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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 132. Die Acht, ihre Spielarten und Abspaltungen.
Ordal von dem drohenden Opfertode errettete21, in die Knechtschaft
verkauft oder dem Tempel des Gottes verknechtet wurde, dem er sonst
wäre geopfert worden22. In Verknechtung wandeln manche Rechte die
Verwirkung des Lebens um, wenn der Verbrecher den Schutz des Asyls
gewonnen hatte23. Auch vermag der König als Milderung der Todes-
strafe dauernde Knechtschaft zu verhängen24. Die Verknechtung
findet sich aber auch als prinzipale Strafe25 bei den Westgoten und
Burgundern, im langobardischen und vermutlich auch im sächsischen
Rechte26, bei den Angelsachsen, die den Straf knecht witetheow nennen,
bei den Oberdeutschen, im norwegischen, isländischen und dänischen
Rechte27. Sie steht hauptsächlich auf Missethaten religiöser Färbung,
wie Blutschande28 und Entheiligung des Sonntags29, und auf Misse-
haten von Frauen30. Der Strafknecht wird Knecht des Fiskus oder
des Verletzten oder dessen, den ihm der Träger der Staatsgewalt
als Herrn bestimmt31. Den Franken ist die Verknechtung als
prinzipale Strafe unbekannt. Dagegen hat das fränkische Recht,
wie es statt der executiven Verknechtung die Keime der Schuldhaft
entwickelte, statt der Strafknechtschaft die Straf haft ausgebildet. Sie
findet sich als eine der Formen des Exils und als Einkerkerung, die
mitunter als Strafe von arbiträrer Dauer angedroht wird32.


21 Vgl. oben I 176 f.
22 Argum. Jonas, Vita Wulframni c. 5, AA SS. März III 146: si tuus Christus
eum de tormento mortis eripuerit, sit eius tuusque servus aevo perenni. A. O. c. 6:
si inde liberare eos poteris, habeat eos deus tuus in servos iure perenni.
23 So regelmässig das westgotische Recht, in einzelnen Fällen auch das angel-
sächsische. Schmid, Ges. der Ags. Anhang IV 16.
24 Vita Desiderii Cadurc. c. 5: .. ut alii ob id truncati, alii interempti, alii
exilio damnati, alii etiam perpetua ob hoc servitute addicti sint, sic quoque, ut
numquam in sempiternum ad libertatis statum meruerint pervenire.
25 Z2 f. RG. XI 88 ff.
26 Verknechtung ist wohl gemeint, wenn es in Cap. de partibus Sax. c. 23,
I 69 heisst: divinos et sortilegos ecclesiis et sacerdotibus dare constituimus.
27 K. Maurer, Schuldknechtschaft S. 11. v. Amira, Vollstreckungsverf.
S. 264. Derselbe, Obligationenrecht II 155, Anm. 5. Stemann, Den danske
Retshistorie S. 279. 621.
28 Lex Burg. 36. Lex Alam. 39. Lex Baiuw. VII 2. 3.
29 Ine 3, § 2. Edw. u. Guthrum c. 7. Lex Alam. 38. Lex Baiuw. App. 1.
30 Lex Baiuw. VIII 18. Vgl. Lex Wisig. VI 3, 1. Gegen die Frau, die sich
mit einem Knechte verbindet, verhängen Burgunder und Langobarden die Ver-
knechtung als subsidiäre Strafe. Siehe oben S. 472. Über das norwegische Recht
siehe die Citate zu Anm. 27 --.
31 Lex Alam. 38: ubi dux ordinaverit.
32 Cap. Pipp. 754/5, c. 1, I 31: mittatur in carcere usque ad satisfactionem.
Cap. Remedii c. 4. 7: recludatur in carcere, quamdiu placuerit senioribus. Cap.

§ 132. Die Acht, ihre Spielarten und Abspaltungen.
Ordal von dem drohenden Opfertode errettete21, in die Knechtschaft
verkauft oder dem Tempel des Gottes verknechtet wurde, dem er sonst
wäre geopfert worden22. In Verknechtung wandeln manche Rechte die
Verwirkung des Lebens um, wenn der Verbrecher den Schutz des Asyls
gewonnen hatte23. Auch vermag der König als Milderung der Todes-
strafe dauernde Knechtschaft zu verhängen24. Die Verknechtung
findet sich aber auch als prinzipale Strafe25 bei den Westgoten und
Burgundern, im langobardischen und vermutlich auch im sächsischen
Rechte26, bei den Angelsachsen, die den Straf knecht wíteþéow nennen,
bei den Oberdeutschen, im norwegischen, isländischen und dänischen
Rechte27. Sie steht hauptsächlich auf Missethaten religiöser Färbung,
wie Blutschande28 und Entheiligung des Sonntags29, und auf Misse-
haten von Frauen30. Der Strafknecht wird Knecht des Fiskus oder
des Verletzten oder dessen, den ihm der Träger der Staatsgewalt
als Herrn bestimmt31. Den Franken ist die Verknechtung als
prinzipale Strafe unbekannt. Dagegen hat das fränkische Recht,
wie es statt der executiven Verknechtung die Keime der Schuldhaft
entwickelte, statt der Strafknechtschaft die Straf haft ausgebildet. Sie
findet sich als eine der Formen des Exils und als Einkerkerung, die
mitunter als Strafe von arbiträrer Dauer angedroht wird32.


21 Vgl. oben I 176 f.
22 Argum. Jonas, Vita Wulframni c. 5, AA SS. März III 146: si tuus Christus
eum de tormento mortis eripuerit, sit eius tuusque servus aevo perenni. A. O. c. 6:
si inde liberare eos poteris, habeat eos deus tuus in servos iure perenni.
23 So regelmäſsig das westgotische Recht, in einzelnen Fällen auch das angel-
sächsische. Schmid, Ges. der Ags. Anhang IV 16.
24 Vita Desiderii Cadurc. c. 5: .. ut alii ob id truncati, alii interempti, alii
exilio damnati, alii etiam perpetua ob hoc servitute addicti sint, sic quoque, ut
numquam in sempiternum ad libertatis statum meruerint pervenire.
25 Z2 f. RG. XI 88 ff.
26 Verknechtung ist wohl gemeint, wenn es in Cap. de partibus Sax. c. 23,
I 69 heiſst: divinos et sortilegos ecclesiis et sacerdotibus dare constituimus.
27 K. Maurer, Schuldknechtschaft S. 11. v. Amira, Vollstreckungsverf.
S. 264. Derselbe, Obligationenrecht II 155, Anm. 5. Stemann, Den danske
Retshistorie S. 279. 621.
28 Lex Burg. 36. Lex Alam. 39. Lex Baiuw. VII 2. 3.
29 Ine 3, § 2. Edw. u. Guthrum c. 7. Lex Alam. 38. Lex Baiuw. App. 1.
30 Lex Baiuw. VIII 18. Vgl. Lex Wisig. VI 3, 1. Gegen die Frau, die sich
mit einem Knechte verbindet, verhängen Burgunder und Langobarden die Ver-
knechtung als subsidiäre Strafe. Siehe oben S. 472. Über das norwegische Recht
siehe die Citate zu Anm. 27 —.
31 Lex Alam. 38: ubi dux ordinaverit.
32 Cap. Pipp. 754/5, c. 1, I 31: mittatur in carcere usque ad satisfactionem.
Cap. Remedii c. 4. 7: recludatur in carcere, quamdiu placuerit senioribus. Cap.
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[594/0612] § 132. Die Acht, ihre Spielarten und Abspaltungen. Ordal von dem drohenden Opfertode errettete 21, in die Knechtschaft verkauft oder dem Tempel des Gottes verknechtet wurde, dem er sonst wäre geopfert worden 22. In Verknechtung wandeln manche Rechte die Verwirkung des Lebens um, wenn der Verbrecher den Schutz des Asyls gewonnen hatte 23. Auch vermag der König als Milderung der Todes- strafe dauernde Knechtschaft zu verhängen 24. Die Verknechtung findet sich aber auch als prinzipale Strafe 25 bei den Westgoten und Burgundern, im langobardischen und vermutlich auch im sächsischen Rechte 26, bei den Angelsachsen, die den Straf knecht wíteþéow nennen, bei den Oberdeutschen, im norwegischen, isländischen und dänischen Rechte 27. Sie steht hauptsächlich auf Missethaten religiöser Färbung, wie Blutschande 28 und Entheiligung des Sonntags 29, und auf Misse- haten von Frauen 30. Der Strafknecht wird Knecht des Fiskus oder des Verletzten oder dessen, den ihm der Träger der Staatsgewalt als Herrn bestimmt 31. Den Franken ist die Verknechtung als prinzipale Strafe unbekannt. Dagegen hat das fränkische Recht, wie es statt der executiven Verknechtung die Keime der Schuldhaft entwickelte, statt der Strafknechtschaft die Straf haft ausgebildet. Sie findet sich als eine der Formen des Exils und als Einkerkerung, die mitunter als Strafe von arbiträrer Dauer angedroht wird 32. 21 Vgl. oben I 176 f. 22 Argum. Jonas, Vita Wulframni c. 5, AA SS. März III 146: si tuus Christus eum de tormento mortis eripuerit, sit eius tuusque servus aevo perenni. A. O. c. 6: si inde liberare eos poteris, habeat eos deus tuus in servos iure perenni. 23 So regelmäſsig das westgotische Recht, in einzelnen Fällen auch das angel- sächsische. Schmid, Ges. der Ags. Anhang IV 16. 24 Vita Desiderii Cadurc. c. 5: .. ut alii ob id truncati, alii interempti, alii exilio damnati, alii etiam perpetua ob hoc servitute addicti sint, sic quoque, ut numquam in sempiternum ad libertatis statum meruerint pervenire. 25 Z2 f. RG. XI 88 ff. 26 Verknechtung ist wohl gemeint, wenn es in Cap. de partibus Sax. c. 23, I 69 heiſst: divinos et sortilegos ecclesiis et sacerdotibus dare constituimus. 27 K. Maurer, Schuldknechtschaft S. 11. v. Amira, Vollstreckungsverf. S. 264. Derselbe, Obligationenrecht II 155, Anm. 5. Stemann, Den danske Retshistorie S. 279. 621. 28 Lex Burg. 36. Lex Alam. 39. Lex Baiuw. VII 2. 3. 29 Ine 3, § 2. Edw. u. Guthrum c. 7. Lex Alam. 38. Lex Baiuw. App. 1. 30 Lex Baiuw. VIII 18. Vgl. Lex Wisig. VI 3, 1. Gegen die Frau, die sich mit einem Knechte verbindet, verhängen Burgunder und Langobarden die Ver- knechtung als subsidiäre Strafe. Siehe oben S. 472. Über das norwegische Recht siehe die Citate zu Anm. 27 —. 31 Lex Alam. 38: ubi dux ordinaverit. 32 Cap. Pipp. 754/5, c. 1, I 31: mittatur in carcere usque ad satisfactionem. Cap. Remedii c. 4. 7: recludatur in carcere, quamdiu placuerit senioribus. Cap.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 594. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/612>, abgerufen am 23.11.2024.