Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite

In der Verdächtigung der Inschrift selbst dieses Steines (den
Kopf lässt er für alt gelten) leistet Köhler S. 195 fast Un-
glaubliches: "Einige Schwierigkeiten begegnen uns bei Be-
trachtung der Aufschrift, welche aus sehr zart und fein ge-
schnittenen Buchstaben besteht, die kleiner und schöner sind,
als man sie auf irgend einem alten und neuen Kunstwerke
dieser Art findet. ... Dass man um die Mitte des siebzehn-
ten Jahrhunderts (Canini's Publication erschien 1669) den so
zierlich gegrabenen Namen dem Felde beigefügt habe, ist
unwahrscheinlich, auch lässt sich kein muthmasslicher Grund
angeben, warum man gerade diesen Namen gewählt habe.
Daraus dass La Chausse nicht von einem Jaspis, sondern
von einem Camee spricht, und daraus, dass Menage (hist.
mulier. philos.) und Gronov die so deutlich gegrabene Auf-
schrift auf ihrem Steine [fremdsprachliches Material - fehlt] lesen, entsteht die Ver-
muthung, der rothe Jaspis in der kaiserlichen Sammlung zu
Wien sei nicht derselbe, dessen Aufschrift der Künstler Ca-
nini [fremdsprachliches Material - fehlt] statt [fremdsprachliches Material - fehlt] gelesen, um wie er glaubte,
in dem Brustbilde das Bildniss der Aspasia zu erhalten. Ob-
gleich bei diesen Vermuthungen nicht bestimmt werden kann,
was man auf anderen Steinen durch das Wort [fremdsprachliches Material - fehlt]
habe anzeigen wollen, so bleibt doch als unumstösslich be-
gründet, dass eine so schön und sauber mit so sehr kleinen
Buchstaben geschnittene Aufschrift, wie die des wiener Jas-
pis, unmöglich aus dem siebzehnten Jahrhunderte herstammen
kann, wo man noch so wenig in der Kunst falsche Namen
zu graben geübt war; es konnte eine so vollkommene Schrift
einzig und allein nur in der ersten Hälfte des achtzehnten
Jahrhunderts in Italien geliefert werden, als so viele ge-
schickte und so viel im Graben alter Künstlernamen geübte
Künstler aus Verfälschung dieser Art so manchen Gewinn
zogen." Canini publicirte den Stein 1669 als im Rondanini'-
schen Besitz befindlich und giebt die Inschrift: [fremdsprachliches Material - fehlt].
Menage und Gronov berufen sich auf Canini, und dass sie
das Original gesehen, steht keineswegs fest; vielmehr muss,
da sie es nicht ausdrücklich bemerken, gerade auf das Ge-
gentheil geschlossen werden. Ihre Lesart der Inschrift hat
also keine Auctorität; aber selbst, wenn sie den Stein ge-
sehen hätten, müsste immer die Möglichkeit einer falschen
Lesung zugegeben werden. Geradezu falsch aber ist Köh-

In der Verdächtigung der Inschrift selbst dieses Steines (den
Kopf lässt er für alt gelten) leistet Köhler S. 195 fast Un-
glaubliches: „Einige Schwierigkeiten begegnen uns bei Be-
trachtung der Aufschrift, welche aus sehr zart und fein ge-
schnittenen Buchstaben besteht, die kleiner und schöner sind,
als man sie auf irgend einem alten und neuen Kunstwerke
dieser Art findet. … Dass man um die Mitte des siebzehn-
ten Jahrhunderts (Canini’s Publication erschien 1669) den so
zierlich gegrabenen Namen dem Felde beigefügt habe, ist
unwahrscheinlich, auch lässt sich kein muthmasslicher Grund
angeben, warum man gerade diesen Namen gewählt habe.
Daraus dass La Chausse nicht von einem Jaspis, sondern
von einem Camee spricht, und daraus, dass Menage (hist.
mulier. philos.) und Gronov die so deutlich gegrabene Auf-
schrift auf ihrem Steine [fremdsprachliches Material – fehlt] lesen, entsteht die Ver-
muthung, der rothe Jaspis in der kaiserlichen Sammlung zu
Wien sei nicht derselbe, dessen Aufschrift der Künstler Ca-
nini [fremdsprachliches Material – fehlt] statt [fremdsprachliches Material – fehlt] gelesen, um wie er glaubte,
in dem Brustbilde das Bildniss der Aspasia zu erhalten. Ob-
gleich bei diesen Vermuthungen nicht bestimmt werden kann,
was man auf anderen Steinen durch das Wort [fremdsprachliches Material – fehlt]
habe anzeigen wollen, so bleibt doch als unumstösslich be-
gründet, dass eine so schön und sauber mit so sehr kleinen
Buchstaben geschnittene Aufschrift, wie die des wiener Jas-
pis, unmöglich aus dem siebzehnten Jahrhunderte herstammen
kann, wo man noch so wenig in der Kunst falsche Namen
zu graben geübt war; es konnte eine so vollkommene Schrift
einzig und allein nur in der ersten Hälfte des achtzehnten
Jahrhunderts in Italien geliefert werden, als so viele ge-
schickte und so viel im Graben alter Künstlernamen geübte
Künstler aus Verfälschung dieser Art so manchen Gewinn
zogen.‟ Canini publicirte den Stein 1669 als im Rondanini’-
schen Besitz befindlich und giebt die Inschrift: [fremdsprachliches Material – fehlt].
Menage und Gronov berufen sich auf Canini, und dass sie
das Original gesehen, steht keineswegs fest; vielmehr muss,
da sie es nicht ausdrücklich bemerken, gerade auf das Ge-
gentheil geschlossen werden. Ihre Lesart der Inschrift hat
also keine Auctorität; aber selbst, wenn sie den Stein ge-
sehen hätten, müsste immer die Möglichkeit einer falschen
Lesung zugegeben werden. Geradezu falsch aber ist Köh-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0491" n="474"/>
In der Verdächtigung der Inschrift selbst dieses Steines (den<lb/>
Kopf lässt er für alt gelten) leistet Köhler S. 195 fast Un-<lb/>
glaubliches: &#x201E;Einige Schwierigkeiten begegnen uns bei Be-<lb/>
trachtung der Aufschrift, welche aus sehr zart und fein ge-<lb/>
schnittenen Buchstaben besteht, die kleiner und schöner sind,<lb/>
als man sie auf irgend einem alten und neuen Kunstwerke<lb/>
dieser Art findet. &#x2026; Dass man um die Mitte des siebzehn-<lb/>
ten Jahrhunderts (Canini&#x2019;s Publication erschien 1669) den so<lb/>
zierlich gegrabenen Namen dem Felde beigefügt habe, ist<lb/>
unwahrscheinlich, auch lässt sich kein muthmasslicher Grund<lb/>
angeben, warum man gerade diesen Namen gewählt habe.<lb/>
Daraus dass La Chausse nicht von einem Jaspis, sondern<lb/>
von einem Camee spricht, und daraus, dass Menage (hist.<lb/>
mulier. philos.) und Gronov die so deutlich gegrabene Auf-<lb/>
schrift auf ihrem Steine <foreign xml:lang="gre"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign> lesen, entsteht die Ver-<lb/>
muthung, der rothe Jaspis in der kaiserlichen Sammlung zu<lb/>
Wien sei nicht derselbe, dessen Aufschrift der Künstler Ca-<lb/>
nini <foreign xml:lang="gre"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign> statt <foreign xml:lang="gre"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign> gelesen, um wie er glaubte,<lb/>
in dem Brustbilde das Bildniss der Aspasia zu erhalten. Ob-<lb/>
gleich bei diesen Vermuthungen nicht bestimmt werden kann,<lb/>
was man auf anderen Steinen durch das Wort <foreign xml:lang="gre"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign><lb/>
habe anzeigen wollen, so bleibt doch als unumstösslich be-<lb/>
gründet, dass eine so schön und sauber mit so sehr kleinen<lb/>
Buchstaben geschnittene Aufschrift, wie die des wiener Jas-<lb/>
pis, unmöglich aus dem siebzehnten Jahrhunderte herstammen<lb/>
kann, wo man noch so wenig in der Kunst falsche Namen<lb/>
zu graben geübt war; es konnte eine so vollkommene Schrift<lb/>
einzig und allein nur in der ersten Hälfte des achtzehnten<lb/>
Jahrhunderts in Italien geliefert werden, als so viele ge-<lb/>
schickte und so viel im Graben alter Künstlernamen geübte<lb/>
Künstler aus Verfälschung dieser Art so manchen Gewinn<lb/>
zogen.&#x201F; Canini publicirte den Stein 1669 als im Rondanini&#x2019;-<lb/>
schen Besitz befindlich und giebt die Inschrift: <foreign xml:lang="gre"><gap reason="fm" unit="words"/></foreign>.<lb/>
Menage und Gronov berufen sich auf Canini, und dass sie<lb/>
das Original gesehen, steht keineswegs fest; vielmehr muss,<lb/>
da sie es nicht ausdrücklich bemerken, gerade auf das Ge-<lb/>
gentheil geschlossen werden. Ihre Lesart der Inschrift hat<lb/>
also keine Auctorität; aber selbst, wenn sie den Stein ge-<lb/>
sehen hätten, müsste immer die Möglichkeit einer falschen<lb/>
Lesung zugegeben werden. Geradezu falsch aber ist Köh-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[474/0491] In der Verdächtigung der Inschrift selbst dieses Steines (den Kopf lässt er für alt gelten) leistet Köhler S. 195 fast Un- glaubliches: „Einige Schwierigkeiten begegnen uns bei Be- trachtung der Aufschrift, welche aus sehr zart und fein ge- schnittenen Buchstaben besteht, die kleiner und schöner sind, als man sie auf irgend einem alten und neuen Kunstwerke dieser Art findet. … Dass man um die Mitte des siebzehn- ten Jahrhunderts (Canini’s Publication erschien 1669) den so zierlich gegrabenen Namen dem Felde beigefügt habe, ist unwahrscheinlich, auch lässt sich kein muthmasslicher Grund angeben, warum man gerade diesen Namen gewählt habe. Daraus dass La Chausse nicht von einem Jaspis, sondern von einem Camee spricht, und daraus, dass Menage (hist. mulier. philos.) und Gronov die so deutlich gegrabene Auf- schrift auf ihrem Steine _ lesen, entsteht die Ver- muthung, der rothe Jaspis in der kaiserlichen Sammlung zu Wien sei nicht derselbe, dessen Aufschrift der Künstler Ca- nini _ statt _ gelesen, um wie er glaubte, in dem Brustbilde das Bildniss der Aspasia zu erhalten. Ob- gleich bei diesen Vermuthungen nicht bestimmt werden kann, was man auf anderen Steinen durch das Wort _ habe anzeigen wollen, so bleibt doch als unumstösslich be- gründet, dass eine so schön und sauber mit so sehr kleinen Buchstaben geschnittene Aufschrift, wie die des wiener Jas- pis, unmöglich aus dem siebzehnten Jahrhunderte herstammen kann, wo man noch so wenig in der Kunst falsche Namen zu graben geübt war; es konnte eine so vollkommene Schrift einzig und allein nur in der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts in Italien geliefert werden, als so viele ge- schickte und so viel im Graben alter Künstlernamen geübte Künstler aus Verfälschung dieser Art so manchen Gewinn zogen.‟ Canini publicirte den Stein 1669 als im Rondanini’- schen Besitz befindlich und giebt die Inschrift: _ . Menage und Gronov berufen sich auf Canini, und dass sie das Original gesehen, steht keineswegs fest; vielmehr muss, da sie es nicht ausdrücklich bemerken, gerade auf das Ge- gentheil geschlossen werden. Ihre Lesart der Inschrift hat also keine Auctorität; aber selbst, wenn sie den Stein ge- sehen hätten, müsste immer die Möglichkeit einer falschen Lesung zugegeben werden. Geradezu falsch aber ist Köh-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/491
Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 474. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/491>, abgerufen am 22.07.2024.