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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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samen Reaction. Denn es bedurfte vor Allem weniger der
glänzenden Beispiele, als eines Mittels, der Entwickelung
jener verderblichen Keime Einhalt zu thun. Ein solches
konnte aber einzig in der systematischen Begründung des-
jenigen Theiles der Kunstübung gefunden werden, der auf
einem durch rationelles Denken gefundenen Wissen beruht.
Denn nur dieses ist von der speciellen künstlerischen Befä-
higung des Einzelnen unabhängig und lässt sich als Kunst-
lehre in weiteren Kreisen verbreiten, um die an sich freilich
höhere Thätigkeit des künstlerischen Schaffens zu läutern
und zu regeln. Wir mögen daher den Werth der eigenen
Schöpfungen des Pamphilos hoch oder gering anschlagen,
durch die Begründung einer wissenschaftlichen Kunstlehre
gewinnt er einen Einfluss, der sich sogar über das Gebiet
der Malerei in deren fernerer Entwickelung hinaus auf die
allgemeinen Bildungsverhältnisse Griechenlands erstreckt.
Denn selbst zur Wissenschaft erhoben ward die Malerei
auch wieder ein Bildungsmittel, und dieser Eigenschaft ver-
dankt sie ihre Aufnahme unter die eines Freien würdigen und
bei der Erziehung nicht zu. vernachlässigenden Künste, die
durch Pamphilos zuerst in Sikyon, dann auch im übrigen
Griechenland bewirkt wurde. Wichtiger für unsern Zweck
ist jedoch seine Stellung im Kreise seiner Kunstgenossen.
Um uns aber dieselbe deutlich zu machen, kann wohl nichts
geeigneter sein, als eine Vergleichung des Pamphilos mit
Polyklet; ja es erscheint sogar nothwendig, auf diesen
als sein bestimmendes Vorbild und Muster zurückzugehen.
Denn unmöglich ist es ein blosser Zufall, wenn der eine auf
dem Gebiete der Malerei ganz dieselben Principien und
durchaus mit demselben Erfolge durchführt, welche der an-
dere auf dem Gebiete der Plastik bereits zur Geltung ge-
bracht hatte, um so weniger, als beide, sei es durch Geburt,
sei es durch ihre ganze Bildung, einem und demselben Mit-
telpunkte der Kunstübung, nemlich Sikyon, angehören. Da-
mals aber, als Pamphilos dort seine Ausbildung erhielt, er-
scheint der Einfluss des Polyklet in der Bildhauerschule von
Sikyon und Argos als ein so mächtiger und durchaus aus-
schliesslicher, dass unmöglich die übrigen Gebiete der Kunst
davon unberührt bleiben konnten, sondern seine allgemeinen
Grundanschauungen fast mit Nothwendigkeit auf dieselben

samen Reaction. Denn es bedurfte vor Allem weniger der
glänzenden Beispiele, als eines Mittels, der Entwickelung
jener verderblichen Keime Einhalt zu thun. Ein solches
konnte aber einzig in der systematischen Begründung des-
jenigen Theiles der Kunstübung gefunden werden, der auf
einem durch rationelles Denken gefundenen Wissen beruht.
Denn nur dieses ist von der speciellen künstlerischen Befä-
higung des Einzelnen unabhängig und lässt sich als Kunst-
lehre in weiteren Kreisen verbreiten, um die an sich freilich
höhere Thätigkeit des künstlerischen Schaffens zu läutern
und zu regeln. Wir mögen daher den Werth der eigenen
Schöpfungen des Pamphilos hoch oder gering anschlagen,
durch die Begründung einer wissenschaftlichen Kunstlehre
gewinnt er einen Einfluss, der sich sogar über das Gebiet
der Malerei in deren fernerer Entwickelung hinaus auf die
allgemeinen Bildungsverhältnisse Griechenlands erstreckt.
Denn selbst zur Wissenschaft erhoben ward die Malerei
auch wieder ein Bildungsmittel, und dieser Eigenschaft ver-
dankt sie ihre Aufnahme unter die eines Freien würdigen und
bei der Erziehung nicht zu. vernachlässigenden Künste, die
durch Pamphilos zuerst in Sikyon, dann auch im übrigen
Griechenland bewirkt wurde. Wichtiger für unsern Zweck
ist jedoch seine Stellung im Kreise seiner Kunstgenossen.
Um uns aber dieselbe deutlich zu machen, kann wohl nichts
geeigneter sein, als eine Vergleichung des Pamphilos mit
Polyklet; ja es erscheint sogar nothwendig, auf diesen
als sein bestimmendes Vorbild und Muster zurückzugehen.
Denn unmöglich ist es ein blosser Zufall, wenn der eine auf
dem Gebiete der Malerei ganz dieselben Principien und
durchaus mit demselben Erfolge durchführt, welche der an-
dere auf dem Gebiete der Plastik bereits zur Geltung ge-
bracht hatte, um so weniger, als beide, sei es durch Geburt,
sei es durch ihre ganze Bildung, einem und demselben Mit-
telpunkte der Kunstübung, nemlich Sikyon, angehören. Da-
mals aber, als Pamphilos dort seine Ausbildung erhielt, er-
scheint der Einfluss des Polyklet in der Bildhauerschule von
Sikyon und Argos als ein so mächtiger und durchaus aus-
schliesslicher, dass unmöglich die übrigen Gebiete der Kunst
davon unberührt bleiben konnten, sondern seine allgemeinen
Grundanschauungen fast mit Nothwendigkeit auf dieselben

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[139/0156] samen Reaction. Denn es bedurfte vor Allem weniger der glänzenden Beispiele, als eines Mittels, der Entwickelung jener verderblichen Keime Einhalt zu thun. Ein solches konnte aber einzig in der systematischen Begründung des- jenigen Theiles der Kunstübung gefunden werden, der auf einem durch rationelles Denken gefundenen Wissen beruht. Denn nur dieses ist von der speciellen künstlerischen Befä- higung des Einzelnen unabhängig und lässt sich als Kunst- lehre in weiteren Kreisen verbreiten, um die an sich freilich höhere Thätigkeit des künstlerischen Schaffens zu läutern und zu regeln. Wir mögen daher den Werth der eigenen Schöpfungen des Pamphilos hoch oder gering anschlagen, durch die Begründung einer wissenschaftlichen Kunstlehre gewinnt er einen Einfluss, der sich sogar über das Gebiet der Malerei in deren fernerer Entwickelung hinaus auf die allgemeinen Bildungsverhältnisse Griechenlands erstreckt. Denn selbst zur Wissenschaft erhoben ward die Malerei auch wieder ein Bildungsmittel, und dieser Eigenschaft ver- dankt sie ihre Aufnahme unter die eines Freien würdigen und bei der Erziehung nicht zu. vernachlässigenden Künste, die durch Pamphilos zuerst in Sikyon, dann auch im übrigen Griechenland bewirkt wurde. Wichtiger für unsern Zweck ist jedoch seine Stellung im Kreise seiner Kunstgenossen. Um uns aber dieselbe deutlich zu machen, kann wohl nichts geeigneter sein, als eine Vergleichung des Pamphilos mit Polyklet; ja es erscheint sogar nothwendig, auf diesen als sein bestimmendes Vorbild und Muster zurückzugehen. Denn unmöglich ist es ein blosser Zufall, wenn der eine auf dem Gebiete der Malerei ganz dieselben Principien und durchaus mit demselben Erfolge durchführt, welche der an- dere auf dem Gebiete der Plastik bereits zur Geltung ge- bracht hatte, um so weniger, als beide, sei es durch Geburt, sei es durch ihre ganze Bildung, einem und demselben Mit- telpunkte der Kunstübung, nemlich Sikyon, angehören. Da- mals aber, als Pamphilos dort seine Ausbildung erhielt, er- scheint der Einfluss des Polyklet in der Bildhauerschule von Sikyon und Argos als ein so mächtiger und durchaus aus- schliesslicher, dass unmöglich die übrigen Gebiete der Kunst davon unberührt bleiben konnten, sondern seine allgemeinen Grundanschauungen fast mit Nothwendigkeit auf dieselben

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/156>, abgerufen am 30.11.2024.