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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 136. Die Bussen.

Die alte Rechtssprache liebte es, die Bussen durch einen kurzen
leicht im Gedächtnisse haftenden Ausdruck zu bezeichnen. Das gilt
nicht nur für das Wergeld, das u. a. als leudi, leod, wer erscheint,
sondern auch für die Bussen im engeren Sinne. Oft entlehnt die
Busse ihren Namen der Missethat, auf die sie gesetzt ist. So be-
deutet bei den Franken texaca nicht nur den Diebstahl, sondern auch
die Diebstahlsbusse, charoena den Raub und die Raubbusse, seolandefa
die Lebensgefährdung und deren Sühne. Ebenso wird furtum für die
compositio furti gebraucht42. Bei den Angelsachsen ist burhbryce der
Einbruch in eine fremde Burg und die Einbruchbusse, mundbryce,
mundbyrd die Verletzung des Mundiums und die Mundbrüche43. Im
Norden heisst landnam die Busse für Landnahme, afang die Busse für
widerrechtliches Angreifen fremder Sachen, handsalaslit die auf Bruch
des Handgelöbnisses gesetzte Busse44. Andere Bussnamen erklären
sich in anderer Weise. So verdanken bannus und mannina ihren
Namen der Aufforderung, deren Nichtbeachtung sie sühnen sollen,
iectitio, iectus der Handlung, die den zu büssenden Wortbruch kon-
statiert45. Von den fränkischen Bussbezeichnungen spotten manche
jeder befriedigenden sprachlichen Erklärung; so das salische Wort
leudardi, eine Busse von 15 Solidi (600 Denaren)46, so die ribuarische
cinu werdunia47.

Zur compositio gehört auch das Friedensgeld. Es ist die com-
positio fisco debita48 und hat in dieser Zeit den Charakter einer
Strafsumme, die wegen Verletzung der Rechtsordnung an die öffent-
liche Gewalt zu zahlen ist. Was das Verhältnis des fredus zur ge-
samten compositio betrifft, so haben wir ein älteres und ein jüngeres
System zu unterscheiden, von welchen jenes den fredus als eine Quote
der compositio erhebt, während dieses die Friedensgelder als fixe Be-
träge neben den Bussen in Rechnung stellt. Bei den Salfranken und

42 Siehe Zeumers Index zur Lex Rib. s. v. texaga, furtum. Dazu Pactus V 14:
solvat solidos 6 in texaga.
43 Schmid, Ges. d. Ags. S. 541. 635.
44 Wilda, Strafrecht S. 348. v. Amira, Recht S. 180.
45 Siehe oben S. 369.
46 Vgl. Graff, Sprachsch. I 403. Grimm bei Merkel, Lex Sal. p. LXI
Kern bei Hessels § 49. 94. Eine sichere Erklärung fehlt auch für die Glosse in
Lex Sal. 23, Cod. 7: leodardo in alia mente borio sito, Cod. 8: brio sito, Herold:
burgo sitto.
47 Siehe oben S. 504, Anm. 64.
48 Greg. Tur. De virtutibus S. Martini IV 26: conpositionem fisco debitam
quam illi fretum vocant.
§ 136. Die Buſsen.

Die alte Rechtssprache liebte es, die Buſsen durch einen kurzen
leicht im Gedächtnisse haftenden Ausdruck zu bezeichnen. Das gilt
nicht nur für das Wergeld, das u. a. als leudi, léod, wer erscheint,
sondern auch für die Buſsen im engeren Sinne. Oft entlehnt die
Buſse ihren Namen der Missethat, auf die sie gesetzt ist. So be-
deutet bei den Franken texaca nicht nur den Diebstahl, sondern auch
die Diebstahlsbuſse, charoëna den Raub und die Raubbuſse, seolandefa
die Lebensgefährdung und deren Sühne. Ebenso wird furtum für die
compositio furti gebraucht42. Bei den Angelsachsen ist burhbryce der
Einbruch in eine fremde Burg und die Einbruchbuſse, mundbryce,
mundbyrd die Verletzung des Mundiums und die Mundbrüche43. Im
Norden heiſst landnám die Buſse für Landnahme, áfang die Buſse für
widerrechtliches Angreifen fremder Sachen, handsalaslit die auf Bruch
des Handgelöbnisses gesetzte Buſse44. Andere Buſsnamen erklären
sich in anderer Weise. So verdanken bannus und mannina ihren
Namen der Aufforderung, deren Nichtbeachtung sie sühnen sollen,
iectitio, iectus der Handlung, die den zu büſsenden Wortbruch kon-
statiert45. Von den fränkischen Buſsbezeichnungen spotten manche
jeder befriedigenden sprachlichen Erklärung; so das salische Wort
leudardi, eine Buſse von 15 Solidi (600 Denaren)46, so die ribuarische
cinu werdunia47.

Zur compositio gehört auch das Friedensgeld. Es ist die com-
positio fisco debita48 und hat in dieser Zeit den Charakter einer
Strafsumme, die wegen Verletzung der Rechtsordnung an die öffent-
liche Gewalt zu zahlen ist. Was das Verhältnis des fredus zur ge-
samten compositio betrifft, so haben wir ein älteres und ein jüngeres
System zu unterscheiden, von welchen jenes den fredus als eine Quote
der compositio erhebt, während dieses die Friedensgelder als fixe Be-
träge neben den Buſsen in Rechnung stellt. Bei den Salfranken und

42 Siehe Zeumers Index zur Lex Rib. s. v. texaga, furtum. Dazu Pactus V 14:
solvat solidos 6 in texaga.
43 Schmid, Ges. d. Ags. S. 541. 635.
44 Wilda, Strafrecht S. 348. v. Amira, Recht S. 180.
45 Siehe oben S. 369.
46 Vgl. Graff, Sprachsch. I 403. Grimm bei Merkel, Lex Sal. p. LXI
Kern bei Hessels § 49. 94. Eine sichere Erklärung fehlt auch für die Glosse in
Lex Sal. 23, Cod. 7: leodardo in alia mente borio sito, Cod. 8: brio sito, Herold:
burgo sitto.
47 Siehe oben S. 504, Anm. 64.
48 Greg. Tur. De virtutibus S. Martini IV 26: conpositionem fisco debitam
quam illi fretum vocant.
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[621/0639] § 136. Die Buſsen. Die alte Rechtssprache liebte es, die Buſsen durch einen kurzen leicht im Gedächtnisse haftenden Ausdruck zu bezeichnen. Das gilt nicht nur für das Wergeld, das u. a. als leudi, léod, wer erscheint, sondern auch für die Buſsen im engeren Sinne. Oft entlehnt die Buſse ihren Namen der Missethat, auf die sie gesetzt ist. So be- deutet bei den Franken texaca nicht nur den Diebstahl, sondern auch die Diebstahlsbuſse, charoëna den Raub und die Raubbuſse, seolandefa die Lebensgefährdung und deren Sühne. Ebenso wird furtum für die compositio furti gebraucht 42. Bei den Angelsachsen ist burhbryce der Einbruch in eine fremde Burg und die Einbruchbuſse, mundbryce, mundbyrd die Verletzung des Mundiums und die Mundbrüche 43. Im Norden heiſst landnám die Buſse für Landnahme, áfang die Buſse für widerrechtliches Angreifen fremder Sachen, handsalaslit die auf Bruch des Handgelöbnisses gesetzte Buſse 44. Andere Buſsnamen erklären sich in anderer Weise. So verdanken bannus und mannina ihren Namen der Aufforderung, deren Nichtbeachtung sie sühnen sollen, iectitio, iectus der Handlung, die den zu büſsenden Wortbruch kon- statiert 45. Von den fränkischen Buſsbezeichnungen spotten manche jeder befriedigenden sprachlichen Erklärung; so das salische Wort leudardi, eine Buſse von 15 Solidi (600 Denaren) 46, so die ribuarische cinu werdunia 47. Zur compositio gehört auch das Friedensgeld. Es ist die com- positio fisco debita 48 und hat in dieser Zeit den Charakter einer Strafsumme, die wegen Verletzung der Rechtsordnung an die öffent- liche Gewalt zu zahlen ist. Was das Verhältnis des fredus zur ge- samten compositio betrifft, so haben wir ein älteres und ein jüngeres System zu unterscheiden, von welchen jenes den fredus als eine Quote der compositio erhebt, während dieses die Friedensgelder als fixe Be- träge neben den Buſsen in Rechnung stellt. Bei den Salfranken und 42 Siehe Zeumers Index zur Lex Rib. s. v. texaga, furtum. Dazu Pactus V 14: solvat solidos 6 in texaga. 43 Schmid, Ges. d. Ags. S. 541. 635. 44 Wilda, Strafrecht S. 348. v. Amira, Recht S. 180. 45 Siehe oben S. 369. 46 Vgl. Graff, Sprachsch. I 403. Grimm bei Merkel, Lex Sal. p. LXI Kern bei Hessels § 49. 94. Eine sichere Erklärung fehlt auch für die Glosse in Lex Sal. 23, Cod. 7: leodardo in alia mente borio sito, Cod. 8: brio sito, Herold: burgo sitto. 47 Siehe oben S. 504, Anm. 64. 48 Greg. Tur. De virtutibus S. Martini IV 26: conpositionem fisco debitam quam illi fretum vocant.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 621. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/639>, abgerufen am 22.11.2024.