eingegraben, als man ihn an vielen anderen der vorhererwähn- ten (des Dioskurides und Solon) findet. ... Der einzige in dieser Aufschrift begangene Fehler ist, dass die drei letzteren Buchstaben derselben um ein merkliches [ich finde: sehr we- nig] kleiner sind, als die vorhergehenden. Ich bin von der Neuheit dieser Namensaufschrift überzeugt; denn sie besitzt nicht das Geringste, das für ihr Alterthum zeugen könnte, und ist gewiss nach der Auffindung dem Steine beigefügt worden, in der irrigen Meinung, den Werth desselben da- durch zu erhöhen." Fragen wir nach dem letzten Grunde dieser Zweifel, so ist derselbe diesmal ganz einzig in seiner Art, namentlich in Köhler's Munde: die Arbeit des Steins ist für Dioskurides -- zu gut! und der Werth derselben wird durch den Namen des Künstlers nur herabgesetzt! Gegen solche Ansichten anzukämpfen, ist überflüssig, wie überhaupt der Beweis der Echtheit nicht verlangt werden darf, wo die- selbe aus blosser Laune ohne einen Schein von Gründen verdächtigt wird. Da sich jedoch Köhler unter Anderem auf den "ungriechischen Geschmack" beruft, "in dem die grossen Sardonyxcameen der Steinschneider unter Augustus und Tiberius gearbeitet sind," so will ich nur kurz auf das Unpassende dieser Vergleichung hinweisen. Man vergleiche beispielsweise nur, was geschickte römische Muschelschnei- der unserer Tage in eigenen Werken, wie Portraits, und was sie in der Nachahmung vorzüglicher antiker Vorbilder leisten, und wir haben ganz denselben Contrast der stylistischen Be- handlung.
Sehr ungünstig wird von Köhler (S. 133) ein Carneol beurtheilt, Diomedes darstellend, wie er, das Palladium in der Linken, das Schwert in der Rechten haltend, von einem Altar herabsteigt; zu seinen Füssen liegt ein Todter und wei- ter nach rechts ist eine Säule mit einer Statue sichtbar; ne- ben ihr im Felde [fremdsprachliches Material - fehlt]: Baudelot in der Hist. de l'acad. des inscr. III, p. 268; fig. 8 der Tafel; Stosch t. 29; Bracci II, t. 60; Winek. Deser. III, 316; [Lippert II, 183]; Raspe 9385; Cades III, E, 282. Der Stein befand sich, als Stosch sein Werk publicirte, bei Sevin in Paris, der ihn 1726 an den Herzog von Devonshire verkaufte. Wenn nun Köhler behauptet, dass der Stein "höchst wahrscheinlich durch des Stosch Verwendung an Sevin kam", so hat er da-
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 32
eingegraben, als man ihn an vielen anderen der vorhererwähn- ten (des Dioskurides und Solon) findet. … Der einzige in dieser Aufschrift begangene Fehler ist, dass die drei letzteren Buchstaben derselben um ein merkliches [ich finde: sehr we- nig] kleiner sind, als die vorhergehenden. Ich bin von der Neuheit dieser Namensaufschrift überzeugt; denn sie besitzt nicht das Geringste, das für ihr Alterthum zeugen könnte, und ist gewiss nach der Auffindung dem Steine beigefügt worden, in der irrigen Meinung, den Werth desselben da- durch zu erhöhen.‟ Fragen wir nach dem letzten Grunde dieser Zweifel, so ist derselbe diesmal ganz einzig in seiner Art, namentlich in Köhler’s Munde: die Arbeit des Steins ist für Dioskurides — zu gut! und der Werth derselben wird durch den Namen des Künstlers nur herabgesetzt! Gegen solche Ansichten anzukämpfen, ist überflüssig, wie überhaupt der Beweis der Echtheit nicht verlangt werden darf, wo die- selbe aus blosser Laune ohne einen Schein von Gründen verdächtigt wird. Da sich jedoch Köhler unter Anderem auf den „ungriechischen Geschmack‟ beruft, „in dem die grossen Sardonyxcameen der Steinschneider unter Augustus und Tiberius gearbeitet sind,‟ so will ich nur kurz auf das Unpassende dieser Vergleichung hinweisen. Man vergleiche beispielsweise nur, was geschickte römische Muschelschnei- der unserer Tage in eigenen Werken, wie Portraits, und was sie in der Nachahmung vorzüglicher antiker Vorbilder leisten, und wir haben ganz denselben Contrast der stylistischen Be- handlung.
Sehr ungünstig wird von Köhler (S. 133) ein Carneol beurtheilt, Diomedes darstellend, wie er, das Palladium in der Linken, das Schwert in der Rechten haltend, von einem Altar herabsteigt; zu seinen Füssen liegt ein Todter und wei- ter nach rechts ist eine Säule mit einer Statue sichtbar; ne- ben ihr im Felde [fremdsprachliches Material – fehlt]: Baudelot in der Hist. de l’acad. des inscr. III, p. 268; fig. 8 der Tafel; Stosch t. 29; Bracci II, t. 60; Winek. Deser. III, 316; [Lippert II, 183]; Raspe 9385; Cades III, E, 282. Der Stein befand sich, als Stosch sein Werk publicirte, bei Sevin in Paris, der ihn 1726 an den Herzog von Devonshire verkaufte. Wenn nun Köhler behauptet, dass der Stein „höchst wahrscheinlich durch des Stosch Verwendung an Sevin kam‟, so hat er da-
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 32
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eingegraben, als man ihn an vielen anderen der vorhererwähn-
ten (des Dioskurides und Solon) findet. … Der einzige in
dieser Aufschrift begangene Fehler ist, dass die drei letzteren
Buchstaben derselben um ein merkliches [ich finde: sehr we-
nig] kleiner sind, als die vorhergehenden. Ich bin von der
Neuheit dieser Namensaufschrift überzeugt; denn sie besitzt
nicht das Geringste, das für ihr Alterthum zeugen könnte,
und ist gewiss nach der Auffindung dem Steine beigefügt
worden, in der irrigen Meinung, den Werth desselben da-
durch zu erhöhen.‟ Fragen wir nach dem letzten Grunde
dieser Zweifel, so ist derselbe diesmal ganz einzig in seiner
Art, namentlich in Köhler’s Munde: die Arbeit des Steins
ist für Dioskurides — zu gut! und der Werth derselben wird
durch den Namen des Künstlers nur herabgesetzt! Gegen
solche Ansichten anzukämpfen, ist überflüssig, wie überhaupt
der Beweis der Echtheit nicht verlangt werden darf, wo die-
selbe aus blosser Laune ohne einen Schein von Gründen
verdächtigt wird. Da sich jedoch Köhler unter Anderem
auf den „ungriechischen Geschmack‟ beruft, „in dem die
grossen Sardonyxcameen der Steinschneider unter Augustus
und Tiberius gearbeitet sind,‟ so will ich nur kurz auf das
Unpassende dieser Vergleichung hinweisen. Man vergleiche
beispielsweise nur, was geschickte römische Muschelschnei-
der unserer Tage in eigenen Werken, wie Portraits, und was
sie in der Nachahmung vorzüglicher antiker Vorbilder leisten,
und wir haben ganz denselben Contrast der stylistischen Be-
handlung.
Sehr ungünstig wird von Köhler (S. 133) ein Carneol
beurtheilt, Diomedes darstellend, wie er, das Palladium in
der Linken, das Schwert in der Rechten haltend, von einem
Altar herabsteigt; zu seinen Füssen liegt ein Todter und wei-
ter nach rechts ist eine Säule mit einer Statue sichtbar; ne-
ben ihr im Felde _ : Baudelot in der Hist. de
l’acad. des inscr. III, p. 268; fig. 8 der Tafel; Stosch t. 29;
Bracci II, t. 60; Winek. Deser. III, 316; [Lippert II, 183];
Raspe 9385; Cades III, E, 282. Der Stein befand sich, als
Stosch sein Werk publicirte, bei Sevin in Paris, der ihn
1726 an den Herzog von Devonshire verkaufte. Wenn nun
Köhler behauptet, dass der Stein „höchst wahrscheinlich
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/506>, abgerufen am 24.11.2024.
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