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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 104. Parteieid und Eideshilfe.
Allenthalben gilt jener für schwieriger als der Eid mit selbstgewählten
Helfern; denn der ernannte Helfer hat mindestens den zweifachen
Beweiswert des nicht ernannten 45. Die Eidhelfer werden entweder
sämtlich vom Gegner ernannt oder sämtlich vom Schwörenden aus-
gewählt, oder es wird ein Teil ernannt, ein Teil gewählt. Den Saliern,
Alamannen und Langobarden ist bei dieser Combination die Halb-
teilung geläufig (Eid mit medii electi). Wohl ein Erzeugnis jüngerer
Rechtsbildung ist eine derartige Verbindung von Ernennung und Wahl,
dass der Gegner eine grössere als die zum Eide erforderliche Zahl
von Personen vorschlägt, von welchen dann der Beweisführer eine be-
stimmte Zahl ablehnt oder sich auswählt. Anwendungsfälle dieser
Methode, die namentlich bei den Nordgermanen und Angelsachsen zu
teilweise gekünstelter Ausbildung gelangte, kennen schon das frän-
kische 46 und das alamannische Recht 47. Die Angelsachsen verwenden
für die Bestimmung der Eidhelfer auch das Loos.

Die erforderliche Zahl der Helfer ist in den einzelnen Anwen-
dungsfällen der Eideshilfe verschieden; verschieden auch das System,
das die einzelnen Rechte für die Eidhelferzahlen ausgebildet haben.
Die Grundzahl des Eides bildet bei den West- und Ostgermanen die
Zahl zwölf. Die Lex Saxonum nennt den Zwölfereid plenum sacra-
mentum 48, was jüngere Quellen mit Volleid wiedergeben 49. Im Norden
heisst er tylftareidr, tyltaereth. Manche Rechte, so das altburgundische,
das jütische, kennen nur den Zwölfereid. Der Volleid kann verviel-
fältigt werden zu einem Eid von 24 50, 36 51, 48 52, 72 53 Schwurgenossen.

Gegensatz zum Küreid ist der Reimeid, rimad, das heisst der Eid, der als ein ge-
stabter cum verborum observantia geschworen wird.
45 Pactus Alam. II 38. 41 betrachtet einen Eid mit 12 ernannten und einen
mit 40 selbstgewählten, ferner einen Eid mit 24 ernannten und einen mit 80
selbstgewählten Helfern als gleichwertig. Das Cap. legi Rib. add. v. J. 803,
c. 11, I 117 stellt den Eid mit sechs electi gleich einem Eide mit zwölf, quales po-
tuerit invenire.
46 Marc. I 38: ut de quinque denominatus idem ille apud tres et alios tres
sua manu septima .. debeat coniurare. Von fünf ernannten sind drei auszuwählen
(im Wege des Rekusationsverfahrens) und ausserdem drei frei zu wählen. Es han-
delt sich um einen Eid selbsiebent mit medii electi im Sinne der älteren salischen
Quellen. Cosack S. 44 f.
47 Lex Alam. B. 6.
48 Lex Sax. 17.
49 Dietmarscher Landrecht von 1447, § 74. 76.
50 Lex Sal. 14, 2, Cod. 2. Lex Fris. 1, 5. 9.
51 Lex Rib. 14, 1; 18, 3. Lex Fris. 20, 2. Form. Turon. 30.
52 Lex Fris. 1, 8. Das ags. Recht kennt Eide mit 24, 36, 48 Helfern.
53 Lex Rib. 11. 12. 15. 16. 66. Annales Fuldenses, recogn. Kurtze z. J.
899, S. 132. Vgl. Herim. Aug. Chron. z. J. 899, MG SS V 117. Sendrecht der

§ 104. Parteieid und Eideshilfe.
Allenthalben gilt jener für schwieriger als der Eid mit selbstgewählten
Helfern; denn der ernannte Helfer hat mindestens den zweifachen
Beweiswert des nicht ernannten 45. Die Eidhelfer werden entweder
sämtlich vom Gegner ernannt oder sämtlich vom Schwörenden aus-
gewählt, oder es wird ein Teil ernannt, ein Teil gewählt. Den Saliern,
Alamannen und Langobarden ist bei dieser Combination die Halb-
teilung geläufig (Eid mit medii electi). Wohl ein Erzeugnis jüngerer
Rechtsbildung ist eine derartige Verbindung von Ernennung und Wahl,
daſs der Gegner eine gröſsere als die zum Eide erforderliche Zahl
von Personen vorschlägt, von welchen dann der Beweisführer eine be-
stimmte Zahl ablehnt oder sich auswählt. Anwendungsfälle dieser
Methode, die namentlich bei den Nordgermanen und Angelsachsen zu
teilweise gekünstelter Ausbildung gelangte, kennen schon das frän-
kische 46 und das alamannische Recht 47. Die Angelsachsen verwenden
für die Bestimmung der Eidhelfer auch das Loos.

Die erforderliche Zahl der Helfer ist in den einzelnen Anwen-
dungsfällen der Eideshilfe verschieden; verschieden auch das System,
das die einzelnen Rechte für die Eidhelferzahlen ausgebildet haben.
Die Grundzahl des Eides bildet bei den West- und Ostgermanen die
Zahl zwölf. Die Lex Saxonum nennt den Zwölfereid plenum sacra-
mentum 48, was jüngere Quellen mit Volleid wiedergeben 49. Im Norden
heiſst er tylftareidr, tyltæreþ. Manche Rechte, so das altburgundische,
das jütische, kennen nur den Zwölfereid. Der Volleid kann verviel-
fältigt werden zu einem Eid von 24 50, 36 51, 48 52, 72 53 Schwurgenossen.

Gegensatz zum Küreid ist der Reimeid, rímáđ, das heiſst der Eid, der als ein ge-
stabter cum verborum observantia geschworen wird.
45 Pactus Alam. II 38. 41 betrachtet einen Eid mit 12 ernannten und einen
mit 40 selbstgewählten, ferner einen Eid mit 24 ernannten und einen mit 80
selbstgewählten Helfern als gleichwertig. Das Cap. legi Rib. add. v. J. 803,
c. 11, I 117 stellt den Eid mit sechs electi gleich einem Eide mit zwölf, quales po-
tuerit invenire.
46 Marc. I 38: ut de quinque denominatus idem ille apud tres et alios tres
sua manu septima .. debeat coniurare. Von fünf ernannten sind drei auszuwählen
(im Wege des Rekusationsverfahrens) und auſserdem drei frei zu wählen. Es han-
delt sich um einen Eid selbsiebent mit medii electi im Sinne der älteren salischen
Quellen. Cosack S. 44 f.
47 Lex Alam. B. 6.
48 Lex Sax. 17.
49 Dietmarscher Landrecht von 1447, § 74. 76.
50 Lex Sal. 14, 2, Cod. 2. Lex Fris. 1, 5. 9.
51 Lex Rib. 14, 1; 18, 3. Lex Fris. 20, 2. Form. Turon. 30.
52 Lex Fris. 1, 8. Das ags. Recht kennt Eide mit 24, 36, 48 Helfern.
53 Lex Rib. 11. 12. 15. 16. 66. Annales Fuldenses, recogn. Kurtze z. J.
899, S. 132. Vgl. Herim. Aug. Chron. z. J. 899, MG SS V 117. Sendrecht der
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[384/0402] § 104. Parteieid und Eideshilfe. Allenthalben gilt jener für schwieriger als der Eid mit selbstgewählten Helfern; denn der ernannte Helfer hat mindestens den zweifachen Beweiswert des nicht ernannten 45. Die Eidhelfer werden entweder sämtlich vom Gegner ernannt oder sämtlich vom Schwörenden aus- gewählt, oder es wird ein Teil ernannt, ein Teil gewählt. Den Saliern, Alamannen und Langobarden ist bei dieser Combination die Halb- teilung geläufig (Eid mit medii electi). Wohl ein Erzeugnis jüngerer Rechtsbildung ist eine derartige Verbindung von Ernennung und Wahl, daſs der Gegner eine gröſsere als die zum Eide erforderliche Zahl von Personen vorschlägt, von welchen dann der Beweisführer eine be- stimmte Zahl ablehnt oder sich auswählt. Anwendungsfälle dieser Methode, die namentlich bei den Nordgermanen und Angelsachsen zu teilweise gekünstelter Ausbildung gelangte, kennen schon das frän- kische 46 und das alamannische Recht 47. Die Angelsachsen verwenden für die Bestimmung der Eidhelfer auch das Loos. Die erforderliche Zahl der Helfer ist in den einzelnen Anwen- dungsfällen der Eideshilfe verschieden; verschieden auch das System, das die einzelnen Rechte für die Eidhelferzahlen ausgebildet haben. Die Grundzahl des Eides bildet bei den West- und Ostgermanen die Zahl zwölf. Die Lex Saxonum nennt den Zwölfereid plenum sacra- mentum 48, was jüngere Quellen mit Volleid wiedergeben 49. Im Norden heiſst er tylftareidr, tyltæreþ. Manche Rechte, so das altburgundische, das jütische, kennen nur den Zwölfereid. Der Volleid kann verviel- fältigt werden zu einem Eid von 24 50, 36 51, 48 52, 72 53 Schwurgenossen. 44 45 Pactus Alam. II 38. 41 betrachtet einen Eid mit 12 ernannten und einen mit 40 selbstgewählten, ferner einen Eid mit 24 ernannten und einen mit 80 selbstgewählten Helfern als gleichwertig. Das Cap. legi Rib. add. v. J. 803, c. 11, I 117 stellt den Eid mit sechs electi gleich einem Eide mit zwölf, quales po- tuerit invenire. 46 Marc. I 38: ut de quinque denominatus idem ille apud tres et alios tres sua manu septima .. debeat coniurare. Von fünf ernannten sind drei auszuwählen (im Wege des Rekusationsverfahrens) und auſserdem drei frei zu wählen. Es han- delt sich um einen Eid selbsiebent mit medii electi im Sinne der älteren salischen Quellen. Cosack S. 44 f. 47 Lex Alam. B. 6. 48 Lex Sax. 17. 49 Dietmarscher Landrecht von 1447, § 74. 76. 50 Lex Sal. 14, 2, Cod. 2. Lex Fris. 1, 5. 9. 51 Lex Rib. 14, 1; 18, 3. Lex Fris. 20, 2. Form. Turon. 30. 52 Lex Fris. 1, 8. Das ags. Recht kennt Eide mit 24, 36, 48 Helfern. 53 Lex Rib. 11. 12. 15. 16. 66. Annales Fuldenses, recogn. Kurtze z. J. 899, S. 132. Vgl. Herim. Aug. Chron. z. J. 899, MG SS V 117. Sendrecht der 44 Gegensatz zum Küreid ist der Reimeid, rímáđ, das heiſst der Eid, der als ein ge- stabter cum verborum observantia geschworen wird.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/402>, abgerufen am 25.11.2024.