dass der König das Bild des Boten, als es kaum begonnen war, erkannte." Hiernach dürfen wir wenigstens zwei Haupt- züge in der Erzählung Lucians, das gespannte Verhältniss mit Ptolemaeos und den böswilligen Neid der Kunstgenossen, als historische Thatsachen festhalten, welche mit dem wirklich vorhandenen Gemälde in Verbindung gesetzt, den Periegeten eine erwünschte Grundlage für die sagenartige Weiterbildung der Erzählung abgaben.
Wenden wir uns jetzt zu den historischen und Portrait- bildungen des Apelles, so erscheint besonders gross seine Thätigkeit für den makedonischen Königshof: "Wie oft er Alexander und Philipp gemalt hat, ist aufzuzählen über- flüssig," sagt Plinius (35, 93): und bekannt ist, dass Alex- ander von Niemand, als von Apelles gemalt sein wollte; vgl. die Stellen unter Lysipp, Th. I, S. 363, wo hierüber aus- führlicher gehandelt worden ist. Unter jenen unzähligen Bildnissen haben jedoch einige besondern Ruhm erlangt, vor allen:
Alexander mit dem Blitz in der Hand, im Tempel der Artemis zu Ephesos, für welchen er zwanzig Talente in Goldmünzen nicht zugezählt, sondern zugemessen erhielt: Plin. 35, 92; Cic. in Verr. IV, 60. Alexander selbst schätzte dieses Bild so hoch, dass er sagte, es gebe zwei Alexander, den unbesiegten Sohn des Philipp, und den unnachahmlichen des Apelles: Plut. de Alex. virt. II, p. 335 A. Bewundert ward daran besonders, dass die Finger hervorzutreten und der Blitz sich ausserhalb der Tafel zu befinden schien: Plin. l. l. Auffallend war er in der Farbe behandelt; während nemlich Alexander eine weisse Haut hatte, welche nur an der Brust und am Kopf mehr geröthet erschien, malte er ihn dunkler und in einem schmutzigeren Tone: Plut. Alex. 4. An dem Blitze nahm Lysipp Anstoss, indem vielmehr die Lanze, welche er selbst seiner Statue in die Hand gegeben hatte, das dem Alexander eigenthümlich und in Wahrheit zukommende Attribut sei, da auf ihr sein nie vergänglicher Ruhm beruhe: Plut. Is. et Os. p. 360 D.
"Zu Rom bewundert man Castor und Pollux nebst Victoria und Alexander dem Grossen; so wie das Bild des Krieges mit auf den Rücken gebundenen Händen, wäh- rend Alexander auf dem Wagen triumphirt; welche beiden
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 14
dass der König das Bild des Boten, als es kaum begonnen war, erkannte.‟ Hiernach dürfen wir wenigstens zwei Haupt- züge in der Erzählung Lucians, das gespannte Verhältniss mit Ptolemaeos und den böswilligen Neid der Kunstgenossen, als historische Thatsachen festhalten, welche mit dem wirklich vorhandenen Gemälde in Verbindung gesetzt, den Periegeten eine erwünschte Grundlage für die sagenartige Weiterbildung der Erzählung abgaben.
Wenden wir uns jetzt zu den historischen und Portrait- bildungen des Apelles, so erscheint besonders gross seine Thätigkeit für den makedonischen Königshof: „Wie oft er Alexander und Philipp gemalt hat, ist aufzuzählen über- flüssig,‟ sagt Plinius (35, 93): und bekannt ist, dass Alex- ander von Niemand, als von Apelles gemalt sein wollte; vgl. die Stellen unter Lysipp, Th. I, S. 363, wo hierüber aus- führlicher gehandelt worden ist. Unter jenen unzähligen Bildnissen haben jedoch einige besondern Ruhm erlangt, vor allen:
Alexander mit dem Blitz in der Hand, im Tempel der Artemis zu Ephesos, für welchen er zwanzig Talente in Goldmünzen nicht zugezählt, sondern zugemessen erhielt: Plin. 35, 92; Cic. in Verr. IV, 60. Alexander selbst schätzte dieses Bild so hoch, dass er sagte, es gebe zwei Alexander, den unbesiegten Sohn des Philipp, und den unnachahmlichen des Apelles: Plut. de Alex. virt. II, p. 335 A. Bewundert ward daran besonders, dass die Finger hervorzutreten und der Blitz sich ausserhalb der Tafel zu befinden schien: Plin. l. l. Auffallend war er in der Farbe behandelt; während nemlich Alexander eine weisse Haut hatte, welche nur an der Brust und am Kopf mehr geröthet erschien, malte er ihn dunkler und in einem schmutzigeren Tone: Plut. Alex. 4. An dem Blitze nahm Lysipp Anstoss, indem vielmehr die Lanze, welche er selbst seiner Statue in die Hand gegeben hatte, das dem Alexander eigenthümlich und in Wahrheit zukommende Attribut sei, da auf ihr sein nie vergänglicher Ruhm beruhe: Plut. Is. et Os. p. 360 D.
„Zu Rom bewundert man Castor und Pollux nebst Victoria und Alexander dem Grossen; so wie das Bild des Krieges mit auf den Rücken gebundenen Händen, wäh- rend Alexander auf dem Wagen triumphirt; welche beiden
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 14
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0226"n="209"/>
dass der König das Bild des Boten, als es kaum begonnen<lb/>
war, erkannte.‟ Hiernach dürfen wir wenigstens zwei Haupt-<lb/>
züge in der Erzählung Lucians, das gespannte Verhältniss mit<lb/>
Ptolemaeos und den böswilligen Neid der Kunstgenossen, als<lb/>
historische Thatsachen festhalten, welche mit dem wirklich<lb/>
vorhandenen Gemälde in Verbindung gesetzt, den Periegeten<lb/>
eine erwünschte Grundlage für die sagenartige Weiterbildung<lb/>
der Erzählung abgaben.</p><lb/><p>Wenden wir uns jetzt zu den historischen und Portrait-<lb/>
bildungen des Apelles, so erscheint besonders gross seine<lb/>
Thätigkeit für den makedonischen Königshof: „Wie oft er<lb/><hirendition="#g">Alexander</hi> und <hirendition="#g">Philipp</hi> gemalt hat, ist aufzuzählen über-<lb/>
flüssig,‟ sagt Plinius (35, 93): und bekannt ist, dass Alex-<lb/>
ander von Niemand, als von Apelles gemalt sein wollte; vgl.<lb/>
die Stellen unter Lysipp, Th. I, S. 363, wo hierüber aus-<lb/>
führlicher gehandelt worden ist. Unter jenen unzähligen<lb/>
Bildnissen haben jedoch einige besondern Ruhm erlangt,<lb/>
vor allen:</p><lb/><p><hirendition="#g">Alexander</hi> mit dem Blitz in der Hand, im Tempel der<lb/>
Artemis zu Ephesos, für welchen er zwanzig Talente in<lb/>
Goldmünzen nicht zugezählt, sondern zugemessen erhielt:<lb/>
Plin. 35, 92; Cic. in Verr. IV, 60. Alexander selbst schätzte<lb/>
dieses Bild so hoch, dass er sagte, es gebe zwei Alexander,<lb/>
den unbesiegten Sohn des Philipp, und den unnachahmlichen<lb/>
des Apelles: Plut. de Alex. virt. II, p. 335 A. Bewundert<lb/>
ward daran besonders, dass die Finger hervorzutreten und<lb/>
der Blitz sich ausserhalb der Tafel zu befinden schien: Plin.<lb/>
l. l. Auffallend war er in der Farbe behandelt; während<lb/>
nemlich Alexander eine weisse Haut hatte, welche nur an<lb/>
der Brust und am Kopf mehr geröthet erschien, malte er<lb/>
ihn dunkler und in einem schmutzigeren Tone: Plut. Alex. 4.<lb/>
An dem Blitze nahm Lysipp Anstoss, indem vielmehr die<lb/>
Lanze, welche er selbst seiner Statue in die Hand gegeben<lb/>
hatte, das dem Alexander eigenthümlich und in Wahrheit<lb/>
zukommende Attribut sei, da auf ihr sein nie vergänglicher<lb/>
Ruhm beruhe: Plut. Is. et Os. p. 360 D.</p><lb/><p>„Zu Rom bewundert man <hirendition="#g">Castor</hi> und <hirendition="#g">Pollux</hi> nebst<lb/><hirendition="#g">Victoria</hi> und <hirendition="#g">Alexander</hi> dem Grossen; so wie das Bild<lb/>
des Krieges mit auf den Rücken gebundenen Händen, wäh-<lb/>
rend Alexander auf dem Wagen triumphirt; welche beiden<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#i"><hirendition="#g">Brunn,</hi> Geschichte der griech. Künstler. II.</hi> 14</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[209/0226]
dass der König das Bild des Boten, als es kaum begonnen
war, erkannte.‟ Hiernach dürfen wir wenigstens zwei Haupt-
züge in der Erzählung Lucians, das gespannte Verhältniss mit
Ptolemaeos und den böswilligen Neid der Kunstgenossen, als
historische Thatsachen festhalten, welche mit dem wirklich
vorhandenen Gemälde in Verbindung gesetzt, den Periegeten
eine erwünschte Grundlage für die sagenartige Weiterbildung
der Erzählung abgaben.
Wenden wir uns jetzt zu den historischen und Portrait-
bildungen des Apelles, so erscheint besonders gross seine
Thätigkeit für den makedonischen Königshof: „Wie oft er
Alexander und Philipp gemalt hat, ist aufzuzählen über-
flüssig,‟ sagt Plinius (35, 93): und bekannt ist, dass Alex-
ander von Niemand, als von Apelles gemalt sein wollte; vgl.
die Stellen unter Lysipp, Th. I, S. 363, wo hierüber aus-
führlicher gehandelt worden ist. Unter jenen unzähligen
Bildnissen haben jedoch einige besondern Ruhm erlangt,
vor allen:
Alexander mit dem Blitz in der Hand, im Tempel der
Artemis zu Ephesos, für welchen er zwanzig Talente in
Goldmünzen nicht zugezählt, sondern zugemessen erhielt:
Plin. 35, 92; Cic. in Verr. IV, 60. Alexander selbst schätzte
dieses Bild so hoch, dass er sagte, es gebe zwei Alexander,
den unbesiegten Sohn des Philipp, und den unnachahmlichen
des Apelles: Plut. de Alex. virt. II, p. 335 A. Bewundert
ward daran besonders, dass die Finger hervorzutreten und
der Blitz sich ausserhalb der Tafel zu befinden schien: Plin.
l. l. Auffallend war er in der Farbe behandelt; während
nemlich Alexander eine weisse Haut hatte, welche nur an
der Brust und am Kopf mehr geröthet erschien, malte er
ihn dunkler und in einem schmutzigeren Tone: Plut. Alex. 4.
An dem Blitze nahm Lysipp Anstoss, indem vielmehr die
Lanze, welche er selbst seiner Statue in die Hand gegeben
hatte, das dem Alexander eigenthümlich und in Wahrheit
zukommende Attribut sei, da auf ihr sein nie vergänglicher
Ruhm beruhe: Plut. Is. et Os. p. 360 D.
„Zu Rom bewundert man Castor und Pollux nebst
Victoria und Alexander dem Grossen; so wie das Bild
des Krieges mit auf den Rücken gebundenen Händen, wäh-
rend Alexander auf dem Wagen triumphirt; welche beiden
Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 14
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/226>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.