pythischen Spielen 1) fast mit Sicherheit voraussetzen lässt. Dass aber dort der berühmte Panaenos von dem sonst unbe- kannten Timagoras besiegt wurde, erklärt sich vielleicht eben daraus, dass der Erstere an den grossen historischen Styl der Wandmalerei gewöhnt war, während seine Neben- buhler sich in der Tafelmalerei zu höherer Meisterschaft aus- gebildet hatten. Auf jeden Fall war die Letztere auf Werke geringeren Umfanges beschränkt geblieben, und vermochte wegen der noch mangelhaften Mittel der rein malerischen Darstellung nicht zu einer so allgemeinen Anerkennung, wie die Erstere, durchzudringen, am wenigsten in den Augen der späteren Geschlechter, welche in der gloria penicilli die Blüthe der Malerei zu sehen gewohnt waren.
Auf der andern Seite werden wir uns dagegen vor der Annahme zu wahren haben, dass in Folge des durch Apol- lodor und Zeuxis bewirkten Umschwunges die Wandmalerei gänzlich verdrängt worden sei. Allerdings musste die Durch- führung auch in dieser Gattung eine durchaus andere werden, als bisher. Aber für bestimmte Zwecke, für grosse histo- rische Gemälde an öffentlichen Orten, liess sie sich durch nichts anderes ersetzen, so wie sie sich ja auch dem heu- tigen Künstler bei ähnlichen Aufgaben unentbehrlich zeigt. An einzelnen Belegen für diese Behauptung wird es in den späteren Erörterungen nicht fehlen.
Nach dieser längeren Abschweifung, welche jedoch zum vollen Verständniss nicht nur der bisher behandelten, sondern auch der folgenden Periode nothwendig war, kehren wir wieder zu unserer Aufgabe zurück, die im Einzelnen gewonnenen Resultate zu einem historischen Ueberblicke zu vereinigen. Blicken wir auf die ältere Geschichte der Plastik zurück, so begegnen wir dort der wichtigen Erscheinung, dass sich von Anfang der eigentlich historischen Zeit an Gruppen und Schulen sondern, die sich unter einander durch bestimmte charakteristische Kennzeichen unterscheiden. In der Ge- schichte der ältesten Maler sind wir etwas ähnliches nach- zuweisen nicht im Stande. Die Maler, an deren Namen sich die Sagen von der Erfindung der Malerei knüpfen, sind an verschiedenen Orten Griechenlands zerstreut, und stehen auch
1) Plin. 35, 58.
pythischen Spielen 1) fast mit Sicherheit voraussetzen lässt. Dass aber dort der berühmte Panaenos von dem sonst unbe- kannten Timagoras besiegt wurde, erklärt sich vielleicht eben daraus, dass der Erstere an den grossen historischen Styl der Wandmalerei gewöhnt war, während seine Neben- buhler sich in der Tafelmalerei zu höherer Meisterschaft aus- gebildet hatten. Auf jeden Fall war die Letztere auf Werke geringeren Umfanges beschränkt geblieben, und vermochte wegen der noch mangelhaften Mittel der rein malerischen Darstellung nicht zu einer so allgemeinen Anerkennung, wie die Erstere, durchzudringen, am wenigsten in den Augen der späteren Geschlechter, welche in der gloria penicilli die Blüthe der Malerei zu sehen gewohnt waren.
Auf der andern Seite werden wir uns dagegen vor der Annahme zu wahren haben, dass in Folge des durch Apol- lodor und Zeuxis bewirkten Umschwunges die Wandmalerei gänzlich verdrängt worden sei. Allerdings musste die Durch- führung auch in dieser Gattung eine durchaus andere werden, als bisher. Aber für bestimmte Zwecke, für grosse histo- rische Gemälde an öffentlichen Orten, liess sie sich durch nichts anderes ersetzen, so wie sie sich ja auch dem heu- tigen Künstler bei ähnlichen Aufgaben unentbehrlich zeigt. An einzelnen Belegen für diese Behauptung wird es in den späteren Erörterungen nicht fehlen.
Nach dieser längeren Abschweifung, welche jedoch zum vollen Verständniss nicht nur der bisher behandelten, sondern auch der folgenden Periode nothwendig war, kehren wir wieder zu unserer Aufgabe zurück, die im Einzelnen gewonnenen Resultate zu einem historischen Ueberblicke zu vereinigen. Blicken wir auf die ältere Geschichte der Plastik zurück, so begegnen wir dort der wichtigen Erscheinung, dass sich von Anfang der eigentlich historischen Zeit an Gruppen und Schulen sondern, die sich unter einander durch bestimmte charakteristische Kennzeichen unterscheiden. In der Ge- schichte der ältesten Maler sind wir etwas ähnliches nach- zuweisen nicht im Stande. Die Maler, an deren Namen sich die Sagen von der Erfindung der Malerei knüpfen, sind an verschiedenen Orten Griechenlands zerstreut, und stehen auch
1) Plin. 35, 58.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0076"n="68"/>
pythischen Spielen <noteplace="foot"n="1)">Plin. 35, 58.</note> fast mit Sicherheit voraussetzen lässt.<lb/>
Dass aber dort der berühmte Panaenos von dem sonst unbe-<lb/>
kannten Timagoras besiegt wurde, erklärt sich vielleicht<lb/>
eben daraus, dass der Erstere an den grossen historischen<lb/>
Styl der Wandmalerei gewöhnt war, während seine Neben-<lb/>
buhler sich in der Tafelmalerei zu höherer Meisterschaft aus-<lb/>
gebildet hatten. Auf jeden Fall war die Letztere auf Werke<lb/>
geringeren Umfanges beschränkt geblieben, und vermochte<lb/>
wegen der noch mangelhaften Mittel der rein malerischen<lb/>
Darstellung nicht zu einer so allgemeinen Anerkennung, wie<lb/>
die Erstere, durchzudringen, am wenigsten in den Augen<lb/>
der späteren Geschlechter, welche in der gloria penicilli die<lb/>
Blüthe der Malerei zu sehen gewohnt waren.</p><lb/><p>Auf der andern Seite werden wir uns dagegen vor der<lb/>
Annahme zu wahren haben, dass in Folge des durch Apol-<lb/>
lodor und Zeuxis bewirkten Umschwunges die Wandmalerei<lb/>
gänzlich verdrängt worden sei. Allerdings musste die Durch-<lb/>
führung auch in dieser Gattung eine durchaus andere werden,<lb/>
als bisher. Aber für bestimmte Zwecke, für grosse histo-<lb/>
rische Gemälde an öffentlichen Orten, liess sie sich durch<lb/>
nichts anderes ersetzen, so wie sie sich ja auch dem heu-<lb/>
tigen Künstler bei ähnlichen Aufgaben unentbehrlich zeigt.<lb/>
An einzelnen Belegen für diese Behauptung wird es in den<lb/>
späteren Erörterungen nicht fehlen.</p><lb/><p>Nach dieser längeren Abschweifung, welche jedoch zum<lb/>
vollen Verständniss nicht nur der bisher behandelten, sondern<lb/>
auch der folgenden Periode nothwendig war, kehren wir wieder<lb/>
zu unserer Aufgabe zurück, die im Einzelnen gewonnenen<lb/>
Resultate zu einem historischen Ueberblicke zu vereinigen.<lb/>
Blicken wir auf die ältere Geschichte der Plastik zurück, so<lb/>
begegnen wir dort der wichtigen Erscheinung, dass sich von<lb/>
Anfang der eigentlich historischen Zeit an Gruppen und<lb/>
Schulen sondern, die sich unter einander durch bestimmte<lb/>
charakteristische Kennzeichen unterscheiden. In der Ge-<lb/>
schichte der ältesten Maler sind wir etwas ähnliches nach-<lb/>
zuweisen nicht im Stande. Die Maler, an deren Namen sich<lb/>
die Sagen von der Erfindung der Malerei knüpfen, sind an<lb/>
verschiedenen Orten Griechenlands zerstreut, und stehen auch<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[68/0076]
pythischen Spielen 1) fast mit Sicherheit voraussetzen lässt.
Dass aber dort der berühmte Panaenos von dem sonst unbe-
kannten Timagoras besiegt wurde, erklärt sich vielleicht
eben daraus, dass der Erstere an den grossen historischen
Styl der Wandmalerei gewöhnt war, während seine Neben-
buhler sich in der Tafelmalerei zu höherer Meisterschaft aus-
gebildet hatten. Auf jeden Fall war die Letztere auf Werke
geringeren Umfanges beschränkt geblieben, und vermochte
wegen der noch mangelhaften Mittel der rein malerischen
Darstellung nicht zu einer so allgemeinen Anerkennung, wie
die Erstere, durchzudringen, am wenigsten in den Augen
der späteren Geschlechter, welche in der gloria penicilli die
Blüthe der Malerei zu sehen gewohnt waren.
Auf der andern Seite werden wir uns dagegen vor der
Annahme zu wahren haben, dass in Folge des durch Apol-
lodor und Zeuxis bewirkten Umschwunges die Wandmalerei
gänzlich verdrängt worden sei. Allerdings musste die Durch-
führung auch in dieser Gattung eine durchaus andere werden,
als bisher. Aber für bestimmte Zwecke, für grosse histo-
rische Gemälde an öffentlichen Orten, liess sie sich durch
nichts anderes ersetzen, so wie sie sich ja auch dem heu-
tigen Künstler bei ähnlichen Aufgaben unentbehrlich zeigt.
An einzelnen Belegen für diese Behauptung wird es in den
späteren Erörterungen nicht fehlen.
Nach dieser längeren Abschweifung, welche jedoch zum
vollen Verständniss nicht nur der bisher behandelten, sondern
auch der folgenden Periode nothwendig war, kehren wir wieder
zu unserer Aufgabe zurück, die im Einzelnen gewonnenen
Resultate zu einem historischen Ueberblicke zu vereinigen.
Blicken wir auf die ältere Geschichte der Plastik zurück, so
begegnen wir dort der wichtigen Erscheinung, dass sich von
Anfang der eigentlich historischen Zeit an Gruppen und
Schulen sondern, die sich unter einander durch bestimmte
charakteristische Kennzeichen unterscheiden. In der Ge-
schichte der ältesten Maler sind wir etwas ähnliches nach-
zuweisen nicht im Stande. Die Maler, an deren Namen sich
die Sagen von der Erfindung der Malerei knüpfen, sind an
verschiedenen Orten Griechenlands zerstreut, und stehen auch
1) Plin. 35, 58.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/76>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.