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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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stellte er ihm für die gerade fertigen Werke den Preis von
fünfzig Talenten und verbreitete das Gerücht, er wolle sie
aufkaufen, um sie als seine eigenen wieder zu verkaufen,
wodurch die Rhodier aufmerksam wurden und den Künstler
fortan besser belohnten.1) Als ihm dagegen ein Maler ein
Bild zeigte und sich mit der Schnelligkeit, in der es voll-
endet sei, brüstete, erwiederte er: "wohl sehe ich, dass es
schnell gemalt ist; doch wundere ich mich, dass du von
solcher Qualität nicht mehrere fertig gemacht hast.2) Eben
so bemerkte er, als einer seiner Schüler eine Helena mit
dem Beinamen [fremdsprachliches Material - fehlt], der an Golde reichen, gemalt
hatte: "Da du sie nicht hast schön malen können, hast du
sie reich gemacht."3) Noch bekannter ist sein Witzwort
über einen Schuster. Er soll nemlich öfters seine beendigten
Arbeiten in seinem Atelier so aufgestellt haben, dass die
Vorübergehenden sie sehen und ihre Bemerkungen darüber
machen konnten, während er hinten versteckt dieselben an-
hörte. Auf die Ausstellung eines Schusters hin, dass er an
der Innenseite eines Schuhes einen Henkel zu wenig ge-
macht, änderte er seinen Fehler. Als aber dieser, hierdurch
zum weiteren Urtheile sich berechtigt glaubend, auch den
Schenkel zu tadeln anfing, blickte Apelles zornig hervor,
und fertigte ihn mit dem dadurch sprichwörtlich gewordenen:
"Schuster, bleibe beim Leisten" ab.4) Eben so freimüthig
verfuhr er aber auch mit Alexander, welcher ihn häufig bei
der Arbeit besuchte. Denn als dieser einst über Malerei
ziemlich unverständig schwatzte, rieth er ihm zu schweigen,
damit er nicht von den Jungen ausgelacht werde, welche
Farbe rieben.5)

Blicken wir nach dieser Abschweifung wieder auf die
Uebersicht der Werke des Apelles zurück, so kann ich nicht
umhin, die Aufmerksamkeit zunächst auf eines derselben von
einer sehr scharf ausgeprägten Eigenthümlichkeit zu lenken,
nemlich die Darstellung der Verleumdung: sie ist das male-
rische Seitenstück zu dem plastischen Kairos des Lysipp,
eine vollständige Allegorie. Dass wir in dem Gemälde nicht

1) Plin. 35, 88.
2) Plut. de educ. p. 6 F.
3) Clem. Alex. pro-
trept. II, 12.
4) Plin. 35, 85; Valer. Max. VIII, 12, ext. 3.
5) Plin.
35, 85; wogegen Plut. de discr. adul. et am. p. 58 D dasselbe von Apelles
und dem Megabyzos, Aelian v. h. II, 2 von dem letzteren und Zeuxis erzählt.

stellte er ihm für die gerade fertigen Werke den Preis von
fünfzig Talenten und verbreitete das Gerücht, er wolle sie
aufkaufen, um sie als seine eigenen wieder zu verkaufen,
wodurch die Rhodier aufmerksam wurden und den Künstler
fortan besser belohnten.1) Als ihm dagegen ein Maler ein
Bild zeigte und sich mit der Schnelligkeit, in der es voll-
endet sei, brüstete, erwiederte er: „wohl sehe ich, dass es
schnell gemalt ist; doch wundere ich mich, dass du von
solcher Qualität nicht mehrere fertig gemacht hast.2) Eben
so bemerkte er, als einer seiner Schüler eine Helena mit
dem Beinamen [fremdsprachliches Material – fehlt], der an Golde reichen, gemalt
hatte: „Da du sie nicht hast schön malen können, hast du
sie reich gemacht.‟3) Noch bekannter ist sein Witzwort
über einen Schuster. Er soll nemlich öfters seine beendigten
Arbeiten in seinem Atelier so aufgestellt haben, dass die
Vorübergehenden sie sehen und ihre Bemerkungen darüber
machen konnten, während er hinten versteckt dieselben an-
hörte. Auf die Ausstellung eines Schusters hin, dass er an
der Innenseite eines Schuhes einen Henkel zu wenig ge-
macht, änderte er seinen Fehler. Als aber dieser, hierdurch
zum weiteren Urtheile sich berechtigt glaubend, auch den
Schenkel zu tadeln anfing, blickte Apelles zornig hervor,
und fertigte ihn mit dem dadurch sprichwörtlich gewordenen:
„Schuster, bleibe beim Leisten‟ ab.4) Eben so freimüthig
verfuhr er aber auch mit Alexander, welcher ihn häufig bei
der Arbeit besuchte. Denn als dieser einst über Malerei
ziemlich unverständig schwatzte, rieth er ihm zu schweigen,
damit er nicht von den Jungen ausgelacht werde, welche
Farbe rieben.5)

Blicken wir nach dieser Abschweifung wieder auf die
Uebersicht der Werke des Apelles zurück, so kann ich nicht
umhin, die Aufmerksamkeit zunächst auf eines derselben von
einer sehr scharf ausgeprägten Eigenthümlichkeit zu lenken,
nemlich die Darstellung der Verleumdung: sie ist das male-
rische Seitenstück zu dem plastischen Kairos des Lysipp,
eine vollständige Allegorie. Dass wir in dem Gemälde nicht

1) Plin. 35, 88.
2) Plut. de educ. p. 6 F.
3) Clem. Alex. pro-
trept. II, 12.
4) Plin. 35, 85; Valer. Max. VIII, 12, ext. 3.
5) Plin.
35, 85; wogegen Plut. de discr. adul. et am. p. 58 D dasselbe von Apelles
und dem Megabyzos, Aelian v. h. II, 2 von dem letzteren und Zeuxis erzählt.
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[215/0232] stellte er ihm für die gerade fertigen Werke den Preis von fünfzig Talenten und verbreitete das Gerücht, er wolle sie aufkaufen, um sie als seine eigenen wieder zu verkaufen, wodurch die Rhodier aufmerksam wurden und den Künstler fortan besser belohnten. 1) Als ihm dagegen ein Maler ein Bild zeigte und sich mit der Schnelligkeit, in der es voll- endet sei, brüstete, erwiederte er: „wohl sehe ich, dass es schnell gemalt ist; doch wundere ich mich, dass du von solcher Qualität nicht mehrere fertig gemacht hast. 2) Eben so bemerkte er, als einer seiner Schüler eine Helena mit dem Beinamen _ , der an Golde reichen, gemalt hatte: „Da du sie nicht hast schön malen können, hast du sie reich gemacht.‟ 3) Noch bekannter ist sein Witzwort über einen Schuster. Er soll nemlich öfters seine beendigten Arbeiten in seinem Atelier so aufgestellt haben, dass die Vorübergehenden sie sehen und ihre Bemerkungen darüber machen konnten, während er hinten versteckt dieselben an- hörte. Auf die Ausstellung eines Schusters hin, dass er an der Innenseite eines Schuhes einen Henkel zu wenig ge- macht, änderte er seinen Fehler. Als aber dieser, hierdurch zum weiteren Urtheile sich berechtigt glaubend, auch den Schenkel zu tadeln anfing, blickte Apelles zornig hervor, und fertigte ihn mit dem dadurch sprichwörtlich gewordenen: „Schuster, bleibe beim Leisten‟ ab. 4) Eben so freimüthig verfuhr er aber auch mit Alexander, welcher ihn häufig bei der Arbeit besuchte. Denn als dieser einst über Malerei ziemlich unverständig schwatzte, rieth er ihm zu schweigen, damit er nicht von den Jungen ausgelacht werde, welche Farbe rieben. 5) Blicken wir nach dieser Abschweifung wieder auf die Uebersicht der Werke des Apelles zurück, so kann ich nicht umhin, die Aufmerksamkeit zunächst auf eines derselben von einer sehr scharf ausgeprägten Eigenthümlichkeit zu lenken, nemlich die Darstellung der Verleumdung: sie ist das male- rische Seitenstück zu dem plastischen Kairos des Lysipp, eine vollständige Allegorie. Dass wir in dem Gemälde nicht 1) Plin. 35, 88. 2) Plut. de educ. p. 6 F. 3) Clem. Alex. pro- trept. II, 12. 4) Plin. 35, 85; Valer. Max. VIII, 12, ext. 3. 5) Plin. 35, 85; wogegen Plut. de discr. adul. et am. p. 58 D dasselbe von Apelles und dem Megabyzos, Aelian v. h. II, 2 von dem letzteren und Zeuxis erzählt.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/232>, abgerufen am 25.11.2024.