§ 1. Aufgabe und Bedeutung der deutschen Rechts- geschichte.
Karl Friedr. Eichhorn, Über das geschichtliche Studium des deutschen Rechts, in der Z f. gesch. RW I 124 ff. Paul Roth, Die rechtsgeschichtlichen For- schungen seit Eichhorn, Z f. RG I 7 ff. v. Amira, Über Zweck und Mittel der germanischen Rechtsgeschichte, 1876.
Die deutsche Rechtsgeschichte will das Recht des deutschen Volkes in seiner geschichtlichen Entwicklung ergründen und zur wissenschaftlichen Darstellung bringen. Keinen Bestandteil ihrer Auf- gabe bilden die Schwesterrechte und die Tochterrechte des deutschen Rechtes, sowie die von dem deutschen Volke adoptierten fremden Rechte.
Die deutsche Rechtsgeschichte deckt sich nicht mit der germa- nischen Rechtsgeschichte, denn sie hat es nicht mit den Rechten der sämtlichen germanischen Stämme zu thun. Allerdings gab es eine Periode, in der die Rechtseinrichtungen der deutschen und der nicht deutschen Germanen im wesentlichen gleichartig waren; allein die Rechte der letzteren stehen in der Zeit, da ihre ältesten selb- ständigen Rechtsquellen auftauchen, dem deutschen Rechte trotz naher Verwandtschaft bereits in eigenartiger Ausbildung gegenüber und fallen damit aus dem Rahmen der Aufgabe heraus, welche zu ver- folgen die deutsche Rechtsgeschichte sich bescheiden muss. Man kann diese Rechte, das norwegische und isländische Recht, das schwedische und das dänische und die Rechte der gotisch-vandalischen Völker- schaften, die Schwesterrechte des deutschen Rechtes nennen, weil sie mit ihm auf ursprünglich gemeinsamer germanischer Grundlage er- wachsen sind.
Binding, Handbuch. II. 1. I: Brunner, Deutsche Rechtsgesch. I. 1
Einleitung.
§ 1. Aufgabe und Bedeutung der deutschen Rechts- geschichte.
Karl Friedr. Eichhorn, Über das geschichtliche Studium des deutschen Rechts, in der Z f. gesch. RW I 124 ff. Paul Roth, Die rechtsgeschichtlichen For- schungen seit Eichhorn, Z f. RG I 7 ff. v. Amira, Über Zweck und Mittel der germanischen Rechtsgeschichte, 1876.
Die deutsche Rechtsgeschichte will das Recht des deutschen Volkes in seiner geschichtlichen Entwicklung ergründen und zur wissenschaftlichen Darstellung bringen. Keinen Bestandteil ihrer Auf- gabe bilden die Schwesterrechte und die Tochterrechte des deutschen Rechtes, sowie die von dem deutschen Volke adoptierten fremden Rechte.
Die deutsche Rechtsgeschichte deckt sich nicht mit der germa- nischen Rechtsgeschichte, denn sie hat es nicht mit den Rechten der sämtlichen germanischen Stämme zu thun. Allerdings gab es eine Periode, in der die Rechtseinrichtungen der deutschen und der nicht deutschen Germanen im wesentlichen gleichartig waren; allein die Rechte der letzteren stehen in der Zeit, da ihre ältesten selb- ständigen Rechtsquellen auftauchen, dem deutschen Rechte trotz naher Verwandtschaft bereits in eigenartiger Ausbildung gegenüber und fallen damit aus dem Rahmen der Aufgabe heraus, welche zu ver- folgen die deutsche Rechtsgeschichte sich bescheiden muſs. Man kann diese Rechte, das norwegische und isländische Recht, das schwedische und das dänische und die Rechte der gotisch-vandalischen Völker- schaften, die Schwesterrechte des deutschen Rechtes nennen, weil sie mit ihm auf ursprünglich gemeinsamer germanischer Grundlage er- wachsen sind.
Binding, Handbuch. II. 1. I: Brunner, Deutsche Rechtsgesch. I. 1
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Einleitung.
§ 1. Aufgabe und Bedeutung der deutschen Rechts-
geschichte.
Karl Friedr. Eichhorn, Über das geschichtliche Studium des deutschen Rechts,
in der Z f. gesch. RW I 124 ff. Paul Roth, Die rechtsgeschichtlichen For-
schungen seit Eichhorn, Z f. RG I 7 ff. v. Amira, Über Zweck und Mittel der
germanischen Rechtsgeschichte, 1876.
Die deutsche Rechtsgeschichte will das Recht des deutschen
Volkes in seiner geschichtlichen Entwicklung ergründen und zur
wissenschaftlichen Darstellung bringen. Keinen Bestandteil ihrer Auf-
gabe bilden die Schwesterrechte und die Tochterrechte des deutschen
Rechtes, sowie die von dem deutschen Volke adoptierten fremden
Rechte.
Die deutsche Rechtsgeschichte deckt sich nicht mit der germa-
nischen Rechtsgeschichte, denn sie hat es nicht mit den Rechten der
sämtlichen germanischen Stämme zu thun. Allerdings gab es eine
Periode, in der die Rechtseinrichtungen der deutschen und der nicht
deutschen Germanen im wesentlichen gleichartig waren; allein die
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Verwandtschaft bereits in eigenartiger Ausbildung gegenüber und
fallen damit aus dem Rahmen der Aufgabe heraus, welche zu ver-
folgen die deutsche Rechtsgeschichte sich bescheiden muſs. Man kann
diese Rechte, das norwegische und isländische Recht, das schwedische
und das dänische und die Rechte der gotisch-vandalischen Völker-
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wachsen sind.
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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/19>, abgerufen am 23.11.2024.
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