Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

Bild:
<< vorherige Seite

Drittes Buch.
erst ihren köstlichen Schein und rechtständige Glükseligkeit/ wann sie geläutert/ und von
dem irdischen schwachen Leibe abgescheiden wird/ welches auch die einige bewägende Ur-
sach ist/ daß wir Menschen uns von Leibes Wollust und Frecheit abzihen/ und der Tugend
alle unsere Händel und Vornehmen widmen/ damit wir der künfftigen Glüseligkeit nicht
mögen beraubet werden. Mazeus wunderte sich zum höchsten seiner vernünfftigen Reden/
und sagte zu ihm: Hochgeliebter Jüngling/ was vor gelehrte Unterweisungen haben eu-
re Lehrmeister euch in solcher Jugend beygebracht/ die man bey den alten Weisen kaum
suchen darff/ und gebe der Himmel/ daß ihr die vollkommenen Jahre erreichen/ und den so
wol angefangenen Tugendlauff glüklich vollenden möget; Ich zweifele sonst gar nicht/ daß
wann ich hundert Söhne eures gleichen hätte/ wolte ich durch eure Tugend ein Herr über
die ganze Welt werden. Das würde schwerlich geschehen/ antwortete er; dann sie würden
umb Herrschafft willen keinen Pfeil verschiessen/ und kein Schwert blössen/ sondern viel-
lieber andern rechtmässigen Besitzern das ihre beschützen helffen. Solches würde ich sie
selbst heissen/ sagte Mazeus; ich rede aber von ihrem Vermögen/ insonderheit/ da sie zu ih-
ren vollen Kräfften kommen solten. Frl. Barsene wahr wegen des harten schreckens kaum
wieder zu sich selbst kommen/ und hatte die Kühnheit nicht/ dem todten Tiger nahe zutreten/
biß Herkuliskus sagte: Hochgebornes Fräulein/ wie scheuhet sie sich doch fast mehr vor ihren
todten als lebendigen Feind; dann wie sie die lezte im flihen wahr/ also ist sie die lezte im wie-
derkehren. Als er dieses redete/ hörete er zugleich ein Geräusche in der Lufft/ und ward ge-
wahr/ daß ein grosser Vogel nach einer Taube schoß/ und sie mit den Klauen fassete/ so be-
richtete ihn Mazeus auff seine Frage/ es währe ein Adler/ deswegen er denselben eigentli-
cher zubesehen/ den Bogen fassete/ und im Fluge ihn durch den Hals schoß/ daß er/ wiewol
ausserhalb des Schlosses herunter fiel/ und die gefangene Taube unverlezt davon flog; wel-
ches ein alter Kriegsknecht/ Nahmens Boges/ der auff der Schildwache stund/ ersehend/
aus weissagendem Geiste zu ihm sagete: Treflicher Jüngling/ gedenket an mich/ wann die-
ses Vorbide an euch erfüllet wird; Dann der Adler ist der gröste Räuber im obern Reiche
der Lufft/ und das Täublein das unschuldigste Tihrlein. Mazeus wahr gleich hingangen/
den Adler/ welcher noch lebete/ auffheben zulassen/ und hörete dieses Gespräch nicht/ deswe-
gen Herkuliskus ihm desto kühner antwortete/ und zu ihm sagete: Mein Freund/ ob ihr der-
eins mein Wolergehen erfahren würdet/ so sprechet mir zu/ ich wil euch diesen Trost unver-
golten nicht lassen. Batis kam mit dem Adeler/ den er vollends zu tode geschlagen hatte/
dorther getreten/ und durffte öffentlich sagen/ er könte nicht gläuben/ daß folcher Schützen
mehr in der ganzen Welt wären; dessen Herkuliskus nur lachete/ und ihn erinnerte/ er hätte
gar nit gelernet/ in seinen Reden das Mittel zuhalten; dann/ sagte er/ es ist noch nicht gnug/
oder die höchste Kunst/ gewiß zu schiessen/ wann man fest stehet/ sondern da man zu Pferde
sitzet/ und im vollen rennen dergleichen vorüber fliegende Dinge in der Lufft oder auff der
Erden fellet; solches hat meiner Meynung nach etwas mehr auff sich/ und kenne ich einen
meines Alters/ der sichs zur Unehr gerechnet hätte/ daß ihm ein Hase/ den er mit dem Pfer-
de verfolgete/ solte entsprungen seyn/ wann ihm sein Boge zur Hand wahr; und daß ichs
ohn Ruhm melde/ möchte ichs ehmahls auch zuzeiten geleistet haben. Ich halte dessen nichts
mehr vor unmöglich/ antwortete Batis/ nach dem ich heut viel unmögliches gesehen habe.

Hie-
A a a a iij

Drittes Buch.
erſt ihren koͤſtlichen Schein und rechtſtaͤndige Gluͤkſeligkeit/ wann ſie gelaͤutert/ und von
dem irdiſchen ſchwachen Leibe abgeſcheiden wird/ welches auch die einige bewaͤgende Ur-
ſach iſt/ daß wir Menſchen uns von Leibes Wolluſt und Frecheit abzihen/ und der Tugend
alle unſere Haͤndel und Vornehmen widmen/ damit wir der kuͤnfftigen Gluͤſeligkeit nicht
moͤgen beraubet werden. Mazeus wunderte ſich zum hoͤchſten ſeiner vernuͤnfftigen Redẽ/
und ſagte zu ihm: Hochgeliebter Juͤngling/ was vor gelehrte Unterweiſungen haben eu-
re Lehrmeiſter euch in ſolcher Jugend beygebracht/ die man bey den alten Weiſen kaum
ſuchen darff/ und gebe der Himmel/ daß ihr die vollkommenen Jahre erreichen/ und den ſo
wol angefangenen Tugendlauff gluͤklich vollenden moͤget; Ich zweifele ſonſt gar nicht/ daß
wann ich hundert Soͤhne eures gleichen haͤtte/ wolte ich durch eure Tugend ein Herꝛ uͤber
die ganze Welt werden. Das wuͤrde ſchwerlich geſchehen/ antwortete er; dann ſie wuͤrdẽ
umb Herrſchafft willen keinen Pfeil verſchieſſen/ und kein Schwert bloͤſſen/ ſondern viel-
lieber andern rechtmaͤſſigen Beſitzern das ihre beſchuͤtzen helffen. Solches wuͤrde ich ſie
ſelbſt heiſſen/ ſagte Mazeus; ich rede aber von ihrem Vermoͤgen/ inſonderheit/ da ſie zu ih-
ren vollen Kraͤfften kommen ſolten. Frl. Barſene wahr wegen des harten ſchreckens kaum
wieder zu ſich ſelbſt kommen/ und hatte die Kuͤhnheit nicht/ dem todten Tigeꝛ nahe zutreten/
biß Herkuliſkus ſagte: Hochgebornes Fraͤulein/ wie ſcheuhet ſie ſich doch faſt mehr vor ihrẽ
todtẽ als lebendigen Feind; dann wie ſie die lezte im flihen wahr/ alſo iſt ſie die lezte im wie-
derkehren. Als er dieſes redete/ hoͤrete er zugleich ein Geraͤuſche in der Lufft/ und ward ge-
wahr/ daß ein groſſer Vogel nach einer Taube ſchoß/ und ſie mit den Klauen faſſete/ ſo be-
richtete ihn Mazeus auff ſeine Frage/ es waͤhre ein Adler/ deswegen er denſelben eigentli-
cher zubeſehen/ den Bogen faſſete/ und im Fluge ihn durch den Hals ſchoß/ daß er/ wiewol
auſſerhalb des Schloſſes herunter fiel/ und die gefangene Taube unverlezt davon flog; wel-
ches ein alter Kriegsknecht/ Nahmens Boges/ der auff der Schildwache ſtund/ erſehend/
aus weiſſagendem Geiſte zu ihm ſagete: Treflicher Juͤngling/ gedenket an mich/ wann die-
ſes Vorbide an euch erfuͤllet wird; Dann der Adler iſt der groͤſte Raͤuber im obern Reiche
der Lufft/ und das Taͤublein das unſchuldigſte Tihrlein. Mazeus wahr gleich hingangen/
den Adler/ welcher noch lebete/ auffheben zulaſſen/ und hoͤrete dieſes Geſpraͤch nicht/ deswe-
gen Herkuliſkus ihm deſto kuͤhner antwortete/ und zu ihm ſagete: Mein Freund/ ob ihr deꝛ-
eins mein Wolergehen erfahren wuͤrdet/ ſo ſprechet mir zu/ ich wil euch dieſen Tꝛoſt unveꝛ-
golten nicht laſſen. Batis kam mit dem Adeler/ den er vollends zu tode geſchlagen hatte/
dorther getreten/ und durffte oͤffentlich ſagen/ er koͤnte nicht glaͤuben/ daß folcher Schuͤtzen
mehr in der ganzen Welt waͤren; deſſen Herkuliſkus nur lachete/ und ihn eriñerte/ er haͤtte
gaꝛ nit gelernet/ in ſeinen Reden das Mittel zuhalten; dann/ ſagte er/ es iſt noch nicht gnug/
oder die hoͤchſte Kunſt/ gewiß zu ſchieſſen/ wann man feſt ſtehet/ ſondern da man zu Pferde
ſitzet/ und im vollen rennen dergleichen voruͤber fliegende Dinge in der Lufft oder auff der
Erden fellet; ſolches hat meiner Meynung nach etwas mehr auff ſich/ und kenne ich einen
meines Alters/ der ſichs zur Unehr gerechnet haͤtte/ daß ihm ein Haſe/ den er mit dem Pfer-
de verfolgete/ ſolte entſprungen ſeyn/ wann ihm ſein Boge zur Hand wahr; und daß ichs
ohn Ruhm melde/ moͤchte ichs ehmahls auch zuzeiten geleiſtet habẽ. Ich halte deſſen nichts
mehr vor unmoͤglich/ antwortete Batis/ nach dem ich heut viel unmoͤgliches geſehen habe.

Hie-
A a a a iij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <p><pb facs="#f0595" n="557"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch.</hi></fw><lb/>
er&#x017F;t ihren ko&#x0364;&#x017F;tlichen Schein und recht&#x017F;ta&#x0364;ndige Glu&#x0364;k&#x017F;eligkeit/ wann &#x017F;ie gela&#x0364;utert/ und von<lb/>
dem irdi&#x017F;chen &#x017F;chwachen Leibe abge&#x017F;cheiden wird/ welches auch die einige bewa&#x0364;gende Ur-<lb/>
&#x017F;ach i&#x017F;t/ daß wir Men&#x017F;chen uns von Leibes Wollu&#x017F;t und Frecheit abzihen/ und der Tugend<lb/>
alle un&#x017F;ere Ha&#x0364;ndel und Vornehmen widmen/ damit wir der ku&#x0364;nfftigen Glu&#x0364;&#x017F;eligkeit nicht<lb/>
mo&#x0364;gen beraubet werden. Mazeus wunderte &#x017F;ich zum ho&#x0364;ch&#x017F;ten &#x017F;einer vernu&#x0364;nfftigen Rede&#x0303;/<lb/>
und &#x017F;agte zu ihm: Hochgeliebter Ju&#x0364;ngling/ was vor gelehrte Unterwei&#x017F;ungen haben eu-<lb/>
re Lehrmei&#x017F;ter euch in &#x017F;olcher Jugend beygebracht/ die man bey den alten Wei&#x017F;en kaum<lb/>
&#x017F;uchen darff/ und gebe der Himmel/ daß ihr die vollkommenen Jahre erreichen/ und den &#x017F;o<lb/>
wol angefangenen Tugendlauff glu&#x0364;klich vollenden mo&#x0364;get; Ich zweifele &#x017F;on&#x017F;t gar nicht/ daß<lb/>
wann ich hundert So&#x0364;hne eures gleichen ha&#x0364;tte/ wolte ich durch eure Tugend ein Her&#xA75B; u&#x0364;ber<lb/>
die ganze Welt werden. Das wu&#x0364;rde &#x017F;chwerlich ge&#x017F;chehen/ antwortete er; dann &#x017F;ie wu&#x0364;rde&#x0303;<lb/>
umb Herr&#x017F;chafft willen keinen Pfeil ver&#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en/ und kein Schwert blo&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ondern viel-<lb/>
lieber andern rechtma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Be&#x017F;itzern das ihre be&#x017F;chu&#x0364;tzen helffen. Solches wu&#x0364;rde ich &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t hei&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;agte Mazeus; ich rede aber von ihrem Vermo&#x0364;gen/ in&#x017F;onderheit/ da &#x017F;ie zu ih-<lb/>
ren vollen Kra&#x0364;fften kommen &#x017F;olten. Frl. Bar&#x017F;ene wahr wegen des harten &#x017F;chreckens kaum<lb/>
wieder zu &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t kommen/ und hatte die Ku&#x0364;hnheit nicht/ dem todten Tige&#xA75B; nahe zutreten/<lb/>
biß Herkuli&#x017F;kus &#x017F;agte: Hochgebornes Fra&#x0364;ulein/ wie &#x017F;cheuhet &#x017F;ie &#x017F;ich doch fa&#x017F;t mehr vor ihre&#x0303;<lb/>
todte&#x0303; als lebendigen Feind; dann wie &#x017F;ie die lezte im flihen wahr/ al&#x017F;o i&#x017F;t &#x017F;ie die lezte im wie-<lb/>
derkehren. Als er die&#x017F;es redete/ ho&#x0364;rete er zugleich ein Gera&#x0364;u&#x017F;che in der Lufft/ und ward ge-<lb/>
wahr/ daß ein gro&#x017F;&#x017F;er Vogel nach einer Taube &#x017F;choß/ und &#x017F;ie mit den Klauen fa&#x017F;&#x017F;ete/ &#x017F;o be-<lb/>
richtete ihn Mazeus auff &#x017F;eine Frage/ es wa&#x0364;hre ein Adler/ deswegen er den&#x017F;elben eigentli-<lb/>
cher zube&#x017F;ehen/ den Bogen fa&#x017F;&#x017F;ete/ und im Fluge ihn durch den Hals &#x017F;choß/ daß er/ wiewol<lb/>
au&#x017F;&#x017F;erhalb des Schlo&#x017F;&#x017F;es herunter fiel/ und die gefangene Taube unverlezt davon flog; wel-<lb/>
ches ein alter Kriegsknecht/ Nahmens Boges/ der auff der Schildwache &#x017F;tund/ er&#x017F;ehend/<lb/>
aus wei&#x017F;&#x017F;agendem Gei&#x017F;te zu ihm &#x017F;agete: Treflicher Ju&#x0364;ngling/ gedenket an mich/ wann die-<lb/>
&#x017F;es Vorbide an euch erfu&#x0364;llet wird; Dann der Adler i&#x017F;t der gro&#x0364;&#x017F;te Ra&#x0364;uber im obern Reiche<lb/>
der Lufft/ und das Ta&#x0364;ublein das un&#x017F;chuldig&#x017F;te Tihrlein. Mazeus wahr gleich hingangen/<lb/>
den Adler/ welcher noch lebete/ auffheben zula&#x017F;&#x017F;en/ und ho&#x0364;rete die&#x017F;es Ge&#x017F;pra&#x0364;ch nicht/ deswe-<lb/>
gen Herkuli&#x017F;kus ihm de&#x017F;to ku&#x0364;hner antwortete/ und zu ihm &#x017F;agete: Mein Freund/ ob ihr de&#xA75B;-<lb/>
eins mein Wolergehen erfahren wu&#x0364;rdet/ &#x017F;o &#x017F;prechet mir zu/ ich wil euch die&#x017F;en T&#xA75B;o&#x017F;t unve&#xA75B;-<lb/>
golten nicht la&#x017F;&#x017F;en. Batis kam mit dem Adeler/ den er vollends zu tode ge&#x017F;chlagen hatte/<lb/>
dorther getreten/ und durffte o&#x0364;ffentlich &#x017F;agen/ er ko&#x0364;nte nicht gla&#x0364;uben/ daß folcher Schu&#x0364;tzen<lb/>
mehr in der ganzen Welt wa&#x0364;ren; de&#x017F;&#x017F;en Herkuli&#x017F;kus nur lachete/ und ihn erin&#x0303;erte/ er ha&#x0364;tte<lb/>
ga&#xA75B; nit gelernet/ in &#x017F;einen Reden das Mittel zuhalten; dann/ &#x017F;agte er/ es i&#x017F;t noch nicht gnug/<lb/>
oder die ho&#x0364;ch&#x017F;te Kun&#x017F;t/ gewiß zu &#x017F;chie&#x017F;&#x017F;en/ wann man fe&#x017F;t &#x017F;tehet/ &#x017F;ondern da man zu Pferde<lb/>
&#x017F;itzet/ und im vollen rennen dergleichen voru&#x0364;ber fliegende Dinge in der Lufft oder auff der<lb/>
Erden fellet; &#x017F;olches hat meiner Meynung nach etwas mehr auff &#x017F;ich/ und kenne ich einen<lb/>
meines Alters/ der &#x017F;ichs zur Unehr gerechnet ha&#x0364;tte/ daß ihm ein Ha&#x017F;e/ den er mit dem Pfer-<lb/>
de verfolgete/ &#x017F;olte ent&#x017F;prungen &#x017F;eyn/ wann ihm &#x017F;ein Boge zur Hand wahr; und daß ichs<lb/>
ohn Ruhm melde/ mo&#x0364;chte ichs ehmahls auch zuzeiten gelei&#x017F;tet habe&#x0303;. Ich halte de&#x017F;&#x017F;en nichts<lb/>
mehr vor unmo&#x0364;glich/ antwortete Batis/ nach dem ich heut viel unmo&#x0364;gliches ge&#x017F;ehen habe.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a a a iij</fw><fw place="bottom" type="catch">Hie-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[557/0595] Drittes Buch. erſt ihren koͤſtlichen Schein und rechtſtaͤndige Gluͤkſeligkeit/ wann ſie gelaͤutert/ und von dem irdiſchen ſchwachen Leibe abgeſcheiden wird/ welches auch die einige bewaͤgende Ur- ſach iſt/ daß wir Menſchen uns von Leibes Wolluſt und Frecheit abzihen/ und der Tugend alle unſere Haͤndel und Vornehmen widmen/ damit wir der kuͤnfftigen Gluͤſeligkeit nicht moͤgen beraubet werden. Mazeus wunderte ſich zum hoͤchſten ſeiner vernuͤnfftigen Redẽ/ und ſagte zu ihm: Hochgeliebter Juͤngling/ was vor gelehrte Unterweiſungen haben eu- re Lehrmeiſter euch in ſolcher Jugend beygebracht/ die man bey den alten Weiſen kaum ſuchen darff/ und gebe der Himmel/ daß ihr die vollkommenen Jahre erreichen/ und den ſo wol angefangenen Tugendlauff gluͤklich vollenden moͤget; Ich zweifele ſonſt gar nicht/ daß wann ich hundert Soͤhne eures gleichen haͤtte/ wolte ich durch eure Tugend ein Herꝛ uͤber die ganze Welt werden. Das wuͤrde ſchwerlich geſchehen/ antwortete er; dann ſie wuͤrdẽ umb Herrſchafft willen keinen Pfeil verſchieſſen/ und kein Schwert bloͤſſen/ ſondern viel- lieber andern rechtmaͤſſigen Beſitzern das ihre beſchuͤtzen helffen. Solches wuͤrde ich ſie ſelbſt heiſſen/ ſagte Mazeus; ich rede aber von ihrem Vermoͤgen/ inſonderheit/ da ſie zu ih- ren vollen Kraͤfften kommen ſolten. Frl. Barſene wahr wegen des harten ſchreckens kaum wieder zu ſich ſelbſt kommen/ und hatte die Kuͤhnheit nicht/ dem todten Tigeꝛ nahe zutreten/ biß Herkuliſkus ſagte: Hochgebornes Fraͤulein/ wie ſcheuhet ſie ſich doch faſt mehr vor ihrẽ todtẽ als lebendigen Feind; dann wie ſie die lezte im flihen wahr/ alſo iſt ſie die lezte im wie- derkehren. Als er dieſes redete/ hoͤrete er zugleich ein Geraͤuſche in der Lufft/ und ward ge- wahr/ daß ein groſſer Vogel nach einer Taube ſchoß/ und ſie mit den Klauen faſſete/ ſo be- richtete ihn Mazeus auff ſeine Frage/ es waͤhre ein Adler/ deswegen er denſelben eigentli- cher zubeſehen/ den Bogen faſſete/ und im Fluge ihn durch den Hals ſchoß/ daß er/ wiewol auſſerhalb des Schloſſes herunter fiel/ und die gefangene Taube unverlezt davon flog; wel- ches ein alter Kriegsknecht/ Nahmens Boges/ der auff der Schildwache ſtund/ erſehend/ aus weiſſagendem Geiſte zu ihm ſagete: Treflicher Juͤngling/ gedenket an mich/ wann die- ſes Vorbide an euch erfuͤllet wird; Dann der Adler iſt der groͤſte Raͤuber im obern Reiche der Lufft/ und das Taͤublein das unſchuldigſte Tihrlein. Mazeus wahr gleich hingangen/ den Adler/ welcher noch lebete/ auffheben zulaſſen/ und hoͤrete dieſes Geſpraͤch nicht/ deswe- gen Herkuliſkus ihm deſto kuͤhner antwortete/ und zu ihm ſagete: Mein Freund/ ob ihr deꝛ- eins mein Wolergehen erfahren wuͤrdet/ ſo ſprechet mir zu/ ich wil euch dieſen Tꝛoſt unveꝛ- golten nicht laſſen. Batis kam mit dem Adeler/ den er vollends zu tode geſchlagen hatte/ dorther getreten/ und durffte oͤffentlich ſagen/ er koͤnte nicht glaͤuben/ daß folcher Schuͤtzen mehr in der ganzen Welt waͤren; deſſen Herkuliſkus nur lachete/ und ihn eriñerte/ er haͤtte gaꝛ nit gelernet/ in ſeinen Reden das Mittel zuhalten; dann/ ſagte er/ es iſt noch nicht gnug/ oder die hoͤchſte Kunſt/ gewiß zu ſchieſſen/ wann man feſt ſtehet/ ſondern da man zu Pferde ſitzet/ und im vollen rennen dergleichen voruͤber fliegende Dinge in der Lufft oder auff der Erden fellet; ſolches hat meiner Meynung nach etwas mehr auff ſich/ und kenne ich einen meines Alters/ der ſichs zur Unehr gerechnet haͤtte/ daß ihm ein Haſe/ den er mit dem Pfer- de verfolgete/ ſolte entſprungen ſeyn/ wann ihm ſein Boge zur Hand wahr; und daß ichs ohn Ruhm melde/ moͤchte ichs ehmahls auch zuzeiten geleiſtet habẽ. Ich halte deſſen nichts mehr vor unmoͤglich/ antwortete Batis/ nach dem ich heut viel unmoͤgliches geſehen habe. Hie- A a a a iij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/595
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 557. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/595>, abgerufen am 23.12.2024.