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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.

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§ 46. Die Lex Saxonum.
die das Recht der beiden Seitenlande betreffenden Zusätze. Doch
scheint die ganze Kompilation noch in fränkischer Zeit abgeschlossen
worden zu sein 20.

§ 46. Die Lex Saxonum.

Ausgaben: Auf Grund verschollener Handschriften bei Herold und bei Du
Tillet (Tilius)
. Leges Saxonum ed. K. v. Richthofen in Mon. Germ. LL V 1.
Litteratur: K. v. Richthofen, Zur Lex Saxonum, 1868. Gaupp, Recht und
Verfassung der alten Sachsen, in Verbindung mit einer kritischen Ausgabe der Lex
Saxonum, 1837. Merkel, Lex Saxonum, 1853, Vorrede. Usinger, Forschungen
zur Lex Saxonum, 1867. De Geer in Nieuwe Bijdragen voor Rechtsgeleerdheid
NR II 3. Waitz, Verfassungsgeschichte III 157. 207 ff. Boretius in v. Sybels
Hist. Z XXII 148. v. Amira in derselben Z NF IV 305 ff.

Die Lex Saxonum, deren Text uns durch zwei Handschriften 1
und durch zwei ältere Drucke 2 überliefert ist, zerfällt in 66 Kapitel.
Die Kapitel 1--20 handeln von den Wundbussen und Wergeldern mit
besonderer Rücksicht auf die Stände des Adels und der Liten. Ihr
Inhalt hebt sich von dem nachfolgenden Teile der Lex dadurch ab,
dass sie altsächsisches Recht enthalten und durchaus frei sind von
Spuren der fränkischen Herrschaft. Allein die Anordnung des Stoffes
lässt ersehen, dass die Lex Ribuaria zum Vorbilde diente, ja in ein-
zelnen Stellen ist sogar deren Wortfassung benutzt 3. Die Kapitel

20 Zu scheinbar festeren Ergebnissen ist Freiherr v. Richthofen in der Vor-
rede zu seiner Ausgabe der Lex Frisionum gelangt. Er unterscheidet drei Bestand-
teile. Der erste sei nach 734 noch unter Karl Martell oder unter Pippin für
Mittelfriesland aufgezeichnet worden. Um 785 (vgl. v. Richthofen, Zur Lex Sax.
S 342) sei ein zweiter Teil für ganz Friesland hinzugekommen. Den dritten Teil,
nämlich die Additio und die Zusätze zu Tit. 1, setzt er in das Jahr 802. Dagegen
hat schon v. Daniels Reichs- und StRG I 262 den kompilatorischen Charakter
der Lex, vielleicht in etwas zu schroffer Weise, hervorgehoben. Ihm hat sich in
der Hauptsache der Holländer De Geer angeschlossen. Derselbe betrachtet die
Lex (1--22) als eine im 9. oder in der ersten Hälfte des 10. Jahrh. in Mittelfries-
land entstandene Kompilation, welche eine in karolingischer Zeit abgefasste Satzung
zum Kerne hatte (1; 3, 1--7; 4, 1--8; 7; 8; 9, 1--13 und wohl auch 22). Die
Additio sei während des 10. oder 11. Jahrh. in Mittelfriesland geschrieben worden.
Die ganze Kompilation sei dann in Westfriesland durch Randbemerkungen über Ab-
weichungen des west- und ostfriesischen Rechtes vermehrt worden.
1 Der Codex Spangenbergianus Ende des 9. oder Anfang des 10. Jahrh. ge-
schrieben und der Codex Corbeiensis aus dem 10. Jahrh., jetzt im Provinzialarchiv
zu Münster.
2 Dem Heroldschen Drucke hat eine vortreffliche Handschrift zu Grunde
gelegen. Du Tillets Druck geht auf eine Handschrift zurück, welche die jüngste
Textform darstellt.
3 v. Richthofen, Zur Lex Sax. S 371--376.

§ 46. Die Lex Saxonum.
die das Recht der beiden Seitenlande betreffenden Zusätze. Doch
scheint die ganze Kompilation noch in fränkischer Zeit abgeschlossen
worden zu sein 20.

§ 46. Die Lex Saxonum.

Ausgaben: Auf Grund verschollener Handschriften bei Herold und bei Du
Tillet (Tilius)
. Leges Saxonum ed. K. v. Richthofen in Mon. Germ. LL V 1.
Litteratur: K. v. Richthofen, Zur Lex Saxonum, 1868. Gaupp, Recht und
Verfassung der alten Sachsen, in Verbindung mit einer kritischen Ausgabe der Lex
Saxonum, 1837. Merkel, Lex Saxonum, 1853, Vorrede. Usinger, Forschungen
zur Lex Saxonum, 1867. De Geer in Nieuwe Bijdragen voor Rechtsgeleerdheid
NR II 3. Waitz, Verfassungsgeschichte III 157. 207 ff. Boretius in v. Sybels
Hist. Z XXII 148. v. Amira in derselben Z NF IV 305 ff.

Die Lex Saxonum, deren Text uns durch zwei Handschriften 1
und durch zwei ältere Drucke 2 überliefert ist, zerfällt in 66 Kapitel.
Die Kapitel 1—20 handeln von den Wundbuſsen und Wergeldern mit
besonderer Rücksicht auf die Stände des Adels und der Liten. Ihr
Inhalt hebt sich von dem nachfolgenden Teile der Lex dadurch ab,
daſs sie altsächsisches Recht enthalten und durchaus frei sind von
Spuren der fränkischen Herrschaft. Allein die Anordnung des Stoffes
läſst ersehen, daſs die Lex Ribuaria zum Vorbilde diente, ja in ein-
zelnen Stellen ist sogar deren Wortfassung benutzt 3. Die Kapitel

20 Zu scheinbar festeren Ergebnissen ist Freiherr v. Richthofen in der Vor-
rede zu seiner Ausgabe der Lex Frisionum gelangt. Er unterscheidet drei Bestand-
teile. Der erste sei nach 734 noch unter Karl Martell oder unter Pippin für
Mittelfriesland aufgezeichnet worden. Um 785 (vgl. v. Richthofen, Zur Lex Sax.
S 342) sei ein zweiter Teil für ganz Friesland hinzugekommen. Den dritten Teil,
nämlich die Additio und die Zusätze zu Tit. 1, setzt er in das Jahr 802. Dagegen
hat schon v. Daniels Reichs- und StRG I 262 den kompilatorischen Charakter
der Lex, vielleicht in etwas zu schroffer Weise, hervorgehoben. Ihm hat sich in
der Hauptsache der Holländer De Geer angeschlossen. Derselbe betrachtet die
Lex (1—22) als eine im 9. oder in der ersten Hälfte des 10. Jahrh. in Mittelfries-
land entstandene Kompilation, welche eine in karolingischer Zeit abgefaſste Satzung
zum Kerne hatte (1; 3, 1—7; 4, 1—8; 7; 8; 9, 1—13 und wohl auch 22). Die
Additio sei während des 10. oder 11. Jahrh. in Mittelfriesland geschrieben worden.
Die ganze Kompilation sei dann in Westfriesland durch Randbemerkungen über Ab-
weichungen des west- und ostfriesischen Rechtes vermehrt worden.
1 Der Codex Spangenbergianus Ende des 9. oder Anfang des 10. Jahrh. ge-
schrieben und der Codex Corbeiensis aus dem 10. Jahrh., jetzt im Provinzialarchiv
zu Münster.
2 Dem Heroldschen Drucke hat eine vortreffliche Handschrift zu Grunde
gelegen. Du Tillets Druck geht auf eine Handschrift zurück, welche die jüngste
Textform darstellt.
3 v. Richthofen, Zur Lex Sax. S 371—376.
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[345/0363] § 46. Die Lex Saxonum. die das Recht der beiden Seitenlande betreffenden Zusätze. Doch scheint die ganze Kompilation noch in fränkischer Zeit abgeschlossen worden zu sein 20. § 46. Die Lex Saxonum. Ausgaben: Auf Grund verschollener Handschriften bei Herold und bei Du Tillet (Tilius). Leges Saxonum ed. K. v. Richthofen in Mon. Germ. LL V 1. Litteratur: K. v. Richthofen, Zur Lex Saxonum, 1868. Gaupp, Recht und Verfassung der alten Sachsen, in Verbindung mit einer kritischen Ausgabe der Lex Saxonum, 1837. Merkel, Lex Saxonum, 1853, Vorrede. Usinger, Forschungen zur Lex Saxonum, 1867. De Geer in Nieuwe Bijdragen voor Rechtsgeleerdheid NR II 3. Waitz, Verfassungsgeschichte III 157. 207 ff. Boretius in v. Sybels Hist. Z XXII 148. v. Amira in derselben Z NF IV 305 ff. Die Lex Saxonum, deren Text uns durch zwei Handschriften 1 und durch zwei ältere Drucke 2 überliefert ist, zerfällt in 66 Kapitel. Die Kapitel 1—20 handeln von den Wundbuſsen und Wergeldern mit besonderer Rücksicht auf die Stände des Adels und der Liten. Ihr Inhalt hebt sich von dem nachfolgenden Teile der Lex dadurch ab, daſs sie altsächsisches Recht enthalten und durchaus frei sind von Spuren der fränkischen Herrschaft. Allein die Anordnung des Stoffes läſst ersehen, daſs die Lex Ribuaria zum Vorbilde diente, ja in ein- zelnen Stellen ist sogar deren Wortfassung benutzt 3. Die Kapitel 20 Zu scheinbar festeren Ergebnissen ist Freiherr v. Richthofen in der Vor- rede zu seiner Ausgabe der Lex Frisionum gelangt. Er unterscheidet drei Bestand- teile. Der erste sei nach 734 noch unter Karl Martell oder unter Pippin für Mittelfriesland aufgezeichnet worden. Um 785 (vgl. v. Richthofen, Zur Lex Sax. S 342) sei ein zweiter Teil für ganz Friesland hinzugekommen. Den dritten Teil, nämlich die Additio und die Zusätze zu Tit. 1, setzt er in das Jahr 802. Dagegen hat schon v. Daniels Reichs- und StRG I 262 den kompilatorischen Charakter der Lex, vielleicht in etwas zu schroffer Weise, hervorgehoben. Ihm hat sich in der Hauptsache der Holländer De Geer angeschlossen. Derselbe betrachtet die Lex (1—22) als eine im 9. oder in der ersten Hälfte des 10. Jahrh. in Mittelfries- land entstandene Kompilation, welche eine in karolingischer Zeit abgefaſste Satzung zum Kerne hatte (1; 3, 1—7; 4, 1—8; 7; 8; 9, 1—13 und wohl auch 22). Die Additio sei während des 10. oder 11. Jahrh. in Mittelfriesland geschrieben worden. Die ganze Kompilation sei dann in Westfriesland durch Randbemerkungen über Ab- weichungen des west- und ostfriesischen Rechtes vermehrt worden. 1 Der Codex Spangenbergianus Ende des 9. oder Anfang des 10. Jahrh. ge- schrieben und der Codex Corbeiensis aus dem 10. Jahrh., jetzt im Provinzialarchiv zu Münster. 2 Dem Heroldschen Drucke hat eine vortreffliche Handschrift zu Grunde gelegen. Du Tillets Druck geht auf eine Handschrift zurück, welche die jüngste Textform darstellt. 3 v. Richthofen, Zur Lex Sax. S 371—376.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/363>, abgerufen am 23.11.2024.