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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 67. Königstreue und Huldigung.
zu einer Reaktion gegen jenen privilegierten Frauenraub. Chlothar II.
musste 614 ausdrücklich verbieten, dass irgend jemand eine Witwe
oder ein Mädchen per auctoritatem regiam zur Ehe begehre48.

Zwischen dem allgemeinen Königsschutze, den sämtliche Unter-
thanen kraft Volksrechts geniessen, und dem besonderen Königsschutz,
wie er durch Kommendation und Mundbrief erworben wurde, steht
der Königsschutz, welchen Kirchen, Witwen, Waisen und Arme (oder
Pilger) kraft allgemeinen königlichen Friedensbannes49 beanspruchen
durften50. Von dem Anteile, den der Sonderschutz des Königs
an dem Rechtsinstitut der Vassallität hatte, wird noch unten die
Rede sein.

§ 67. Königstreue und Huldigung.

P. Roth, Beneficialwesen S. 109 ff. 128 ff. 388 ff. Waitz, VG II 1, S. 206, III
290 ff. Ehrenberg, Commendation und Huldigung S. 105 ff. Derselbe, Die
Treue als Rechtspflicht in der Deutschen Rundschau X, 7. Gierke, Die deutsche
Genossenschaft I (1868) S. 111. Sohm in der Jenaer Litteraturzeitung 1879,
Sp. 299. W. Sickel in den Götting. gel. Anzeigen vom 15. März 1890, S. 212 ff.
Dippe, Gefolgschaft und Huldigung im Reiche der Merowinger, 1889, S. 27.
Dahn, Deutsche Geschichte II 538. Derselbe, Könige der Germanen VI 527.
Köpke, Anfänge des Königthums bei den Gothen S. 194. Stubbs, Constitutional
History of England I, ch. 6, § 62; ch. 7, § 71.

Untreue gegen das Gemeinwesen straft schon das germanische
Recht als unsühnbare That mit Friedlosigkeit und Opfertod. Im
fränkischen Reiche erscheint die Treue zum Gemeinwesen als Treue
zum Träger der Reichsgewalt, als Königstreue. Wer sie bricht, hat

48 Praec. Chloth. c. 7, Cap. I 19. Ed. Chloth. c. 18, I 23. Nach der Synode
von Tours von 567, can. 20, Mansi IX 800, ist schon unter Childebert I. und Chlo-
thar I. ein derartiges Verbot ergangen. Die Konzilien des sechsten Jahrhunderts
kämpften vergeblich gegen den Missbrauch an. Weyl, Staatskirchenrecht zur
Zeit der Merowinger, 1888 (in Gierkes Untersuchungen 27), S. 70 f. Dass er auch
nach Chlothars II. Edict nicht völlig erlosch, lässt sich aus Lex Rom. Cur. I 3, 1
erschliessen. Nachmals übten insbesondere die anglonormannischen Könige den
Heiratszwang, indem sie Erbtöchter und Witwen der Lehnsleute geradezu an den
Meistbietenden verkauften. Man vergleiche c. 8 der Magna Charta Johanns von
England mit c. 7 der Praec. Chloth. II. Siehe oben Anm. 44.
49 Karl betrachtet die Beachtung dieses Sonderfriedens als Konsequenz der
durch den Unterthaneneid übernommenen Treupflicht, quia ipse domnus imperator
post Domini et sanctis eius eorum et protector et defensor esse constitutus est.
Cap. miss. generale v. J. 802, c. 5, I 93. Vgl. unten S. 63.
50 Er heisst auch mundeburdis. Vgl. Conv. apud Confluentes v. J. 860,
Cap. II 157, c. 4.

§ 67. Königstreue und Huldigung.
zu einer Reaktion gegen jenen privilegierten Frauenraub. Chlothar II.
muſste 614 ausdrücklich verbieten, daſs irgend jemand eine Witwe
oder ein Mädchen per auctoritatem regiam zur Ehe begehre48.

Zwischen dem allgemeinen Königsschutze, den sämtliche Unter-
thanen kraft Volksrechts genieſsen, und dem besonderen Königsschutz,
wie er durch Kommendation und Mundbrief erworben wurde, steht
der Königsschutz, welchen Kirchen, Witwen, Waisen und Arme (oder
Pilger) kraft allgemeinen königlichen Friedensbannes49 beanspruchen
durften50. Von dem Anteile, den der Sonderschutz des Königs
an dem Rechtsinstitut der Vassallität hatte, wird noch unten die
Rede sein.

§ 67. Königstreue und Huldigung.

P. Roth, Beneficialwesen S. 109 ff. 128 ff. 388 ff. Waitz, VG II 1, S. 206, III
290 ff. Ehrenberg, Commendation und Huldigung S. 105 ff. Derselbe, Die
Treue als Rechtspflicht in der Deutschen Rundschau X, 7. Gierke, Die deutsche
Genossenschaft I (1868) S. 111. Sohm in der Jenaer Litteraturzeitung 1879,
Sp. 299. W. Sickel in den Götting. gel. Anzeigen vom 15. März 1890, S. 212 ff.
Dippe, Gefolgschaft und Huldigung im Reiche der Merowinger, 1889, S. 27.
Dahn, Deutsche Geschichte II 538. Derselbe, Könige der Germanen VI 527.
Köpke, Anfänge des Königthums bei den Gothen S. 194. Stubbs, Constitutional
History of England I, ch. 6, § 62; ch. 7, § 71.

Untreue gegen das Gemeinwesen straft schon das germanische
Recht als unsühnbare That mit Friedlosigkeit und Opfertod. Im
fränkischen Reiche erscheint die Treue zum Gemeinwesen als Treue
zum Träger der Reichsgewalt, als Königstreue. Wer sie bricht, hat

48 Praec. Chloth. c. 7, Cap. I 19. Ed. Chloth. c. 18, I 23. Nach der Synode
von Tours von 567, can. 20, Mansi IX 800, ist schon unter Childebert I. und Chlo-
thar I. ein derartiges Verbot ergangen. Die Konzilien des sechsten Jahrhunderts
kämpften vergeblich gegen den Miſsbrauch an. Weyl, Staatskirchenrecht zur
Zeit der Merowinger, 1888 (in Gierkes Untersuchungen 27), S. 70 f. Daſs er auch
nach Chlothars II. Edict nicht völlig erlosch, läſst sich aus Lex Rom. Cur. I 3, 1
erschlieſsen. Nachmals übten insbesondere die anglonormannischen Könige den
Heiratszwang, indem sie Erbtöchter und Witwen der Lehnsleute geradezu an den
Meistbietenden verkauften. Man vergleiche c. 8 der Magna Charta Johanns von
England mit c. 7 der Praec. Chloth. II. Siehe oben Anm. 44.
49 Karl betrachtet die Beachtung dieses Sonderfriedens als Konsequenz der
durch den Unterthaneneid übernommenen Treupflicht, quia ipse domnus imperator
post Domini et sanctis eius eorum et protector et defensor esse constitutus est.
Cap. miss. generale v. J. 802, c. 5, I 93. Vgl. unten S. 63.
50 Er heiſst auch mundeburdis. Vgl. Conv. apud Confluentes v. J. 860,
Cap. II 157, c. 4.
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[57/0075] § 67. Königstreue und Huldigung. zu einer Reaktion gegen jenen privilegierten Frauenraub. Chlothar II. muſste 614 ausdrücklich verbieten, daſs irgend jemand eine Witwe oder ein Mädchen per auctoritatem regiam zur Ehe begehre 48. Zwischen dem allgemeinen Königsschutze, den sämtliche Unter- thanen kraft Volksrechts genieſsen, und dem besonderen Königsschutz, wie er durch Kommendation und Mundbrief erworben wurde, steht der Königsschutz, welchen Kirchen, Witwen, Waisen und Arme (oder Pilger) kraft allgemeinen königlichen Friedensbannes 49 beanspruchen durften 50. Von dem Anteile, den der Sonderschutz des Königs an dem Rechtsinstitut der Vassallität hatte, wird noch unten die Rede sein. § 67. Königstreue und Huldigung. P. Roth, Beneficialwesen S. 109 ff. 128 ff. 388 ff. Waitz, VG II 1, S. 206, III 290 ff. Ehrenberg, Commendation und Huldigung S. 105 ff. Derselbe, Die Treue als Rechtspflicht in der Deutschen Rundschau X, 7. Gierke, Die deutsche Genossenschaft I (1868) S. 111. Sohm in der Jenaer Litteraturzeitung 1879, Sp. 299. W. Sickel in den Götting. gel. Anzeigen vom 15. März 1890, S. 212 ff. Dippe, Gefolgschaft und Huldigung im Reiche der Merowinger, 1889, S. 27. Dahn, Deutsche Geschichte II 538. Derselbe, Könige der Germanen VI 527. Köpke, Anfänge des Königthums bei den Gothen S. 194. Stubbs, Constitutional History of England I, ch. 6, § 62; ch. 7, § 71. Untreue gegen das Gemeinwesen straft schon das germanische Recht als unsühnbare That mit Friedlosigkeit und Opfertod. Im fränkischen Reiche erscheint die Treue zum Gemeinwesen als Treue zum Träger der Reichsgewalt, als Königstreue. Wer sie bricht, hat 48 Praec. Chloth. c. 7, Cap. I 19. Ed. Chloth. c. 18, I 23. Nach der Synode von Tours von 567, can. 20, Mansi IX 800, ist schon unter Childebert I. und Chlo- thar I. ein derartiges Verbot ergangen. Die Konzilien des sechsten Jahrhunderts kämpften vergeblich gegen den Miſsbrauch an. Weyl, Staatskirchenrecht zur Zeit der Merowinger, 1888 (in Gierkes Untersuchungen 27), S. 70 f. Daſs er auch nach Chlothars II. Edict nicht völlig erlosch, läſst sich aus Lex Rom. Cur. I 3, 1 erschlieſsen. Nachmals übten insbesondere die anglonormannischen Könige den Heiratszwang, indem sie Erbtöchter und Witwen der Lehnsleute geradezu an den Meistbietenden verkauften. Man vergleiche c. 8 der Magna Charta Johanns von England mit c. 7 der Praec. Chloth. II. Siehe oben Anm. 44. 49 Karl betrachtet die Beachtung dieses Sonderfriedens als Konsequenz der durch den Unterthaneneid übernommenen Treupflicht, quia ipse domnus imperator post Domini et sanctis eius eorum et protector et defensor esse constitutus est. Cap. miss. generale v. J. 802, c. 5, I 93. Vgl. unten S. 63. 50 Er heiſst auch mundeburdis. Vgl. Conv. apud Confluentes v. J. 860, Cap. II 157, c. 4.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/75>, abgerufen am 24.11.2024.