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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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es bot sich dadurch dem Verfasser die Gelegenheit, mit
Rücksicht auf jene Winke das gesammte Material nochmals
einer Revision im Einzelnen zu unterziehen. Diese Arbeit
bildet durchweg die Grundlage der folgenden Zusammenstel-
lung, indem seit jener Zeit wohl einzelne, an sich recht
schätzbare Nachträge erschienen sind, die Frage in ihrer
Gesammtheit aber nicht wieder behandelt worden ist. Auch
hier werden die von ihm entwickelten obersten Grundsätze,
so weit sie bisher eine wohl allgemeine Billigung erfahren
haben, als feststehend angenommen werden. Durch die
durchgehende Prüfung ihrer Anwendung in allen einzelnen
Fällen wird es sich jedoch zeigen, dass die von R. Rochette
aus ihnen gewonnenen Resultate in manchen Punkten eine
nicht unwesentliche Modification erfahren müssen.



Die Basis für die Untersuchungen über die Stempel-
schneider gewährte, als R. Rochette seine Untersuchungen
begann, eine Münze von Kydonia auf Kreta mit der Inschrift
[fremdsprachliches Material - fehlt]. Später gesellte sich zu diesem einen
Beispiele ein zweites, indem sich auf Münzen von Klazomenae
der Name des Theodotos mit dem gleichen Zusatze fand:
[fremdsprachliches Material - fehlt]. Hierdurch ist für uns die Gewissheit
gewonnen, dass es den Stempelschneidern im Alterthum we-
nigstens nicht durchgängig untersagt sein konnte, ihre Na-
men auf ihren Werken anzubringen. Freilich entsteht nun,
sobald das Verbum fehlt, sofort die Ungewissheit, in wel-
cher Weise die Inschriften der Künstler von denen anderer
Personen auf den Münzen zu unterscheiden sind, und es ist
daher unvermeidlich, dass alles, was sich hierüber aufstellen
lässt, nicht sowohl den Werth einer vollen Gewissheit, als
nur einer grösseren oder geringeren Wahrscheinlichkeit für
sich in Anspruch nehmen kann.

Eine allgemeine Analogie bieten uns zuerst die Künst-
lerinschriften überhaupt. Es gilt für sie (von einzelnen Aus-
nahmen natürlich abgesehen) die Regel, dass sie dem Auge
so viel wie möglich entzogen werden. Bei statuarischen
Werken scheinen sie, namentlich in der besten Zeit, ihre
Stelle selten an dem Werke selbst gefunden zu haben,

es bot sich dadurch dem Verfasser die Gelegenheit, mit
Rücksicht auf jene Winke das gesammte Material nochmals
einer Revision im Einzelnen zu unterziehen. Diese Arbeit
bildet durchweg die Grundlage der folgenden Zusammenstel-
lung, indem seit jener Zeit wohl einzelne, an sich recht
schätzbare Nachträge erschienen sind, die Frage in ihrer
Gesammtheit aber nicht wieder behandelt worden ist. Auch
hier werden die von ihm entwickelten obersten Grundsätze,
so weit sie bisher eine wohl allgemeine Billigung erfahren
haben, als feststehend angenommen werden. Durch die
durchgehende Prüfung ihrer Anwendung in allen einzelnen
Fällen wird es sich jedoch zeigen, dass die von R. Rochette
aus ihnen gewonnenen Resultate in manchen Punkten eine
nicht unwesentliche Modification erfahren müssen.



Die Basis für die Untersuchungen über die Stempel-
schneider gewährte, als R. Rochette seine Untersuchungen
begann, eine Münze von Kydonia auf Kreta mit der Inschrift
[fremdsprachliches Material – fehlt]. Später gesellte sich zu diesem einen
Beispiele ein zweites, indem sich auf Münzen von Klazomenae
der Name des Theodotos mit dem gleichen Zusatze fand:
[fremdsprachliches Material – fehlt]. Hierdurch ist für uns die Gewissheit
gewonnen, dass es den Stempelschneidern im Alterthum we-
nigstens nicht durchgängig untersagt sein konnte, ihre Na-
men auf ihren Werken anzubringen. Freilich entsteht nun,
sobald das Verbum fehlt, sofort die Ungewissheit, in wel-
cher Weise die Inschriften der Künstler von denen anderer
Personen auf den Münzen zu unterscheiden sind, und es ist
daher unvermeidlich, dass alles, was sich hierüber aufstellen
lässt, nicht sowohl den Werth einer vollen Gewissheit, als
nur einer grösseren oder geringeren Wahrscheinlichkeit für
sich in Anspruch nehmen kann.

Eine allgemeine Analogie bieten uns zuerst die Künst-
lerinschriften überhaupt. Es gilt für sie (von einzelnen Aus-
nahmen natürlich abgesehen) die Regel, dass sie dem Auge
so viel wie möglich entzogen werden. Bei statuarischen
Werken scheinen sie, namentlich in der besten Zeit, ihre
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[416/0433] es bot sich dadurch dem Verfasser die Gelegenheit, mit Rücksicht auf jene Winke das gesammte Material nochmals einer Revision im Einzelnen zu unterziehen. Diese Arbeit bildet durchweg die Grundlage der folgenden Zusammenstel- lung, indem seit jener Zeit wohl einzelne, an sich recht schätzbare Nachträge erschienen sind, die Frage in ihrer Gesammtheit aber nicht wieder behandelt worden ist. Auch hier werden die von ihm entwickelten obersten Grundsätze, so weit sie bisher eine wohl allgemeine Billigung erfahren haben, als feststehend angenommen werden. Durch die durchgehende Prüfung ihrer Anwendung in allen einzelnen Fällen wird es sich jedoch zeigen, dass die von R. Rochette aus ihnen gewonnenen Resultate in manchen Punkten eine nicht unwesentliche Modification erfahren müssen. Die Basis für die Untersuchungen über die Stempel- schneider gewährte, als R. Rochette seine Untersuchungen begann, eine Münze von Kydonia auf Kreta mit der Inschrift _ . Später gesellte sich zu diesem einen Beispiele ein zweites, indem sich auf Münzen von Klazomenae der Name des Theodotos mit dem gleichen Zusatze fand: _ . Hierdurch ist für uns die Gewissheit gewonnen, dass es den Stempelschneidern im Alterthum we- nigstens nicht durchgängig untersagt sein konnte, ihre Na- men auf ihren Werken anzubringen. Freilich entsteht nun, sobald das Verbum fehlt, sofort die Ungewissheit, in wel- cher Weise die Inschriften der Künstler von denen anderer Personen auf den Münzen zu unterscheiden sind, und es ist daher unvermeidlich, dass alles, was sich hierüber aufstellen lässt, nicht sowohl den Werth einer vollen Gewissheit, als nur einer grösseren oder geringeren Wahrscheinlichkeit für sich in Anspruch nehmen kann. Eine allgemeine Analogie bieten uns zuerst die Künst- lerinschriften überhaupt. Es gilt für sie (von einzelnen Aus- nahmen natürlich abgesehen) die Regel, dass sie dem Auge so viel wie möglich entzogen werden. Bei statuarischen Werken scheinen sie, namentlich in der besten Zeit, ihre Stelle selten an dem Werke selbst gefunden zu haben,

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/433>, abgerufen am 15.06.2024.