Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.§ 7. Das Germanentum im römischen Reich. Barbarische Soldatennamen nehmen seit dem dritten Jahrhundert Das letzte Jahrhundert der römischen Geschichte darf man dreist Indem es durch die Germanen gleichzeitig von aussen zertrümmert 24 Marini, Pap. dipl. Nr 73. Spangenberg, Tabulae negotiorum S 371. 25 Grimm, Rechtsaltertümer S 234. 235. 26 In der einzigen von ihm erhaltenen Urkunde einer pagina donationis
regiae, regiae largitatis (Marini Nr 83; Spangenberg S 164) urkundet Odo- vaker als rex. Das Diplom ist von einem notarius regni eius, regiae sedis ge- schrieben und iussu regio von dem magister officiorum et consiliarius domini regis Andromachus unterschrieben. Die Kurie, bei der die Schenkung insinuiert wird, handelt secundum praecepta regalia. § 7. Das Germanentum im römischen Reich. Barbarische Soldatennamen nehmen seit dem dritten Jahrhundert Das letzte Jahrhundert der römischen Geschichte darf man dreist Indem es durch die Germanen gleichzeitig von auſsen zertrümmert 24 Marini, Pap. dipl. Nr 73. Spangenberg, Tabulae negotiorum S 371. 25 Grimm, Rechtsaltertümer S 234. 235. 26 In der einzigen von ihm erhaltenen Urkunde einer pagina donationis
regiae, regiae largitatis (Marini Nr 83; Spangenberg S 164) urkundet Odo- vaker als rex. Das Diplom ist von einem notarius regni eius, regiae sedis ge- schrieben und iussu regio von dem magister officiorum et consiliarius domini regis Andromachus unterschrieben. Die Kurie, bei der die Schenkung insinuiert wird, handelt secundum praecepta regalia. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0057" n="39"/> <fw place="top" type="header">§ 7. Das Germanentum im römischen Reich.</fw><lb/> <p>Barbarische Soldatennamen nehmen seit dem dritten Jahrhundert<lb/> mehr und mehr zu. Die in Armins Zeiten übliche Annahme italischer<lb/> Namen unterbleibt. Vom vierten bis sechsten Jahrhundert ist bar-<lb/> barus technische Bezeichnung des Soldaten, ja der Militärfiskus wird<lb/> gelegentlich als fiscus barbaricus bezeichnet<note place="foot" n="24"><hi rendition="#g">Marini</hi>, Pap. dipl. Nr 73. <hi rendition="#g">Spangenberg</hi>, Tabulae negotiorum S 371.</note>. Germanische Sitte<lb/> dringt in das römische Heer ein. Echt germanische Züge sind es,<lb/> wenn die Truppen den Feldherrn, den sie zum Augustus ausrufen,<lb/> auf den Schild erheben, wie dies über Julian und Valentinian I. be-<lb/> richtet wird<note place="foot" n="25"><hi rendition="#g">Grimm</hi>, Rechtsaltertümer S 234. 235.</note>, oder wenn das römische Heer i. J. 377 eine Schlacht<lb/> gegen die Westgoten mit dem Schildgesang eröffnet.</p><lb/> <p>Das letzte Jahrhundert der römischen Geschichte darf man dreist<lb/> als das Jahrhundert der Germanenherrschaft bezeichnen. Denn Ger-<lb/> manen sind es, die im Besitze der höchsten Ämter thatsächlich das<lb/> Heer und den Staat regieren. Um nicht Gestalten zweiten Ranges zu<lb/> nennen genügt es, auf die Franken Merobaudes und Arbogast, auf<lb/> den Vandalen Stilicho, auf den Sueben Ricimer, auf den Burgunder<lb/> Gundobad und auf den Goten Aspar zu verweisen, glänzende Heer-<lb/> führer und Staatsmänner germanischer Abstammung, welchen aus der<lb/> Zeit der letzten Entscheidungskämpfe der aus Niedermösien stammende<lb/> Aëtius gewissermaſsen als letzter Vertreter römisch-illyrischen Soldaten-<lb/> tums gegenübergestellt werden darf.</p><lb/> <p>Indem es durch die Germanen gleichzeitig von auſsen zertrümmert<lb/> und von innen heraus aufgelöst wurde, ist das weströmische Reich zu<lb/> Grunde gegangen. Der gröſste Teil seines Gebietes war an die feind-<lb/> lichen oder an die föderierten Germanenstämme verloren gegangen,<lb/> die Idee einer das West- und Ostreich verbindenden Gesamtherrschaft<lb/> zur Illusion geworden, als ein Akt der inneren Auflösung, eine Meu-<lb/> terei germanischer Soldtruppen, der römischen Herrschaft auch in<lb/> Italien ein Ende machte. Das aus Skiren, Rugiern, Herulern, Goten,<lb/> Vandalen und anderen Völkerschaften zusammengesetzte Söldnerheer<lb/> empörte sich unter der Führung Odovakers, der den letzten im West-<lb/> reich anerkannten Kaiser beseitigte und den Königstitel annahm<note place="foot" n="26">In der einzigen von ihm erhaltenen Urkunde einer pagina donationis<lb/> regiae, regiae largitatis (<hi rendition="#g">Marini</hi> Nr 83; <hi rendition="#g">Spangenberg</hi> S 164) urkundet Odo-<lb/> vaker als rex. Das Diplom ist von einem notarius regni eius, regiae sedis ge-<lb/> schrieben und iussu regio von dem magister officiorum et consiliarius domini regis<lb/> Andromachus unterschrieben. Die Kurie, bei der die Schenkung insinuiert wird,<lb/> handelt secundum praecepta regalia.</note>.</p> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [39/0057]
§ 7. Das Germanentum im römischen Reich.
Barbarische Soldatennamen nehmen seit dem dritten Jahrhundert
mehr und mehr zu. Die in Armins Zeiten übliche Annahme italischer
Namen unterbleibt. Vom vierten bis sechsten Jahrhundert ist bar-
barus technische Bezeichnung des Soldaten, ja der Militärfiskus wird
gelegentlich als fiscus barbaricus bezeichnet 24. Germanische Sitte
dringt in das römische Heer ein. Echt germanische Züge sind es,
wenn die Truppen den Feldherrn, den sie zum Augustus ausrufen,
auf den Schild erheben, wie dies über Julian und Valentinian I. be-
richtet wird 25, oder wenn das römische Heer i. J. 377 eine Schlacht
gegen die Westgoten mit dem Schildgesang eröffnet.
Das letzte Jahrhundert der römischen Geschichte darf man dreist
als das Jahrhundert der Germanenherrschaft bezeichnen. Denn Ger-
manen sind es, die im Besitze der höchsten Ämter thatsächlich das
Heer und den Staat regieren. Um nicht Gestalten zweiten Ranges zu
nennen genügt es, auf die Franken Merobaudes und Arbogast, auf
den Vandalen Stilicho, auf den Sueben Ricimer, auf den Burgunder
Gundobad und auf den Goten Aspar zu verweisen, glänzende Heer-
führer und Staatsmänner germanischer Abstammung, welchen aus der
Zeit der letzten Entscheidungskämpfe der aus Niedermösien stammende
Aëtius gewissermaſsen als letzter Vertreter römisch-illyrischen Soldaten-
tums gegenübergestellt werden darf.
Indem es durch die Germanen gleichzeitig von auſsen zertrümmert
und von innen heraus aufgelöst wurde, ist das weströmische Reich zu
Grunde gegangen. Der gröſste Teil seines Gebietes war an die feind-
lichen oder an die föderierten Germanenstämme verloren gegangen,
die Idee einer das West- und Ostreich verbindenden Gesamtherrschaft
zur Illusion geworden, als ein Akt der inneren Auflösung, eine Meu-
terei germanischer Soldtruppen, der römischen Herrschaft auch in
Italien ein Ende machte. Das aus Skiren, Rugiern, Herulern, Goten,
Vandalen und anderen Völkerschaften zusammengesetzte Söldnerheer
empörte sich unter der Führung Odovakers, der den letzten im West-
reich anerkannten Kaiser beseitigte und den Königstitel annahm 26.
24 Marini, Pap. dipl. Nr 73. Spangenberg, Tabulae negotiorum S 371.
25 Grimm, Rechtsaltertümer S 234. 235.
26 In der einzigen von ihm erhaltenen Urkunde einer pagina donationis
regiae, regiae largitatis (Marini Nr 83; Spangenberg S 164) urkundet Odo-
vaker als rex. Das Diplom ist von einem notarius regni eius, regiae sedis ge-
schrieben und iussu regio von dem magister officiorum et consiliarius domini regis
Andromachus unterschrieben. Die Kurie, bei der die Schenkung insinuiert wird,
handelt secundum praecepta regalia.
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