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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 122. Die Fehde.

Nachmals von den westfränkischen Normannen nach England ver-
pflanzt, erlangte der Inquisitionsbeweis universalgeschichtliche Be-
deutung, indem aus ihm zunächst die Beweisjury, dann die Urteiljury
erwuchs.

III. Die Selbsthilfe.
§ 122. Die Fehde.

Siehe die Litteratur zu § 21 oben I 156. Ausserdem Waitz, VG IV 507 ff.
Sohm, Reichs- und Gerichtsverfassung I 104. R. Loening, Der Vertragsbruch
1876, S. 132 ff. Huberti, Gottesfrieden und Landfrieden I: Die Friedensordnungen
in Frankreich (1892) S. 90 ff.

Die Selbsthilfe erscheint als aussergerichtlicher Rechtsgang in der
Form der Fehde und in der Form der Pfändung. Trotz der Er-
starkung der Staatsgewalt hat sich die Fehde zum Zwecke der Rache
erhalten und die fränkische Zeit überdauert. Volksrechte und Kapi-
tularien setzen ihre grundsätzliche Zulässigkeit voraus1. Auch fehlt
es nicht an Zeugnissen, dass die rechtmässige Ausübung der Blutrache
für straflos galt2. Den deutlichsten Beleg aber für das Fortleben
des Fehderechtes liefern die rechtlichen Beschränkungen, die es er-
fuhr, und liefern die Versuche der Karolinger, es mit Hilfe der Bann-
gewalt einzudämmen.

Quellen der fränkischen Zeit dehnen einzelne Arten höheren Sonder-
friedens auf den homo faidosus aus. Sie verbieten, ihn im eigenen
Hause zu töten3. Er soll Frieden haben in der Kirche, auf dem

1 Lex Sal. 41, 8. Lex Baiuw. II 8. Lex Sax. 18. 19. Lex Fris. 2. Lex
Angl. et Werin. 31. Decret. Compend. v. J. 757, c. 21, I 39: si qui propter fai-
dam fugiunt .. Cap. Pipp. von circa 790, c. 4, I 201. Cap. v. J. 813 (?), c. 2,
I 175. Cap. Pap. v. J. 850, c. 3, II 86 f. Constit. de exped. Benevent. v. J. 866,
c. 7, Cap. II 96. Widonis Cap. Pap. v. J. 891, c. 1, II 107. Conv. Silvacensis
v. J. 853, c. 5, Pertz, LL I 424. Karlomanni Cap. v. J. 884, c. 10, Pertz, LL
I 553. Siehe unten Anm. 14.
2 Bischof Gewelieb von Mainz hatte 745 den Mörder seines Vaters getötet,
nemine tum id ... pro homicidio ei imputante, non computantibus nec rege nec
caeteris optimatibus vindictam patris crimen esse dicentibusque: vicem reddidit
patris morti. Mansi XIII 371. Beispiele aus merowingischer Zeit giebt Dahn,
Fehdegang und Rechtsgang der Germanen, und Monod, Les aventures de Sichaire
(a la memoire de Waitz) 1886.
3 Lex Alam. 44 bei einfachem Wergelde, wenn der Todschläger auf der
Flucht der That in seinem Hause erschlagen wird, bei neunfachem, wenn der
Angriff auf das Haus später erfolgt. Lex Sax. 27 bei Verwirkung des Lebens.
Vgl. Lex Fris. Add. 1.
§ 122. Die Fehde.

Nachmals von den westfränkischen Normannen nach England ver-
pflanzt, erlangte der Inquisitionsbeweis universalgeschichtliche Be-
deutung, indem aus ihm zunächst die Beweisjury, dann die Urteiljury
erwuchs.

III. Die Selbsthilfe.
§ 122. Die Fehde.

Siehe die Litteratur zu § 21 oben I 156. Auſserdem Waitz, VG IV 507 ff.
Sohm, Reichs- und Gerichtsverfassung I 104. R. Loening, Der Vertragsbruch
1876, S. 132 ff. Huberti, Gottesfrieden und Landfrieden I: Die Friedensordnungen
in Frankreich (1892) S. 90 ff.

Die Selbsthilfe erscheint als auſsergerichtlicher Rechtsgang in der
Form der Fehde und in der Form der Pfändung. Trotz der Er-
starkung der Staatsgewalt hat sich die Fehde zum Zwecke der Rache
erhalten und die fränkische Zeit überdauert. Volksrechte und Kapi-
tularien setzen ihre grundsätzliche Zulässigkeit voraus1. Auch fehlt
es nicht an Zeugnissen, daſs die rechtmäſsige Ausübung der Blutrache
für straflos galt2. Den deutlichsten Beleg aber für das Fortleben
des Fehderechtes liefern die rechtlichen Beschränkungen, die es er-
fuhr, und liefern die Versuche der Karolinger, es mit Hilfe der Bann-
gewalt einzudämmen.

Quellen der fränkischen Zeit dehnen einzelne Arten höheren Sonder-
friedens auf den homo faidosus aus. Sie verbieten, ihn im eigenen
Hause zu töten3. Er soll Frieden haben in der Kirche, auf dem

1 Lex Sal. 41, 8. Lex Baiuw. II 8. Lex Sax. 18. 19. Lex Fris. 2. Lex
Angl. et Werin. 31. Decret. Compend. v. J. 757, c. 21, I 39: si qui propter fai-
dam fugiunt .. Cap. Pipp. von circa 790, c. 4, I 201. Cap. v. J. 813 (?), c. 2,
I 175. Cap. Pap. v. J. 850, c. 3, II 86 f. Constit. de exped. Benevent. v. J. 866,
c. 7, Cap. II 96. Widonis Cap. Pap. v. J. 891, c. 1, II 107. Conv. Silvacensis
v. J. 853, c. 5, Pertz, LL I 424. Karlomanni Cap. v. J. 884, c. 10, Pertz, LL
I 553. Siehe unten Anm. 14.
2 Bischof Gewelieb von Mainz hatte 745 den Mörder seines Vaters getötet,
nemine tum id … pro homicidio ei imputante, non computantibus nec rege nec
caeteris optimatibus vindictam patris crimen esse dicentibusque: vicem reddidit
patris morti. Mansi XIII 371. Beispiele aus merowingischer Zeit giebt Dahn,
Fehdegang und Rechtsgang der Germanen, und Monod, Les aventures de Sichaire
(à la mémoire de Waitz) 1886.
3 Lex Alam. 44 bei einfachem Wergelde, wenn der Todschläger auf der
Flucht der That in seinem Hause erschlagen wird, bei neunfachem, wenn der
Angriff auf das Haus später erfolgt. Lex Sax. 27 bei Verwirkung des Lebens.
Vgl. Lex Fris. Add. 1.
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[527/0545] § 122. Die Fehde. Nachmals von den westfränkischen Normannen nach England ver- pflanzt, erlangte der Inquisitionsbeweis universalgeschichtliche Be- deutung, indem aus ihm zunächst die Beweisjury, dann die Urteiljury erwuchs. III. Die Selbsthilfe. § 122. Die Fehde. Siehe die Litteratur zu § 21 oben I 156. Auſserdem Waitz, VG IV 507 ff. Sohm, Reichs- und Gerichtsverfassung I 104. R. Loening, Der Vertragsbruch 1876, S. 132 ff. Huberti, Gottesfrieden und Landfrieden I: Die Friedensordnungen in Frankreich (1892) S. 90 ff. Die Selbsthilfe erscheint als auſsergerichtlicher Rechtsgang in der Form der Fehde und in der Form der Pfändung. Trotz der Er- starkung der Staatsgewalt hat sich die Fehde zum Zwecke der Rache erhalten und die fränkische Zeit überdauert. Volksrechte und Kapi- tularien setzen ihre grundsätzliche Zulässigkeit voraus 1. Auch fehlt es nicht an Zeugnissen, daſs die rechtmäſsige Ausübung der Blutrache für straflos galt 2. Den deutlichsten Beleg aber für das Fortleben des Fehderechtes liefern die rechtlichen Beschränkungen, die es er- fuhr, und liefern die Versuche der Karolinger, es mit Hilfe der Bann- gewalt einzudämmen. Quellen der fränkischen Zeit dehnen einzelne Arten höheren Sonder- friedens auf den homo faidosus aus. Sie verbieten, ihn im eigenen Hause zu töten 3. Er soll Frieden haben in der Kirche, auf dem 1 Lex Sal. 41, 8. Lex Baiuw. II 8. Lex Sax. 18. 19. Lex Fris. 2. Lex Angl. et Werin. 31. Decret. Compend. v. J. 757, c. 21, I 39: si qui propter fai- dam fugiunt .. Cap. Pipp. von circa 790, c. 4, I 201. Cap. v. J. 813 (?), c. 2, I 175. Cap. Pap. v. J. 850, c. 3, II 86 f. Constit. de exped. Benevent. v. J. 866, c. 7, Cap. II 96. Widonis Cap. Pap. v. J. 891, c. 1, II 107. Conv. Silvacensis v. J. 853, c. 5, Pertz, LL I 424. Karlomanni Cap. v. J. 884, c. 10, Pertz, LL I 553. Siehe unten Anm. 14. 2 Bischof Gewelieb von Mainz hatte 745 den Mörder seines Vaters getötet, nemine tum id … pro homicidio ei imputante, non computantibus nec rege nec caeteris optimatibus vindictam patris crimen esse dicentibusque: vicem reddidit patris morti. Mansi XIII 371. Beispiele aus merowingischer Zeit giebt Dahn, Fehdegang und Rechtsgang der Germanen, und Monod, Les aventures de Sichaire (à la mémoire de Waitz) 1886. 3 Lex Alam. 44 bei einfachem Wergelde, wenn der Todschläger auf der Flucht der That in seinem Hause erschlagen wird, bei neunfachem, wenn der Angriff auf das Haus später erfolgt. Lex Sax. 27 bei Verwirkung des Lebens. Vgl. Lex Fris. Add. 1.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/545>, abgerufen am 21.11.2024.