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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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schrieben, welches bei den Begründern dieser Richtung nur
erst in seinen Keimen nachweisbar ist, dafür aber nur eine
Generation später, bei einigen Schülern des Praxiteles und
Lysipp, um so schärfer und in voller Entwickelung hervor-
tritt. Dass auch in der Malerei ähnliche Verhältnisse ob-
walteten, werden wir, wenn auch nicht so bestimmt an den
Schülern des Euphranor, um so deutlicher an den Schülern
eines Schülers wahrnehmen.

Von den Ersteren vermögen wir, da über Charman-
tides
und Leonidas ausser den früher angeführten keine
Nachrichten vorhanden sind, nur Antidotos einer etwas ge-
naueren Betrachtung zu unterwerfen:

Antidotos,

der dritte Schüler des Euphranor, ist nur aus einer Stelle
des Plinius (35, 130) bekannt. "Von ihm ist ein Kämpfer
mit dem Schilde zu Athen, ein Ringer, und ein wie weniges
Andere gerühmter Trompeter." Seine Kunstrichtung be-
zeichnet Plinius kurz mit den Worten: ipse diligentior quam
numerosior et in coloribus austerus. So gering diese Nach-
richten sind, so gewähren sie uns doch ein zwar einfaches,
aber klares Bild vom Charakter des Antidotos. Die Sorg-
falt der Durchführung steht mit dem Mangel an Fruchtbar-
keit in deutlicher Wechselbeziehung. Wollen wir aber, was
der Ausdruck des Plinius allerdings erlaubt, lieber an einen
Mangel an Mannigfaltigkeit in der Wahl der Gegenstände
denken, so findet auch diese Deutung in den uns bekannten
drei sehr gleichartigen Werken ihre Unterstützung. Zugleich
erkennen wir in ihrer Wahl den Einfluss der Schule, aus
welcher der Künstler hervorging, insofern die durch die
Handlung bedingte Erregtheit zwar nicht eine Tiefe des
Gefühls, wie bei Aristides, voraussetzt, dagegen aber eine
realistische Darstellung physischer Thätigkeiten und Kräfte,
wie bei Euphranor, um so mehr begünstigen musste. Die
Strenge der Farben endlich lässt sich aus verschiedenen
Ursachen herleiten. Wir haben sie schon früher einmal, bei
Nikophanes, mit einer grossen Sorgfalt der übrigen Durch-
führung gepaart gefunden. Bedenken wir aber, dass ein
gleicher Vorwurf auch dem Aristides gemacht wurde, so
dürfen wir uns wohl zu der Ansicht hinneigen, dass diese
ganze, mehr auf die Darstellung des Ausdrucks bedachte

Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 13

schrieben, welches bei den Begründern dieser Richtung nur
erst in seinen Keimen nachweisbar ist, dafür aber nur eine
Generation später, bei einigen Schülern des Praxiteles und
Lysipp, um so schärfer und in voller Entwickelung hervor-
tritt. Dass auch in der Malerei ähnliche Verhältnisse ob-
walteten, werden wir, wenn auch nicht so bestimmt an den
Schülern des Euphranor, um so deutlicher an den Schülern
eines Schülers wahrnehmen.

Von den Ersteren vermögen wir, da über Charman-
tides
und Leonidas ausser den früher angeführten keine
Nachrichten vorhanden sind, nur Antidotos einer etwas ge-
naueren Betrachtung zu unterwerfen:

Antidotos,

der dritte Schüler des Euphranor, ist nur aus einer Stelle
des Plinius (35, 130) bekannt. „Von ihm ist ein Kämpfer
mit dem Schilde zu Athen, ein Ringer, und ein wie weniges
Andere gerühmter Trompeter.‟ Seine Kunstrichtung be-
zeichnet Plinius kurz mit den Worten: ipse diligentior quam
numerosior et in coloribus austerus. So gering diese Nach-
richten sind, so gewähren sie uns doch ein zwar einfaches,
aber klares Bild vom Charakter des Antidotos. Die Sorg-
falt der Durchführung steht mit dem Mangel an Fruchtbar-
keit in deutlicher Wechselbeziehung. Wollen wir aber, was
der Ausdruck des Plinius allerdings erlaubt, lieber an einen
Mangel an Mannigfaltigkeit in der Wahl der Gegenstände
denken, so findet auch diese Deutung in den uns bekannten
drei sehr gleichartigen Werken ihre Unterstützung. Zugleich
erkennen wir in ihrer Wahl den Einfluss der Schule, aus
welcher der Künstler hervorging, insofern die durch die
Handlung bedingte Erregtheit zwar nicht eine Tiefe des
Gefühls, wie bei Aristides, voraussetzt, dagegen aber eine
realistische Darstellung physischer Thätigkeiten und Kräfte,
wie bei Euphranor, um so mehr begünstigen musste. Die
Strenge der Farben endlich lässt sich aus verschiedenen
Ursachen herleiten. Wir haben sie schon früher einmal, bei
Nikophanes, mit einer grossen Sorgfalt der übrigen Durch-
führung gepaart gefunden. Bedenken wir aber, dass ein
gleicher Vorwurf auch dem Aristides gemacht wurde, so
dürfen wir uns wohl zu der Ansicht hinneigen, dass diese
ganze, mehr auf die Darstellung des Ausdrucks bedachte

Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 13
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[193/0210] schrieben, welches bei den Begründern dieser Richtung nur erst in seinen Keimen nachweisbar ist, dafür aber nur eine Generation später, bei einigen Schülern des Praxiteles und Lysipp, um so schärfer und in voller Entwickelung hervor- tritt. Dass auch in der Malerei ähnliche Verhältnisse ob- walteten, werden wir, wenn auch nicht so bestimmt an den Schülern des Euphranor, um so deutlicher an den Schülern eines Schülers wahrnehmen. Von den Ersteren vermögen wir, da über Charman- tides und Leonidas ausser den früher angeführten keine Nachrichten vorhanden sind, nur Antidotos einer etwas ge- naueren Betrachtung zu unterwerfen: Antidotos, der dritte Schüler des Euphranor, ist nur aus einer Stelle des Plinius (35, 130) bekannt. „Von ihm ist ein Kämpfer mit dem Schilde zu Athen, ein Ringer, und ein wie weniges Andere gerühmter Trompeter.‟ Seine Kunstrichtung be- zeichnet Plinius kurz mit den Worten: ipse diligentior quam numerosior et in coloribus austerus. So gering diese Nach- richten sind, so gewähren sie uns doch ein zwar einfaches, aber klares Bild vom Charakter des Antidotos. Die Sorg- falt der Durchführung steht mit dem Mangel an Fruchtbar- keit in deutlicher Wechselbeziehung. Wollen wir aber, was der Ausdruck des Plinius allerdings erlaubt, lieber an einen Mangel an Mannigfaltigkeit in der Wahl der Gegenstände denken, so findet auch diese Deutung in den uns bekannten drei sehr gleichartigen Werken ihre Unterstützung. Zugleich erkennen wir in ihrer Wahl den Einfluss der Schule, aus welcher der Künstler hervorging, insofern die durch die Handlung bedingte Erregtheit zwar nicht eine Tiefe des Gefühls, wie bei Aristides, voraussetzt, dagegen aber eine realistische Darstellung physischer Thätigkeiten und Kräfte, wie bei Euphranor, um so mehr begünstigen musste. Die Strenge der Farben endlich lässt sich aus verschiedenen Ursachen herleiten. Wir haben sie schon früher einmal, bei Nikophanes, mit einer grossen Sorgfalt der übrigen Durch- führung gepaart gefunden. Bedenken wir aber, dass ein gleicher Vorwurf auch dem Aristides gemacht wurde, so dürfen wir uns wohl zu der Ansicht hinneigen, dass diese ganze, mehr auf die Darstellung des Ausdrucks bedachte Brunn, Geschichte der griech. Künstler. II. 13

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/210>, abgerufen am 27.11.2024.