Gotte/ daß er auch dißmahl noch des grim̃igen
Loͤuen Wuht gebrochen/ und mein unſchuldiges Schaͤflein gnaͤdig errettet hat. Sonſten hat eure Lie-
be au beſtim̃ung der Zeit ſehr weißlich gehandelt/ und wil ich mit der Huͤlffe meines Heylandes nicht
fehlen/ vor angeſetzter Zeit/ dafern ich lebe/ fruͤh genug bey ihr zu ſeyn/ da mir/ ob Gott wil/ der ſchon
gemachte Anſchlag nicht mißrahten wird. Inzwiſchen ſtellet euch gegen euer Frauenzimmer froͤlich/
damit man keinen Argwohn auff euch faſſe; unterhaltet auch den Koͤnig mit aller Freundligkeit/ und
reitet ihn im gelindeſten Zuͤgel/ daß er unſere Freude nicht ſtoͤren moͤge/ deren wir geliebts Gott ge-
denken zugenieſſen. Ich werde ſchon wiſſen dem Koͤnige eine glaubwirdige Urſach beyzubringen/ daß
er mich wol vor entſchuldiget halten ſol. Gott zu tauſend mahlen befohlen/ und ſeid fort nicht mehr
die bekuͤmmerte/ ſondern die froͤliche Valiſka/ damit ich lange bleiben moͤge/ euer Liebe inbruͤnſtiger
ganz ergebener Herkules.

Ey ſo wil ich auch meinem Gott vertrauen/ ſagte ſie bey ſich ſelbſt/ und wird mein
Erloͤſer mich mit dem unſchuldigen Daniel aus der Loͤuen Grube/ uñ mit Joſeph aus dem
Gefaͤngnis ſchon zuerretten wiſſen/ daß ich noch meine Luſt an ſeineꝛ Gnade ſehe. Ein halb
Stuͤndichen hernach kam ihre Hoffmeiſterin wieder zu ihr/ und brachte ihr das Brieflein
von Herkules/ dann ihr Sohn wahr wieder angelanget/ welcher durch einen Unfall (er
wahr mit dem Pferde geſtuͤrzet und hatte einen Arm verrenket) ſich auff der Reiſe einen
Tag zu lange auffgehalten hatte. Das Fraͤulein aber ſtellete ſich betruͤbt/ und gab zur Ant-
wort/ ſie ſtuͤnde im zweiffel/ ob ſie ihres unbeſonnenen Bruders Brieff leſen/ oder hinun-
ter in den Graben werffen wolte; endlich auff der Hoffmeiſterin anhalten/ oͤffnete ſie den-
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tig ein Gemuͤſe zweimahl zu kochen. Ich unterſchriebe mich billich in dieſem Zettel als Bruder/ wañ
nicht dein ſtolzer Sinn die ehmahl Schweſterliche Gewogenheit aus deinem Herzen verſtoſſen haͤtte.
O bedenke dich eines beſſern/ wo du nicht wilt mit ſamt deinem Koͤnige/ aus welchem du gleichſam ei-
nen Abgott/ und dich zur Abgoͤttin macheſt/ zu truͤmmern und bodem gehen. Das iſt mir ein Bru-
der/ das iſt mir ein Bruder/ ſagte das Fraͤulein nach verleſung; ſtund hierauff ein wenig
ſtille als in tieffen Gedanken/ und fing hernach wieder an: Nun/ was wil ich machen? zwar

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[801/0839] Vierdes Buch. jedoch/ weil ſie deꝛſelben nicht wirdig ſind/ ſo muß ihnen auch das uͤbrige entzogen werden. Drum ſo ſaget nun den unbeſonnenen Knaben unſern Knechten/ wir haben die Ruten ſchon binden laſſen/ damit ſie ihre zuͤchtigung einnehmen ſollen/ und moͤchten wir gerne ſe- hen/ was hinter ihrem ohmaͤchtigen Draͤuen und Abſagung ſtecke. Daß aber eures mut- willens vor dißmahl geſchonet wird/ habt ihr bloß unſer Gnade zu danken/ und trollet euch ohn einiges Wortſprechen ſtuͤndlich aus unſerm Gebiet/ dafern ihr nicht mit euren Her- richen zu buͤſſen Luſt traget. Dieſe wurden froh/ daß ſie mit dem Leben davon kahmen/ mach- ten ſich alsbald aus dem Staube/ und ſties Tyriotes eine Meile von der Stad auff ſie/ dem Gallus allen Verlauff erzaͤhlete/ und mit ihm Abſcheid nam/ an was Ort ſie auff ihn warten/ und in einer Geſelſchaft wieder fortgehen wolten. Dieſer/ ſo bald er zu Timokles kam/ den Gallus nicht eins hatte anſprechen koͤnnen/ uͤberreichte er ihm das Schreiben/ der es in einem hohlen Pfeile hinauff ſchoß/ gleich da das Fraͤulein bey ſpaͤtem Abend vor ihrem Fenſter ſtund/ welche denſelben bald hohlete/ und nach heraußzihung des Briefes/ dieſe Worte laſe: Allerſchoͤnſter Seelen-Schaz; euer Liebe Wiederwertigkeit habe ich mit hoͤch- ſten Schmerzen empfunden/ danke dem grundguͤtigen Gotte/ daß er auch dißmahl noch des grim̃igen Loͤuen Wuht gebrochen/ und mein unſchuldiges Schaͤflein gnaͤdig errettet hat. Sonſten hat eure Lie- be au beſtim̃ung der Zeit ſehr weißlich gehandelt/ und wil ich mit der Huͤlffe meines Heylandes nicht fehlen/ vor angeſetzter Zeit/ dafern ich lebe/ fruͤh genug bey ihr zu ſeyn/ da mir/ ob Gott wil/ der ſchon gemachte Anſchlag nicht mißrahten wird. Inzwiſchen ſtellet euch gegen euer Frauenzimmer froͤlich/ damit man keinen Argwohn auff euch faſſe; unterhaltet auch den Koͤnig mit aller Freundligkeit/ und reitet ihn im gelindeſten Zuͤgel/ daß er unſere Freude nicht ſtoͤren moͤge/ deren wir geliebts Gott ge- denken zugenieſſen. Ich werde ſchon wiſſen dem Koͤnige eine glaubwirdige Urſach beyzubringen/ daß er mich wol vor entſchuldiget halten ſol. Gott zu tauſend mahlen befohlen/ und ſeid fort nicht mehr die bekuͤmmerte/ ſondern die froͤliche Valiſka/ damit ich lange bleiben moͤge/ euer Liebe inbruͤnſtiger ganz ergebener Herkules. Ey ſo wil ich auch meinem Gott vertrauen/ ſagte ſie bey ſich ſelbſt/ und wird mein Erloͤſer mich mit dem unſchuldigen Daniel aus der Loͤuen Grube/ uñ mit Joſeph aus dem Gefaͤngnis ſchon zuerretten wiſſen/ daß ich noch meine Luſt an ſeineꝛ Gnade ſehe. Ein halb Stuͤndichen hernach kam ihre Hoffmeiſterin wieder zu ihr/ und brachte ihr das Brieflein von Herkules/ dann ihr Sohn wahr wieder angelanget/ welcher durch einen Unfall (er wahr mit dem Pferde geſtuͤrzet und hatte einen Arm verrenket) ſich auff der Reiſe einen Tag zu lange auffgehalten hatte. Das Fraͤulein aber ſtellete ſich betruͤbt/ und gab zur Ant- wort/ ſie ſtuͤnde im zweiffel/ ob ſie ihres unbeſonnenen Bruders Brieff leſen/ oder hinun- ter in den Graben werffen wolte; endlich auff der Hoffmeiſterin anhalten/ oͤffnete ſie den- ſelben/ der alſo lautete: Zeigern dieſes wird zum beweiß der geſchehenen Einlieferung eines Brie- fes von der ſtolzen Herkuliſken geſchrieben/ hiemit erteilet/ haͤtte zwar eine ſcharffe Antwort darauff gehoͤret/ aber weil dieſelbe ihr verhoffentlich ſchon wird zu handen kommen ſeyn/ erachtet man unnoͤh- tig ein Gemuͤſe zweimahl zu kochen. Ich unterſchriebe mich billich in dieſem Zettel als Bruder/ wañ nicht dein ſtolzer Sinn die ehmahl Schweſterliche Gewogenheit aus deinem Herzen verſtoſſen haͤtte. O bedenke dich eines beſſern/ wo du nicht wilt mit ſamt deinem Koͤnige/ aus welchem du gleichſam ei- nen Abgott/ und dich zur Abgoͤttin macheſt/ zu truͤmmern und bodem gehen. Das iſt mir ein Bru- der/ das iſt mir ein Bruder/ ſagte das Fraͤulein nach verleſung; ſtund hierauff ein wenig ſtille als in tieffen Gedanken/ und fing hernach wieder an: Nun/ was wil ich machen? zwar ich I i i i i

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 801. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/839>, abgerufen am 09.11.2024.