gebildet, auf welcher die grossen Steinbalken bis über die Höhe der Säulen gezogen und in die richtige Lage gebracht wurden; indem man nun einen Theil dieser Säcke seines In- halts entleerte, sanken sie allmählich und ohne aufzustossen auf die Kapitäle der Säulen herab. Als Merkwürdigkeit fügt Plinius noch hinzu, dass der besonders grosse Querbalken über der Thür, der zur Verzweiflung des Architekten nicht in die richtige Lage gekommen war, (mit Hülfe der Göttin) durch sein eigenes Gewicht während der Nacht den Fehler verbessert habe.
Es fragt sich nun, was wir einer Seits von der Nach- richt des Strabo (XIV, 640) zu halten haben, der zufolge ein Anderer nach Chersiphron den Tempel vergrösserte, anderer Seits von den Maassen des Tempels sowohl wie der Säulen, welche uns Plinius überliefert hat. Urlichs nemlich (Rhein. Mus. N. F. X, S. 10) will mit Strabo's Nachricht eine Angabe des Herodot (I, 92) in Verbindung bringen, nach welcher Krösos den grössten Theil der Säulen zum Tempel geschenkt hatte. Durch diese sei die Vergrösserung bewerkstelligt worden, und zwar in der Weise, dass man den ursprünglich als Peripteros angelegten Tempel in einen Dipteros verwandelt habe. Da nun Herodot (III, 60) den Tempel zu Samos den grössten nenne, welchen er gesehen habe, dieser aber 346 x 189 Fuss messe, während Plinius für den ephesischen 425 x 225 Fuss angebe, so könnten sich des Plinius Maasse nicht auf den älteren, sondern nur auf den späteren Bau des Deinokrates beziehen, welcher nach dem Brande den Tempel nicht allein hergestellt, sondern nach Strabo auch verschönert und, wie wir hinzusetzen dürften, auch vergrössert habe. Ob sich bei der Lückenhaf- tigkeit unserer Quellen je in allen Punkten eine sichere Ent- scheidung wird fällen lassen, scheint mir sehr zweifelhaft. Gegen die von Urlichs aufgestellten Ansichten kann ich aber nicht umhin, einige Bedenken auszusprechen. Diese betref- fen zunächst den Wiederaufbau und die mit ziemlicher Zu- versicht angenommene Vergrösserung durch Deinokrates, gegen welche nach meiner Ansicht das Zeugniss des Strabo deutlich genug spricht. Er gebraucht gewiss nicht ohne Absicht den Ausdruck [fremdsprachliches Material - fehlt] ge- rade im Gegensatz zu der Nachricht über den früheren
gebildet, auf welcher die grossen Steinbalken bis über die Höhe der Säulen gezogen und in die richtige Lage gebracht wurden; indem man nun einen Theil dieser Säcke seines In- halts entleerte, sanken sie allmählich und ohne aufzustossen auf die Kapitäle der Säulen herab. Als Merkwürdigkeit fügt Plinius noch hinzu, dass der besonders grosse Querbalken über der Thür, der zur Verzweiflung des Architekten nicht in die richtige Lage gekommen war, (mit Hülfe der Göttin) durch sein eigenes Gewicht während der Nacht den Fehler verbessert habe.
Es fragt sich nun, was wir einer Seits von der Nach- richt des Strabo (XIV, 640) zu halten haben, der zufolge ein Anderer nach Chersiphron den Tempel vergrösserte, anderer Seits von den Maassen des Tempels sowohl wie der Säulen, welche uns Plinius überliefert hat. Urlichs nemlich (Rhein. Mus. N. F. X, S. 10) will mit Strabo’s Nachricht eine Angabe des Herodot (I, 92) in Verbindung bringen, nach welcher Krösos den grössten Theil der Säulen zum Tempel geschenkt hatte. Durch diese sei die Vergrösserung bewerkstelligt worden, und zwar in der Weise, dass man den ursprünglich als Peripteros angelegten Tempel in einen Dipteros verwandelt habe. Da nun Herodot (III, 60) den Tempel zu Samos den grössten nenne, welchen er gesehen habe, dieser aber 346 × 189 Fuss messe, während Plinius für den ephesischen 425 × 225 Fuss angebe, so könnten sich des Plinius Maasse nicht auf den älteren, sondern nur auf den späteren Bau des Deinokrates beziehen, welcher nach dem Brande den Tempel nicht allein hergestellt, sondern nach Strabo auch verschönert und, wie wir hinzusetzen dürften, auch vergrössert habe. Ob sich bei der Lückenhaf- tigkeit unserer Quellen je in allen Punkten eine sichere Ent- scheidung wird fällen lassen, scheint mir sehr zweifelhaft. Gegen die von Urlichs aufgestellten Ansichten kann ich aber nicht umhin, einige Bedenken auszusprechen. Diese betref- fen zunächst den Wiederaufbau und die mit ziemlicher Zu- versicht angenommene Vergrösserung durch Deinokrates, gegen welche nach meiner Ansicht das Zeugniss des Strabo deutlich genug spricht. Er gebraucht gewiss nicht ohne Absicht den Ausdruck [fremdsprachliches Material – fehlt] ge- rade im Gegensatz zu der Nachricht über den früheren
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[346/0363]
gebildet, auf welcher die grossen Steinbalken bis über die
Höhe der Säulen gezogen und in die richtige Lage gebracht
wurden; indem man nun einen Theil dieser Säcke seines In-
halts entleerte, sanken sie allmählich und ohne aufzustossen
auf die Kapitäle der Säulen herab. Als Merkwürdigkeit fügt
Plinius noch hinzu, dass der besonders grosse Querbalken
über der Thür, der zur Verzweiflung des Architekten nicht
in die richtige Lage gekommen war, (mit Hülfe der Göttin)
durch sein eigenes Gewicht während der Nacht den Fehler
verbessert habe.
Es fragt sich nun, was wir einer Seits von der Nach-
richt des Strabo (XIV, 640) zu halten haben, der zufolge
ein Anderer nach Chersiphron den Tempel vergrösserte,
anderer Seits von den Maassen des Tempels sowohl wie der
Säulen, welche uns Plinius überliefert hat. Urlichs nemlich
(Rhein. Mus. N. F. X, S. 10) will mit Strabo’s Nachricht
eine Angabe des Herodot (I, 92) in Verbindung bringen,
nach welcher Krösos den grössten Theil der Säulen zum
Tempel geschenkt hatte. Durch diese sei die Vergrösserung
bewerkstelligt worden, und zwar in der Weise, dass man
den ursprünglich als Peripteros angelegten Tempel in einen
Dipteros verwandelt habe. Da nun Herodot (III, 60) den
Tempel zu Samos den grössten nenne, welchen er gesehen
habe, dieser aber 346 × 189 Fuss messe, während Plinius
für den ephesischen 425 × 225 Fuss angebe, so könnten sich
des Plinius Maasse nicht auf den älteren, sondern nur auf
den späteren Bau des Deinokrates beziehen, welcher nach
dem Brande den Tempel nicht allein hergestellt, sondern
nach Strabo auch verschönert und, wie wir hinzusetzen
dürften, auch vergrössert habe. Ob sich bei der Lückenhaf-
tigkeit unserer Quellen je in allen Punkten eine sichere Ent-
scheidung wird fällen lassen, scheint mir sehr zweifelhaft.
Gegen die von Urlichs aufgestellten Ansichten kann ich aber
nicht umhin, einige Bedenken auszusprechen. Diese betref-
fen zunächst den Wiederaufbau und die mit ziemlicher Zu-
versicht angenommene Vergrösserung durch Deinokrates,
gegen welche nach meiner Ansicht das Zeugniss des Strabo
deutlich genug spricht. Er gebraucht gewiss nicht ohne
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/363>, abgerufen am 24.11.2024.
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