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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Erstes Buch.
Zucht und Schönheit überauß grosses Gefallen trug/ antwortete ihm: Ach mein Herr/
ich bitte freundlich/ er wolle sich allerdinge Unschuldigen nicht anklagen/ gestaltsam ich von
jhm ja nichts als alles gutes empfangen; hätte auch vielmehr umb Verzeihung zu bitten/
daß ich sein ehrliebendes Gemüht in zweifel zihen/ und mich über ihn beschweren dürffen/
wovor ich gerne Abtrag machen wolte/ wann ich nur des Vermögens währe. Er hinge-
gen wendete ein/ es währe seine höchste Vergnügung/ wann sie sein Verbrechen übersehen
und vergessen wolte; huhb sie auch über alles Gesträuche mit anmuhtigen Bezeugungen
seines ergebenen Willens/ dessen sie mit guter Auffmerkung wahr nam/ weil sie ohn das ei-
ne Schuldigkeit der Vergeltung vor geleistete hohe Dienste in ihrem Herzen empfand/ da-
her sie ihm alles gutes/ wie ihr selbst/ gönnete; betrachtete auch nicht allein seine Tugend
mit den Gedanken ihrer hochvernünfftigen Seele/ sondern sahe sein liebreiches Angesicht
ohn alle Einbildung der Genießwilligen Liebe zum oftern an/ und hütete sich nicht vor dem
Gifft/ welcher durch der Augen und Zungen Bedienung sich biß in das innerste des Her-
zen hinein zu senken pfleget/ weil sie nicht allein noch jung/ und im XVI Jahre ihres Alters/
sondern auch von ihren Eltern in höchster Zucht aufferzogen/ und von aller leichtfertigen
Geselschafft abgehalten wahr/ welche offters der zarten Jugend viel schädlicher/ als die
gifftigsten Schlangen sind. Die holdseligen Unterredungen kürzeten ihnen des Weges
Länge/ und machten sie des mühseligen gehens wenig empfinden/ daß ehe sie sichs versa-
hen/ sie sich schon auff dem Platze befunden/ und nicht ohn Bestürzung sechs auffgerichte-
ter herlicher Mahlzeichen gewahr wurden/ daher sie anfangs meyneten/ sie hätten den rech-
ten Ort nicht angetroffen/ eileten doch nicht destoweniger/ die erhabenen außgehauenen
Steine zubesichtigen/ unter denen der eine sechs Ellen lang und drittehalb Ellen breit/ ganz
glat gehauen wahr/ an dem sie diese Messinges künstlich eingegossene Schrifft lasen:
Stetswehrendes Ehren Gedächtniß der treflichen Helden/ welche auff diesem unseligen Platze von
vierzig Römischen Rittern unredlicher weise angegriffen/ und nach langem ernstlichen Gefechte
über mannet und erschlagen sind; deren Todt an den Mördern und ihren Helffers-Helffern zu rächen/
die löbliche verschworne Gesellschafft ihr vorbehalten hat.

Unten am Steine wahr die Jahr-Monat und Tagezahl solcher Niederlage abge-
hauen. Der Stein so diesem am nähesten stund/ wahr ein grosses Mannesbilde/ welches
in der Rechten ein Schwert/ und in der Linken einen Schild hielte/ und lase man zu oberst
auff einem Getäffel diese Schrifft: Orgetorix der grosse von Leibe/ Gemüht/ Kunst und Kräff-
ten/ aller Fechter Ehr und überwinder/ bestalter Herzog über 38000 Mann/ lieget unter diesem Stei-
ne begraben/ von XV geharnischten Rittern schelmisch überfallen/ deren er vor seinem Tode zwey ni-
dergehauen; dessen Blut umb Rache schreyhet. Nähest ihm stund ein gepanzertes Bilde mit
gleichem Gewehr/ und mit dieser Uberschrifft: Herr Dumnorix Obrister über 4000 lieget
unter diesem Steine/ von acht Rittern unredlicher Weise erschlagen. Das folgende Bild glei-
cher Gestalt/ wahr unter dieser Schrifft zuerkennen: Herr Ambiorix/ Obrister über 3000/ hat
allhier seinen kühnen Geist aufgegeben/ von acht Rittern nidergemacht. An den zweyen übrigen
auffgerichteten Steinen/ in nicht so hoher grösse/ lasen sie diese Worte; als am ersten:
Fimbria/ Herren Dumnorix Obrister Wachtmeister/ von fünff Rittern ermordet/ hat seinem Obri-
sten im Tode Geselschafft leisten wollen. An dem lezten: Sergius/ Herren Ambiorix Häuptman
über ein Freyfähnlein/ ist alhie von vier Rittern erleget worden. Sie verwunderten sich dieser

Begeb-

Erſtes Buch.
Zucht und Schoͤnheit uͤberauß groſſes Gefallen trug/ antwortete ihm: Ach mein Herr/
ich bitte freundlich/ er wolle ſich allerdinge Unſchuldigen nicht anklagen/ geſtaltſam ich von
jhm ja nichts als alles gutes empfangen; haͤtte auch vielmehr umb Verzeihung zu bitten/
daß ich ſein ehrliebendes Gemuͤht in zweifel zihen/ und mich uͤber ihn beſchweren duͤrffen/
wovor ich gerne Abtrag machen wolte/ wann ich nur des Vermoͤgens waͤhre. Er hinge-
gen wendete ein/ es waͤhre ſeine hoͤchſte Vergnuͤgung/ wann ſie ſein Verbrechen uͤberſehen
und vergeſſen wolte; huhb ſie auch uͤber alles Geſtraͤuche mit anmuhtigen Bezeugungen
ſeines ergebenen Willens/ deſſen ſie mit guter Auffmerkung wahꝛ nam/ weil ſie ohn das ei-
ne Schuldigkeit der Vergeltung vor geleiſtete hohe Dienſte in ihrem Herzen empfand/ da-
her ſie ihm alles gutes/ wie ihr ſelbſt/ goͤnnete; betrachtete auch nicht allein ſeine Tugend
mit den Gedanken ihrer hochvernuͤnfftigen Seele/ ſondern ſahe ſein liebreiches Angeſicht
ohn alle Einbildung der Genießwilligen Liebe zum oftern an/ und huͤtete ſich nicht vor dem
Gifft/ welcher durch der Augen und Zungen Bedienung ſich biß in das innerſte des Her-
zen hinein zu ſenken pfleget/ weil ſie nicht allein noch jung/ und im XVI Jahre ihres Alters/
ſondern auch von ihren Eltern in hoͤchſter Zucht aufferzogen/ und von aller leichtfertigen
Geſelſchafft abgehalten wahr/ welche offters der zarten Jugend viel ſchaͤdlicher/ als die
gifftigſten Schlangen ſind. Die holdſeligen Unterredungen kuͤrzeten ihnen des Weges
Laͤnge/ und machten ſie des muͤhſeligen gehens wenig empfinden/ daß ehe ſie ſichs verſa-
hen/ ſie ſich ſchon auff dem Platze befunden/ und nicht ohn Beſtuͤrzung ſechs auffgerichte-
ter herlicher Mahlzeichen gewahr wurden/ daher ſie anfangs meynetẽ/ ſie haͤtten den rech-
ten Ort nicht angetroffen/ eileten doch nicht deſtoweniger/ die erhabenen außgehauenen
Steine zubeſichtigen/ unter denen der eine ſechs Ellen lang und dꝛittehalb Ellen breit/ ganz
glat gehauen wahr/ an dem ſie dieſe Meſſinges kuͤnſtlich eingegoſſene Schrifft laſen:
Stetswehrendes Ehren Gedaͤchtniß der treflichen Helden/ welche auff dieſem unſeligen Platze von
vierzig Roͤmiſchen Rittern unredlicher weiſe angegriffen/ und nach langem ernſtlichen Gefechte
uͤber mannet und erſchlagen ſind; deren Todt an den Moͤrdern und ihren Helffers-Helffern zu raͤchen/
die loͤbliche verſchworne Geſellſchafft ihr vorbehalten hat.

Unten am Steine wahr die Jahr-Monat und Tagezahl ſolcher Niederlage abge-
hauen. Der Stein ſo dieſem am naͤheſten ſtund/ wahr ein groſſes Mannesbilde/ welches
in der Rechten ein Schwert/ und in der Linken einen Schild hielte/ und laſe man zu oberſt
auff einem Getaͤffel dieſe Schrifft: Orgetorix der groſſe von Leibe/ Gemuͤht/ Kunſt und Kraͤff-
ten/ aller Fechter Ehr und uͤberwinder/ beſtalter Herzog uͤber 38000 Mann/ lieget unter dieſem Stei-
ne begraben/ von XV geharniſchten Rittern ſchelmiſch uͤberfallen/ deren er vor ſeinem Tode zwey ni-
dergehauen; deſſen Blut umb Rache ſchreyhet. Naͤheſt ihm ſtund ein gepanzertes Bilde mit
gleichem Gewehr/ und mit dieſer Uberſchrifft: Herr Dumnorix Obriſter uͤber 4000 lieget
unter dieſem Steine/ von acht Rittern unredlicher Weiſe erſchlagen. Das folgende Bild glei-
cher Geſtalt/ wahr unter dieſer Schrifft zuerkennen: Herr Ambiorix/ Obriſter uͤber 3000/ hat
allhier ſeinen kuͤhnen Geiſt aufgegeben/ von acht Rittern nidergemacht. An den zweyen uͤbrigen
auffgerichteten Steinen/ in nicht ſo hoher groͤſſe/ laſen ſie dieſe Worte; als am erſten:
Fimbria/ Herren Dumnorix Obriſter Wachtmeiſter/ von fuͤnff Rittern ermordet/ hat ſeinem Obri-
ſten im Tode Geſelſchafft leiſten wollen. An dem lezten: Sergius/ Herren Ambiorix Haͤuptman
uͤber ein Freyfaͤhnlein/ iſt alhie von vier Rittern erleget worden. Sie verwunderten ſich dieſer

Begeb-
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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/168>, abgerufen am 17.05.2024.