werke zuzutheilen. Es genügt hier des Beispiels halber an des Aristides verwundete Mutter mit dem Kinde, an seine Jäger, an Pausias Stieropfer zu erinnern, um klar zu machen, wie wenig auf solche Darstellungen die Bezeichnung von Genrebildern passen würde. Daneben freilich erhält auch die Genremalerei, namentlich gegen das Ende dieser Periode, immer mehr Ausdehnung und versucht ihre Kräfte an Gegen- ständen, welche bisher der Kunst fern lagen. So erwirbt Pausias sich Ruhm durch das Malen von Kindern und von Blumen; Antiphilos weiss der Betrachtung einer rein ge- werksmässigen Thätigkeit, wie die Wollebereitung ist, künst- lerische Motive abzugewinnen; eines besonderen Rufes fängt ferner die Kleinmalerei und Rhopographie sich zu erfreuen an, und endlich erhebt sich auch die Karikatur in den Grylli zu einer besonderen Gattung. Die rechte Blüthe dieser ver- schiedenen Arten von Genremalerei mag sich freilich erst während der eigentlichen Diadochenperiode entwickelt haben; doch zeigt sie sich auch in der Zeit vorher schon so weit begründet, dass man sie wenigstens ihrem Ursprunge nach durchaus als ein Kind dieser Periode ansehen darf. Ja sie stellt sich sogar als eine nothwendige Ergänzung, als ein Abschluss aller der mannigfaltigen Bestrebungen derselben dar, sobald wir diese auf ihre inneren Gründe zurückführen und unter den Gesichtspunkt der Einheit des darin waltenden Geistes zu bringen suchen.
Wenn wir aber auf eine solche Einheit als nothwendig vorhanden hinweisen, so gehen wir dabei keineswegs von einer willkürlichen Voraussetzung aus; vielmehr folgen wir nur einem Principe, welches bei Untersuchungen über grie- chisches Leben nie vernachlässigt werden darf. Und was nun speciell die Malerei anlangt, so haben wir um so we- niger Grund an seiner Geltung für dieselbe zu zweifeln, als es sich auf dem Gebiete der Schwesterkunst, der Bildhauerei, durchaus bewährt hat. Ja bei genauerer Betrachtung wird es sich zeigen, dass, was wir dort gefunden haben, hier in ausgedehntem Maasse und nur unter den durch die beson- dere Kunstgattung bedingten Modificationen Anwendung fin- det. Vor Allem wiesen wir dort1) mit Nachdruck darauf
1) I, 436 fg.
werke zuzutheilen. Es genügt hier des Beispiels halber an des Aristides verwundete Mutter mit dem Kinde, an seine Jäger, an Pausias Stieropfer zu erinnern, um klar zu machen, wie wenig auf solche Darstellungen die Bezeichnung von Genrebildern passen würde. Daneben freilich erhält auch die Genremalerei, namentlich gegen das Ende dieser Periode, immer mehr Ausdehnung und versucht ihre Kräfte an Gegen- ständen, welche bisher der Kunst fern lagen. So erwirbt Pausias sich Ruhm durch das Malen von Kindern und von Blumen; Antiphilos weiss der Betrachtung einer rein ge- werksmässigen Thätigkeit, wie die Wollebereitung ist, künst- lerische Motive abzugewinnen; eines besonderen Rufes fängt ferner die Kleinmalerei und Rhopographie sich zu erfreuen an, und endlich erhebt sich auch die Karikatur in den Grylli zu einer besonderen Gattung. Die rechte Blüthe dieser ver- schiedenen Arten von Genremalerei mag sich freilich erst während der eigentlichen Diadochenperiode entwickelt haben; doch zeigt sie sich auch in der Zeit vorher schon so weit begründet, dass man sie wenigstens ihrem Ursprunge nach durchaus als ein Kind dieser Periode ansehen darf. Ja sie stellt sich sogar als eine nothwendige Ergänzung, als ein Abschluss aller der mannigfaltigen Bestrebungen derselben dar, sobald wir diese auf ihre inneren Gründe zurückführen und unter den Gesichtspunkt der Einheit des darin waltenden Geistes zu bringen suchen.
Wenn wir aber auf eine solche Einheit als nothwendig vorhanden hinweisen, so gehen wir dabei keineswegs von einer willkürlichen Voraussetzung aus; vielmehr folgen wir nur einem Principe, welches bei Untersuchungen über grie- chisches Leben nie vernachlässigt werden darf. Und was nun speciell die Malerei anlangt, so haben wir um so we- niger Grund an seiner Geltung für dieselbe zu zweifeln, als es sich auf dem Gebiete der Schwesterkunst, der Bildhauerei, durchaus bewährt hat. Ja bei genauerer Betrachtung wird es sich zeigen, dass, was wir dort gefunden haben, hier in ausgedehntem Maasse und nur unter den durch die beson- dere Kunstgattung bedingten Modificationen Anwendung fin- det. Vor Allem wiesen wir dort1) mit Nachdruck darauf
1) I, 436 fg.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0289"n="272"/>
werke zuzutheilen. Es genügt hier des Beispiels halber an<lb/>
des Aristides verwundete Mutter mit dem Kinde, an seine<lb/>
Jäger, an Pausias Stieropfer zu erinnern, um klar zu machen,<lb/>
wie wenig auf solche Darstellungen die Bezeichnung von<lb/>
Genrebildern passen würde. Daneben freilich erhält auch<lb/>
die Genremalerei, namentlich gegen das Ende dieser Periode,<lb/>
immer mehr Ausdehnung und versucht ihre Kräfte an Gegen-<lb/>
ständen, welche bisher der Kunst fern lagen. So erwirbt<lb/>
Pausias sich Ruhm durch das Malen von Kindern und von<lb/>
Blumen; Antiphilos weiss der Betrachtung einer rein ge-<lb/>
werksmässigen Thätigkeit, wie die Wollebereitung ist, künst-<lb/>
lerische Motive abzugewinnen; eines besonderen Rufes fängt<lb/>
ferner die Kleinmalerei und Rhopographie sich zu erfreuen<lb/>
an, und endlich erhebt sich auch die Karikatur in den Grylli<lb/>
zu einer besonderen Gattung. Die rechte Blüthe dieser ver-<lb/>
schiedenen Arten von Genremalerei mag sich freilich erst<lb/>
während der eigentlichen Diadochenperiode entwickelt haben;<lb/>
doch zeigt sie sich auch in der Zeit vorher schon so weit<lb/>
begründet, dass man sie wenigstens ihrem Ursprunge nach<lb/>
durchaus als ein Kind dieser Periode ansehen darf. Ja sie<lb/>
stellt sich sogar als eine nothwendige Ergänzung, als ein<lb/>
Abschluss aller der mannigfaltigen Bestrebungen derselben<lb/>
dar, sobald wir diese auf ihre inneren Gründe zurückführen<lb/>
und unter den Gesichtspunkt der Einheit des darin waltenden<lb/>
Geistes zu bringen suchen.</p><lb/><p>Wenn wir aber auf eine solche Einheit als nothwendig<lb/>
vorhanden hinweisen, so gehen wir dabei keineswegs von<lb/>
einer willkürlichen Voraussetzung aus; vielmehr folgen wir<lb/>
nur einem Principe, welches bei Untersuchungen über grie-<lb/>
chisches Leben nie vernachlässigt werden darf. Und was<lb/>
nun speciell die Malerei anlangt, so haben wir um so we-<lb/>
niger Grund an seiner Geltung für dieselbe zu zweifeln, als<lb/>
es sich auf dem Gebiete der Schwesterkunst, der Bildhauerei,<lb/>
durchaus bewährt hat. Ja bei genauerer Betrachtung wird<lb/>
es sich zeigen, dass, was wir dort gefunden haben, hier in<lb/>
ausgedehntem Maasse und nur unter den durch die beson-<lb/>
dere Kunstgattung bedingten Modificationen Anwendung fin-<lb/>
det. Vor Allem wiesen wir dort<noteplace="foot"n="1)">I, 436 fg.</note> mit Nachdruck darauf<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[272/0289]
werke zuzutheilen. Es genügt hier des Beispiels halber an
des Aristides verwundete Mutter mit dem Kinde, an seine
Jäger, an Pausias Stieropfer zu erinnern, um klar zu machen,
wie wenig auf solche Darstellungen die Bezeichnung von
Genrebildern passen würde. Daneben freilich erhält auch
die Genremalerei, namentlich gegen das Ende dieser Periode,
immer mehr Ausdehnung und versucht ihre Kräfte an Gegen-
ständen, welche bisher der Kunst fern lagen. So erwirbt
Pausias sich Ruhm durch das Malen von Kindern und von
Blumen; Antiphilos weiss der Betrachtung einer rein ge-
werksmässigen Thätigkeit, wie die Wollebereitung ist, künst-
lerische Motive abzugewinnen; eines besonderen Rufes fängt
ferner die Kleinmalerei und Rhopographie sich zu erfreuen
an, und endlich erhebt sich auch die Karikatur in den Grylli
zu einer besonderen Gattung. Die rechte Blüthe dieser ver-
schiedenen Arten von Genremalerei mag sich freilich erst
während der eigentlichen Diadochenperiode entwickelt haben;
doch zeigt sie sich auch in der Zeit vorher schon so weit
begründet, dass man sie wenigstens ihrem Ursprunge nach
durchaus als ein Kind dieser Periode ansehen darf. Ja sie
stellt sich sogar als eine nothwendige Ergänzung, als ein
Abschluss aller der mannigfaltigen Bestrebungen derselben
dar, sobald wir diese auf ihre inneren Gründe zurückführen
und unter den Gesichtspunkt der Einheit des darin waltenden
Geistes zu bringen suchen.
Wenn wir aber auf eine solche Einheit als nothwendig
vorhanden hinweisen, so gehen wir dabei keineswegs von
einer willkürlichen Voraussetzung aus; vielmehr folgen wir
nur einem Principe, welches bei Untersuchungen über grie-
chisches Leben nie vernachlässigt werden darf. Und was
nun speciell die Malerei anlangt, so haben wir um so we-
niger Grund an seiner Geltung für dieselbe zu zweifeln, als
es sich auf dem Gebiete der Schwesterkunst, der Bildhauerei,
durchaus bewährt hat. Ja bei genauerer Betrachtung wird
es sich zeigen, dass, was wir dort gefunden haben, hier in
ausgedehntem Maasse und nur unter den durch die beson-
dere Kunstgattung bedingten Modificationen Anwendung fin-
det. Vor Allem wiesen wir dort 1) mit Nachdruck darauf
1) I, 436 fg.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/289>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.