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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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mann vielfach im Ganzen, wie im Einzelnen behandelt worden;
ein gewisses Maass von Wissen über dieselbe ist dadurch seit
lange Gemeingut der gebildeten Welt und erleichtert zugleich
das Urtheil über jede Erweiterung desselben, in dem Maasse,
dass sogar der mühsam erworbene Ertrag neuer Forschung
nach kurzer Frist kaum noch als das Eigenthum des Einzel-
nen erscheint, sondern ohne Weiteres als ein Theil eben jenes
Gemeingutes betrachtet wird. Zum Beweise dafür darf ich
mich auf Overbeck's "Geschichte der griechischen Plastik für
Künstler und Kunstfreunde" berufen, in welcher meine Ge-
schichte der Bildhauer von Anfang bis zu Ende in der um-
fassendsten Weise ausgenutzt worden ist, ohne dass es der
Verfasser für nöthig erachtet, auch nur mit einem Worte zu er-
wähnen, dass, bis auf die Verschiedenheit individueller Ansich-
ten im Einzelnen, in den die Künstlergeschichte betreffenden
Abschnitten meine Arbeit durchaus die Grundlage der seinigen
bildet; wobei es denn freilich naiv erscheint, wenn er (I, S. 9)
ein anderes Erzeugniss litterarischer Tagesschriftstellerei, das
wenigstens in der Benutzung der Arbeiten eines Einzelnen sei-
ner Vorgänger nirgends so weit geht, wie er selbst, als ein
"unverschämtes Machwerk" bezeichnet. -- Anders als bei den
Bildhauern verhält es sich mit der Stellung der Kritik gegen-
über der Geschichte der Maler. Da wohl ziemlich allgemein das
Vorurtheil herrschte, unsere Hülfsquellen seien für eine einge-
hende historische Darstellung derselben durchaus ungenügend,
so ist sie überhaupt in früheren Zeiten mehr als billig ver-
nachlässigt worden. Wenn daher meine Arbeit es unternahm,
nicht nur jenes Vorurtheil als irrig nachzuweisen, sondern auch
das Ganze jener historischen Entwickelung in seinen Grund-
zügen fertig hinzustellen, so ist es nicht zu verwundern, dass

mann vielfach im Ganzen, wie im Einzelnen behandelt worden;
ein gewisses Maass von Wissen über dieselbe ist dadurch seit
lange Gemeingut der gebildeten Welt und erleichtert zugleich
das Urtheil über jede Erweiterung desselben, in dem Maasse,
dass sogar der mühsam erworbene Ertrag neuer Forschung
nach kurzer Frist kaum noch als das Eigenthum des Einzel-
nen erscheint, sondern ohne Weiteres als ein Theil eben jenes
Gemeingutes betrachtet wird. Zum Beweise dafür darf ich
mich auf Overbeck’s „Geschichte der griechischen Plastik für
Künstler und Kunstfreunde‟ berufen, in welcher meine Ge-
schichte der Bildhauer von Anfang bis zu Ende in der um-
fassendsten Weise ausgenutzt worden ist, ohne dass es der
Verfasser für nöthig erachtet, auch nur mit einem Worte zu er-
wähnen, dass, bis auf die Verschiedenheit individueller Ansich-
ten im Einzelnen, in den die Künstlergeschichte betreffenden
Abschnitten meine Arbeit durchaus die Grundlage der seinigen
bildet; wobei es denn freilich naiv erscheint, wenn er (I, S. 9)
ein anderes Erzeugniss litterarischer Tagesschriftstellerei, das
wenigstens in der Benutzung der Arbeiten eines Einzelnen sei-
ner Vorgänger nirgends so weit geht, wie er selbst, als ein
„unverschämtes Machwerk‟ bezeichnet. — Anders als bei den
Bildhauern verhält es sich mit der Stellung der Kritik gegen-
über der Geschichte der Maler. Da wohl ziemlich allgemein das
Vorurtheil herrschte, unsere Hülfsquellen seien für eine einge-
hende historische Darstellung derselben durchaus ungenügend,
so ist sie überhaupt in früheren Zeiten mehr als billig ver-
nachlässigt worden. Wenn daher meine Arbeit es unternahm,
nicht nur jenes Vorurtheil als irrig nachzuweisen, sondern auch
das Ganze jener historischen Entwickelung in seinen Grund-
zügen fertig hinzustellen, so ist es nicht zu verwundern, dass

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[IV/0011] mann vielfach im Ganzen, wie im Einzelnen behandelt worden; ein gewisses Maass von Wissen über dieselbe ist dadurch seit lange Gemeingut der gebildeten Welt und erleichtert zugleich das Urtheil über jede Erweiterung desselben, in dem Maasse, dass sogar der mühsam erworbene Ertrag neuer Forschung nach kurzer Frist kaum noch als das Eigenthum des Einzel- nen erscheint, sondern ohne Weiteres als ein Theil eben jenes Gemeingutes betrachtet wird. Zum Beweise dafür darf ich mich auf Overbeck’s „Geschichte der griechischen Plastik für Künstler und Kunstfreunde‟ berufen, in welcher meine Ge- schichte der Bildhauer von Anfang bis zu Ende in der um- fassendsten Weise ausgenutzt worden ist, ohne dass es der Verfasser für nöthig erachtet, auch nur mit einem Worte zu er- wähnen, dass, bis auf die Verschiedenheit individueller Ansich- ten im Einzelnen, in den die Künstlergeschichte betreffenden Abschnitten meine Arbeit durchaus die Grundlage der seinigen bildet; wobei es denn freilich naiv erscheint, wenn er (I, S. 9) ein anderes Erzeugniss litterarischer Tagesschriftstellerei, das wenigstens in der Benutzung der Arbeiten eines Einzelnen sei- ner Vorgänger nirgends so weit geht, wie er selbst, als ein „unverschämtes Machwerk‟ bezeichnet. — Anders als bei den Bildhauern verhält es sich mit der Stellung der Kritik gegen- über der Geschichte der Maler. Da wohl ziemlich allgemein das Vorurtheil herrschte, unsere Hülfsquellen seien für eine einge- hende historische Darstellung derselben durchaus ungenügend, so ist sie überhaupt in früheren Zeiten mehr als billig ver- nachlässigt worden. Wenn daher meine Arbeit es unternahm, nicht nur jenes Vorurtheil als irrig nachzuweisen, sondern auch das Ganze jener historischen Entwickelung in seinen Grund- zügen fertig hinzustellen, so ist es nicht zu verwundern, dass

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. IV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/11>, abgerufen am 20.04.2024.